Donnerstag, 29. Juni 2023

 

Erklärung der DKP Lübeck                                                     27.6.2023

Warum wir den Aufruf zur Kundgebung am 29. Juni 2023 « Wir können sie stoppen! Aufstehen gegen Rechts! » nicht unterschreiben

Die DKP Lübeck hat diesen Aufruf nicht unterschrieben, denn er blendet die zentrale politische Frage der Gegenwart aus.

Da wir den Initiatorinnen und Initiatoren keine Böswilligkeit unterstellen wollen, halten wir dies zumindest für ein Zeichen politischer Naivität.

Wir unterstützten das Anliegen, gegen die AfD vorzugehen, deren Politik im Aufruf, unserer Meinung nach, richtig charakterisiert wird. Dieses Vorhaben entwertet sich jedoch sogleich, weil zur aktuellen Frage von Krieg und Frieden, der deutschen Beteiligung am NATO Krieg gegen Russland in der Ukraine, kein Wort verloren wird. Und damit auch kein Wort zur Unterstützung der dortigen Regierung, die auch von Faschisten gehalten wird. Doch woher kommt diese selbstgewählte politische Reduzierung?

Es drängt sich der Gedanke auf: Hier fordert man nicht nur zu Recht Distanzierung von der AfD. Hier wird auch gehandelt nach dem Motto: „Haltet den Dieb!“ Um davon abzulenken, dass die hier vereinten politischen Kräfte „vergessen“ haben, das sofortige Ende des Blutvergießens in der Ukraine zu fordern, „vergessen“ haben, ein Ende aller Waffenlieferungen und Friedensverhandlungen anzusprechen. Doch es geht um noch mehr, als selbst sauber dastehen zu können, es geht um noch mehr, als Kriegsbereitschaft als Vorbedingung für Frieden gesellschaftlich konsensfähig zu machen.

Denn das Weglassen dieser Forderungen, das Ausblenden der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Krieges für unsere Bevölkerung, ermöglicht es ja erst der AfD, sich als soziale Kraft darstellen zu können. Als Kraft, die den Frieden will, weil sie Verständigung will mit Russland.

Sie stößt in dieses politische Vakuum und so belegt der Aufruf, dass zahlreiche politische Kräfte aus den neuesten Entwicklungen in Sonneberg, der Wahl eines AfD-Landrates dort, nichts gelernt haben. Dies zeigen auch die neueste Einigung der EU zur Asylpolitik und die Verständigung innerhalb der Bundesregierung zur Asylfrage. Mit dem kleinen Unterschied: Statt wie die AfD Stimmung zu machen: Ausländer raus!, signalisiert die Bundesregierung, bloß keine Asylbewerber mehr rein!

Diejenigen jedoch, die bewusst die Frage von Krieg und Frieden im Aufruf nicht berücksichtigten, seien auf Lukas 11:39 in der Bibel verwiesen: „Ihr Pharisäer haltet die Becher und Schüsseln aus- wendig reinlich; aber euer Inwendiges ist voll Raubes und Bosheit.“

Dieser Aufruf zeigt auch, wie sehr die Initiatorinnen und Initiatoren aktuellen politischen Entwicklungen hinterher hinken. Die Ukraine und der kollektive Westen müssen mittlerweile eingestehen, dass sie diesen Krieg nicht militärisch gewinnen können. Dies beweisen die Geheimverhandlungen, die am vergangenen Samstag in Kopenhagen stattfanden. Anwesend waren die BRICS-Staaten Brasilien, Indien und Südafrika, sowie die Türkei, die das Getreideabkommen vermittelt hat und Saudi Arabien. Auf der anderen Seite die G7 Staaten und die Ukraine.

Deren Versuch, eine Kapitulation Russlands zur Vorbedingung von Friedensverhandlungen zu machen, wurde von den Ländern des globalen Südens abgelehnt. Brasilien stellte fest, es sei wenig sinnvoll, in Zukunft ohne China und v.a. Russland zu verhandeln. Deutsche Teilnehmer ließen verlautbaren, es sei bereits über Sicherheitsgarantieen, nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Russland gesprochen worden.

 

Wilfried Link

Vorsitzender der DKP Lübeck