Samstag, 3. Dezember 2016

Das Urteil der Geschichte

Foto: junge Welt
Fidel hat gezeigt, dass das scheinbar Unmögliche realistisch ist

Am 26. Juli 1953 versuchten 135 schlecht bewaffnete Männer und Frauen, die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen. Der Feind war zu gut ausgerüstet, der Angriff zu schlecht vorbereitet, die Batista-Diktatur noch zu stark. Der Kopf des Angriffes, der sechsundzwanzigjährige Anwalt Fidel Castro, beendete seine Verteidigungsrede im folgenden Prozess mit dem Satz: „Verurteilt mich, es hat keine Bedeutung. Die Geschichte wird mich freisprechen.“ Das Gericht hat ihn verurteilt. Es hatte keine Bedeutung. Welches Urteil hat die Geschichte über ihn gefällt?

Es sind die Menschen, die die Geschichte machen. Die Geschichte sind die 81 Revolutionäre, die Fidel auf die „Granma“ folgten. Sie wussten, dass die Überfahrt ihr Leben kosten und zum Sturz des Diktators führen konnte. Die Geschichte ist der Oberst Batista, dessen Terror nicht ausreichte, um Kuba als Bordell und Casino der USA zu verteidigen. Nur im faschistischen Portugal konnte er sich vor dem Volk in Sicherheit bringen, das er regiert hatte.

Die Geschichte sind die erfolglosen Attentäter der CIA, die Fidel nicht töten, und die US-Präsidenten, deren Blockade die Revolution nicht ersticken konnte. Denn die Geschichte Kubas, das sind vor allem: Die Bauern, die die Guerilla vor den Soldaten warnten, weil die Guerilla die Großgrundbesitzer vertrieb. Die Arbeiter und Studenten, die in den Städten den Widerstand gegen Batista organisierten und den Einmarsch der „Bärtigen“ vorbereiteten.

Das Volk, das sich unter der Führung Fidels ein neues Leben aufbaute, das imperialistische Invasoren zurückschlug und Ärzte in die Welt schickt, das nicht nur das Lesen lernte und das Produzieren neuer Impfstoffe, sondern lernte, die Wirtschaft und die Macht in die eigenen Hände zu nehmen.

Foto: junge Welt
Karl Marx sagt: Die Menschen machen ihre Geschichte selbst, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken. Sie machen sie unter den Umständen, die sie vorfinden.
1958 besaßen US-amerikanische Unternehmen 90 Prozent der kubanischen Bergwerke und 50 Prozent des kubanischen Bodens. 70 Prozent der Bauern mussten auf fremdem Land arbeiten, um zu überleben, während in Havanna 11 500 Prostituierte die Herren aus dem Norden und ihre einheimischen Verbündeten empfingen.

Zu den Umständen gehörte, dass jede Bewegung, die Kuba wirklich unabhängig von den US-amerikanischen Kolonialherren machen wollte, eine Bewegung für die Enteignung der Großgrundbesitzer und der Monopole sein musste, eine Bewegung für den planmäßigen Aufbau der eigenen Wirtschaft – eine Bewegung für den Sozialismus. Zu den Umständen gehörte, dass diese Bewegung ihre stärkste Basis nicht in den Machtzentren des Regimes, sondern nur im bewaffneten Kampf in den Bergen aufbauen konnte. Zu den Umständen gehörte, dass die kubanische Revolution natürliche Partner in den sozialistischen Ländern fand. Die gesellschaftlichen Widersprüche drängten zum Sozialismus.

Der kommunistische Philosoph Hans Heinz Holz schrieb: „Die kubanische Revolution hat ein Stück Geschichte verändert. Und diese kollektive Leistung der Menschen konzentriert sich im Charisma des Comandante en Jefe, der sie inspiriert und gestärkt, geleitet und angetrieben hat. Er ist Weltgeschichte.“ Fidel konnte Weltgeschichte werden, weil er das Programm der Revolution nicht aus schönen Wünschen, sondern aus den wirklichen Verhältnissen entwickelte. Er hat bewiesen, dass das scheinbar Unmögliche realistisch ist.


Nun feiern Reaktionäre in Miami und der künftige US-Präsident den Tod des Comandante. Der alte US-Präsident, der der antikubanischen Politik die Filzlatschen überstreifte, gibt nichtssagende Höflichkeiten von sich. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch würdigen Fidel – weisen aber darauf hin, um sich nicht der Kritik der Ausbeuter und ihrer Medien auszusetzen, dass ihr Gedenken „nicht unkritisch“ sei.

Foto: UZ
Das kubanische Volk trauert, weil es weiß, dass seine Würde und sein Lebensstandard von der Revolution abhängen. In der ganzen Welt trauern Menschen, deren Leben kubanische Ärzte gerettet haben, für deren Freiheit kubanische Freiwillige gestorben sind, für deren Kampf Kuba ein Vorbild ist.

Im Hass der Reaktionäre, in den Phrasen der Opportunisten, in der Trauer des kubanischen Volkes und der fortschrittlichen Kräfte der Welt zeigt sich das Urteil, das die Geschichte über Fidel gesprochen hat. Es heißt: Der alte Mann, der am vergangenen Samstag in Havanna gestorben ist, hat die Zukunft verkörpert – den Sieg der sozialistischen Revolution.

Fidel siegt über Reaktion und Ausbeutung auch nach seinem Tod. Lange Jahre hatte die Reaktion gehofft, dass sein Tod ihre Gelegenheit zur Konterrevolution sein könnte – auch das hat Fidel durchkreuzt.
Fidel? Presente!

Aus„UZ – unsere zeit“, vom 2. Dezember 2016



»Yo soy Fidel!« (Ich bin Fidel!)


Abschied von einem Befreier, der schon vor seinem Tod zur Legende wurde

Hunderttausende Menschen haben am Dienstagabend, dem 29. November 2016, auf der Plaza de la Revolución in Havanna mit einer Großkundgebung Abschied von ihrem am Freitag verstorbenen Comandante en Jefe Fidel Castro genommen.

Auf der Tribüne unter dem Denkmal des Nationalhelden José Martí saßen zahlreiche Staats- und Regierungschefs, ranghohe Politiker sowie Vertreter von Weltreligionen und sozialen Bewegungen.

Nachdem 17 Staatschefs und Regierungsvertreter aus aller Welt das Wirken Fidel Castros im Namen ihrer Länder gewürdigt hatten, beendete dessen jüngerer Bruder, der kubanische Präsident Raúl Castro, die Kundgebung nach fast vier Stunden mit dem Versprechen, dass Kuba den Weg zum Sozialismus konsequent weiterverfolgen werde.

»Lieber Fidel«, schloss Raúl Castro vor den Fassaden mit den erleuchteten Porträts der Guerillaführer Ernesto Che Guevara und Camilo Cienfuegos, »genau hier, wo wir unserer Siege gedenken, sagen wir dir gemeinsam mit unserem selbstlosen, kämpferischen und heldenhaften Volk: ¡Hasta la victoria siempre!«

Die Menschen auf dem Platz der Revolution hatten dies auf ihre Weise zuvor bereits ähnlich ausgedrückt. Nicaraguas Präsident Daniel Ortega trat an das Mikrofon, blickte suchend in die Menschenmenge und fragte mit leiser Stimme: »Wo ist Fidel?« Tausendfach schallte es zurück: »Hier!« Jedesmal, wenn Ortega seine Frage wiederholte, riefen mehr Menschen »Hier!«, bis schließlich Zehntausende auf dem Revolutionsplatz skandierten: »Yo soy Fidel!« (Ich bin Fidel!)

Auch die kämpferische Rede des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro, der an den von den Comandantes Fidel Castro und Hugo Chávez gemeinsam eingeleiteten Prozess zur Integration und Einheit der lateinamerikanischen Staaten erinnerte, wurde später immer wieder von diesem Zwischenruf begleitet. Die Präsidenten Jacob Zuma aus Südafrika und Hage Geingob aus Namibia betonten, dass Fidel nicht nur die Geschichte Lateinamerikas, sondern auch die ihres Kontinents verändert habe. Während die westlichen Nationen in Afrika als Kolonialisten, Imperialisten und Räuber aufgetreten seien, habe Kuba die afrikanischen Völker im Kampf für ihre Unabhängigkeit unterstützt.

Evo Morales, Präsident Boliviens:
„Fidel Castro hat uns ein Erbe des Kampfes für die Vereinigung der Völker hinterlassen (…) Dass Comandante Fidel Castro uns verlassen tut wirklich weh.“

Nicolás Maduro, Präsident der Bolivarischen Republik Venezuela:
„Nun ist es an uns und vor allem an der Jugend, das Beispiel Fidels zu entdecken und wiederzuentdecken; das Beispiel eines ewig jungen, ewig träumenden, ewigen Rebellen, der sich keine Minute Ruhe gönnte, der, wie es der bolivarische Schwur sagt, in den 90 Jahren seines Lebens seiner Seele keine Ruhe und seinem Arm keine Sekunde Pause gönnte. (…) Ich sage unserem Volk, unserem kubanischen Brudervolk und den Völkern der Welt: Hier ist das Werk, das wir bewältigen müssen, und dies tun wir mit Prinzipien, mit Beharrlichkeit, voller Liebe.“

Rafael Correa, Präsident Ecuadors:
„Ein Großer ist von uns gegangen. Fidel ist gestorben. Es lebe Kuba. Es lebe Lateinamerika.“

Wladimir Putin, Präsident der Russischen Föderation:
„Ich drücke Ihnen und dem Volk von Kuba mein tiefstes Beileid zum Tod des Revolutionsführers und Ihres Bruders Fidel Castro aus. Der Name dieses hervorragenden Politikers gilt zu Recht als Symbol einer Epoche in der jüngsten Zeitgeschichte. Das von ihm und seinen Mitstreitern aufgebaute freie und unabhängige Kuba ist zu einem einflussreichen Mitglied der internationalen Gesellschaft geworden, das viele Länder und Völker begeistert.“

Manuel Vicente, Vize-Präsident Angolas:
„Fidel ist ein Freund, ein Genosse. Er ist für uns eine unvergessliche Persönlichkeit. Sein Andenken wird in Angola für immer gewahrt werden.“

George Mavrikos, Generalsekretär des Weltgewerkschaftsbundes:
„Im Namen von 92 Millionen Mitglieder des Weltgewerkschaftsbundes möchte ich dem kubanischen Volk, der CTC (kubanischer Gewerkschaftsbund), dem Staat und der Partei, der Führung des sozialistischen Kuba, von ganzem Herzen unser tiefstes Beileid zum Tod des Comandante Fidel aussprechen. Er war eine Führungspersönlichkeit, die zusammen mit Che und zusammen mit all seinen Genossen die Imperialisten und ihre Instrumente bekämpft und besiegt hat.“

Blade Nzimande, Generalsekretär der Südafrikanischen Kommunistischen Partei:
„Fidel Castro gehörte zu der seltenen Art der bedeutendsten Revolutionäre, die einen unschätzbaren Beitrag im Kampf für die Emanzipation der Menschheit geleistet haben.

Die Geschichte der Menschheit wäre unvollständig ohne den gewaltigen Beitrag des Genossen Fidel Castro im Kampf um die Freiheit, für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung durch eine Person, eine Gruppe oder ein Land durch eine andere. Die SACP ist zutiefst betroffen von dem Verlust.

In unserem Kampf gegen koloniale Unterdrückung, Apartheid, Ausbeutung und für die Unabhängigkeit des afrikanischen Kontinents haben uns das Volk und die Regierung Kubas unter Fidel Castros Führung herausragende Solidarität erwiesen. Die Niederlage der Kräfte der Apartheid Südafrika in Angola, die 1994 den Weg in die Trennung des Apartheid-Regimes in Südafrika ebnete, wäre nicht ohne die außergewöhnliche Führung der Kubaner und Genossen Fidel Castro geschehen.

Kubas Beitrag im Kampf für die Freiheit der Völker unseres Landes, des Südens Afrikas und des ganzen Kontinents und anderswo wurde ohne Hintergedanken gewährt. Diese revolutionäre Kultur währt bis zum heutigen Tag, das jüngste Beispiel ist die ausgezeichnete Arbeit kubanischer Ärzte im Kampf gegen das tödliche Ebola-Virus auf unserem Kontinent. In Südafrika arbeiten kubanische Ärzte auf dem Lande, wo es nur wenige einheimische Ärzte gibt, die sich um die Gesundheit der Menschen kümmern. Etwa 3000 Medizinstudenten aus Südafrika erhalten derzeit eine Ausbildung in Kuba.

Wir senken unsere roten Banner im Gedenken an Genossen Fidel.“ 

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