Kinder in Camp in Herat/Afghanistan, Foto: junge Welt |
Erste Sammelabschiebung nach Afghanistan.
Regierung verharmlost Gefährdungslage, Taliban als Kronzeugen inhumaner
Flüchtlingspolitik
Kurz
bevor der Bundestag am heutigen Donnerstag der Verlängerung des
Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr zustimmen wird, startete am Mittwochabend
der erste Sammelabschiebeflug an den Hindukusch – ausgerechnet aus dem von CDU
und Grünen regierten Bundesland Hessen. Verantwortlich dafür sind die ebenfalls
»schwarz-grüne« Landesregierung Baden-Württembergs, Hamburgs Regierung aus SPD
und Grünen sowie der Freistaat Bayern.
Mit dem
Flug, nach Angaben des Berliner Flüchtlingsrates mit Hilfe der EU-Grenzagentur
Frontex koordiniert, sollten 50 Flüchtlinge abgeschoben werden – einige von
ihnen gegen ihren Willen, andere »freiwillig«. Wurden bislang ausschließlich
verurteilte Straftäter nach Afghanistan transportiert, gibt es solche
Einschränkungen künftig nicht mehr. Unter den Passagieren des Abschiebefliegers
war nach Angaben des Flüchtlingsrats Bayern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch
der schwerkranke Mohammed Z., der aus einer psychiatrischen Klinik geholt
wurde, in die er wegen eines Suizidversuchs eingewiesen worden war.
Die
Linksfraktion sprach von einem menschenrechtlichen Skandal. Die flüchtlingspolitische
Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Luise Amtsberg, bezeichnete die
Abschiebeaktion als »verantwortungslos«, weil sie das Leben und die
Unversehrtheit der Betroffenen gefährde. Der Bundestag wird am Freitag über
einen Antrag der Linksfraktion auf einen sofortigen Abschiebestopp nach
Afghanistan abstimmen. Gegenwärtig leben in Deutschland rund 12.500 afghanische
Staatsbürger, die als ausreisepflichtig gelten. Weit über 100.000 warten
derzeit noch auf die Entscheidung über ihre Asylanträge. Für sie, wie auch
potentiell weitere Flüchtlinge in Afghanistan, soll dies als
Abschreckungsszenario gelten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat
seine Entscheidungspraxis bereits an die politischen Vorgaben angepasst: Trotz
der sich permanent verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan sank die
Schutzquote von 77,6 Prozent im Jahr 2015 auf 52,1 Prozent im dritten Quartal
2016.
Die 50
Abgeschobenen von Mittwoch zählen jetzt zu den 1,2 Millionen
Binnenflüchtlingen, die sich an den Rändern der afghanischen Städte in Slums
oder in Flüchtlingslagern durchschlagen. Die Strukturen der Flüchtlingshilfe
dort sind völlig überlastet. Die magere Hilfe für Rückkehrer – auch das steht
im Geheimbericht des Außenministeriums – kommt häufig nicht dort an, wo sich
diese aufhalten.
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