Fragen und Antworten zur DKP


Über die Deutsche Kommunistische Partei wird viel Unsinn erzählt. Manche halten uns für eine kleine Sekte politischer Spinner, manche sehen in uns die größte Gefahr für den Untergang des christlichen Abendlandes. Nichts davon stimmt. 

Für alle, die uns besser kennenlernen wollen, beantworten wir hier einige Fragen. Noch mehr Fragen beantwortet gerne jede Kommunistin, jeder Kommunist. 

Man findet uns bei vielen Aktionen der Gewerkschaften und der außerparlamentarischen Bewegungen - oder über unser Kontaktformular.







Worin besteht das Ziel der DKP?

Sehr kurz zusammengefasst können wir das so formulieren: Wir wollen wir den Kapitalismus abschaffen und den Kommunismus errichten. Der Kommunismus ist eine Gesellschaft, in der auf der Grundlage des gemeinsamen Eigentums an Produktionsmittel gemeinschaftlich geplant und produziert wird.

Als Zwischenschritt sehen wir dabei den Sozialismus an. Durch die Errichtung der politischen Macht der Lohnarbeiter und Lohnarbeiterinnen und die Enteignung der Kapitalisten wird eine Gesellschaft aufgebaut, in der auf der Grundlage des persönlichen, genossenschaftlichen und staatlichen Eigentums an Produktionsmitteln nach einem gemeinschaftlichen Plan produziert wird. Mit dem Sozialismus werden die Voraussetzungen für den Kommunismus geschaffen.


http://www.dkp-online.de/programm/DKP-Programm.pdf







Wer darf Mitglied werden?

Mitglied darf jeder Mensch werden, der das Programm und Statut der DKP anerkennt und mindestens 16 Jahre alt ist. Die Nationalität und Staatsangehörigkeit spielen dabei keine Rolle.

Der Mindestbeitrag in der DKP beträgt 2 Euro. Danach erhöht sich der Beitrag entsprechend dem Einkommen. Er beträgt ungefähr 1 Prozent vom Einkommen, ganz ähnlich wie in der Gewerkschaft. Bei 800 Euro wären das dann 8 Euro usw.






Wo kann ich mich organisieren?

Unsere Mitglieder organisieren sich in Parteigruppen. Ab drei Genossinnen und Genossen kann eine Parteigruppe gebildet werden. Dabei streben wir an, dass sowohl in den Unternehmen Betriebsgruppen als auch in den Städten und Regionen Parteigruppen gebildet werden.

Hier vor Ort aktiv ist die DKP Lübeck / Ostholstein.
Wenn Du Dich für die Mitarbeit interessierst, oder einfach weitere Fragen hast, dann kannst Du uns hier kontaktieren.






Die DKP ist doch aber viel zu klein, kann die überhaupt etwas bewirken?

Bundesweit hat die DKP etwa 4.500 Mitglieder. Wir finden: Das ist noch zu wenig. Aber die DKP ist Teil einer weltweiten kommunistischen Bewegung. Da sieht die Situation schon anders aus.

Millionen von Menschen organisieren sich für die Abschaffung des Kapitalismus und für den Kommunismus. Sehr aktuell können wir gerade an der Schließung von Nokia sehen, dass Lösungen im Nationalstaat nicht mehr möglich sind. Das Kapital ist längst global, wir als Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter müssen dies ebenso werden.






Aber die LINKE kann doch wesentlich mehr erreichen als ihr!

Richtig ist, dass die Partei "Die LINKE" die zahlenmäßig stärkste Kraft innerhalb der Linken ist. Aber sie ist eben keine kommunistische Partei. In der LINKEN gibt es Kräfte, die den Kommunismus anstreben. Es gibt Kräfte, die den Kapitalismus abschaffen wollen, ohne genau zu wissen, was danach kommt. Und es gibt Kräfte, die den Kapitalismus nur ein wenig "sozialer" machen wollen. Insgesamt ist die LINKE ein Sammelbecken ganz unterschiedlicher Gruppierungen. Die DKP hat dagegen ein klares Profil und ein klares Ziel.

Sie ist keine "Partei der Beliebigkeiten". Wir sagen klar, dass der Kapitalismus und der Sozialismus nicht vereinbar sind. Wir sagen eindeutig, nur durch die Überwindung des Privateigentums an Produktionsmitteln und die Errichtung der politischen Macht der Lohnarbeiterinnen –und Arbeiter kann eine neue Gesellschaft geschaffen werden. Wir sind als Kommunistinnen und Kommunisten deshalb einseitig parteilich, d.h. wir nehmen ausschließlich die Interessen der Lohnarbeiter und Lohnarbeiterinnen sowie aller anderen von den Kapitalisten/Unternehmern unterdrückter Menschen wahr.






Die DKP ist aber eine zentralistische und keine basisdemokratische und hierarchiefreie Vereinigung.

Richtig ist, dass wir uns nach den Prinzipien des demokratischen Zentralismus organisieren. Gerade in den Kreisen der undogmatischen Linken fragt Mann und Frau sich oft, wie Entscheidungen getroffen werden. Wer am lautesten brüllt, das meiste Sitzfleisch in den zahlreichen Versammlungen und Plenas hat, wer am coolsten rüberkommt und gescheit reden kann, setzt sich in der Regel durch.

In der DKP gibt es klare Regeln über die Art und Weise, wie Entscheidungen zustande kommen. Insbesondere sind diese auch für alle nachvollziehbar und im Statut unserer Partei nachzulesen. Vorraussetzung für jede Entscheidung innerhalb der DKP ist, dass eine ausreichende Diskussion stattgefunden hat. Es ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht jedes einzelnen Mitgliedes, sich zu dem Problem zu äußern und eine eigene Meinung zu haben. Erst wenn alle von der Entscheidung Betroffenen sich geäußert haben, wird abgestimmt. Entscheidungen werden in der Regel mit einfacher Mehrheit entschieden. Diese Entscheidungen sind dann aber auch verbindlich. Zusätzlich werden alle Beschlüsse von unten nach oben gefasst.






Ich bin aber schon in einer Bürgerinitiative/ eine Antifagruppe oder Umweltgruppe aktiv, was soll ich da noch in der DKP?

Wir sehen die vielfältigsten Initiativen innerhalb der Linken nicht als Konkurrenz für uns. Im Gegenteil. Je vielfältiger und bunter der Widerstand ist, desto besser. Gerade für junge Menschen ist es wichtig,sich ohne Bevormundung Älterer organisieren und eigene Erfahrungen machen zu können. Wir sagen aber auch, dass viele Einzelinitiativen wirkungslos bleiben, wenn das eigene Handeln nicht in den gesellschaftlichen Gesamtzustand gestellt wird. Punktuell sind Verbesserungen im Gesamtsystem durchaus möglich, bleiben aber in der Regel die Ausnahme.

Ja, oftmals erreichen solche Bewegungen trotz aufrichtigen Engagements das Gegenteil. Inzwischen haben wir eine farbige Außenministerin in den USA oder einen schwulen OB in Berlin. Der ersten Angriffskrieg der BRD wurde durch ehemalige Mitglieder der Friedensbewegung wesentlich mit begonnen. So vielfältig die Unterdrückungsformen im Kapitalismus auch sind, kommt es immer wieder darauf an, sie in den Gesamtzusammenhang von Kapital und Arbeit zu stellen. Ansonsten besteht immer die Gefahr, zu reaktionären Erneuerern des Gegenwärtigen zu werden.






Was habt ihr sonst noch für Argumente?

Neben den bereits aufgezählten wären für eine Mitgliedschaft noch zwei Punkte wichtig. In der DKP wird das Wissen einer über 200jährigen Geschichte der Arbeiterbewegung bewahrt und weitergegeben. Sowohl die Wissensbewahrung, die Aneignung und Weiterentwicklung ist ein wichtiger Bestandteil unserer Parteiarbeit.

Der andere Punkt ist die Kontinuität von Menschen und Generationen. Auch das kennt Mann und Frau. Spätestens mit 25 Jahren gehört er oder sie bereits zum alten Eisen innerhalb eines bestimmten Teils der Linken. Auch alle anderen Mitglieder der Gruppe wechseln ständig, es gibt eine hohe Fluktuation.

In der DKP hat jeder Mensch, der es möchte, die Möglichkeit sich eine langfristige politische Perspektive aufzubauen. Das Fundament dazu sind das vorhanden Wissen, die Kontinuität der Menschen und die Verbindlichkeit der politischen Tätigkeit innerhalb der DKP generell.






Wofür steht die DKP Lübeck / Ostholstein?

„Es ist Zeit für etwas Neues!“ Für eine Neubetrachtung der einzigen menschlichen Alternative zum real-existierenden Kapitalismus: Für den Sozialismus.

Wir setzen uns dafür ein, dass der Mensch wieder vor dem Profit steht!

Dies beinhaltet für die DKP Lübeck / Ostholstein vor Ort unter anderem:

- Bildung ist keine Wahre! Wir kämpfen für kostenfreien Bildungszugang und maximale Förderung unabhängig vom Geldbeutel der Eltern und dies bereits ab dem ersten Lebensjahr.  Private Luxuskindergärten, Elitzeschulen und -Internate, Privatunis und selbsternannte Eliten, die sich nur aus sich selber rekrutieren, sind der Beleg für die Klassengesellschaft und gehören abgeschaft.  Das sogn. "Turbo-Abi G-8" und die verschulten Studiengänge an den Universitäten dienen nicht der Volksbildung sondern nur den "menschlichen Ressourcen" (Human Ressources") des Kapitals. Wir lehnen dies ab. Nur wer sich ungehindert und frei von wirtschaftlichen Bevormundungen ein Leben lang weiter und fortbilden kann, der kann sich als Mensch voll entwickeln. Nur so entwickeln sich Dichter und Denker!

  • Wir kämpfen gegen einen auswuchernden Billiglohn-Sektor (u. a. in der hiesigen Tourismus-Wirtschaft) und für einen lebenswerten Mindestlohn

  • Gegen eine weitere Privatisierung der Gesundheitsfürsorge (z. B. UKSH) und für eine Rückführung bereits privatisierter Bereiche des Gesundheitswesens (z. B. Sana-Kliniken in OH) in gesellschaftliche Verantwortung. Schluss mit der 2-Klassen-Medizin!

  • Gegen einen weiteren Abbau öffentlicher Leistungen (z. B. KiTa-Gebühren, kostenpflichtige Schulbeförderung,  Schließung von Kindergärten, Schulen, Schwimmbädern, Bibliotheken, Theater, Museen, etc.) und für eine Stärkung der öffentliche Finanzen. Bildung muss kostenfrei und Kultur erschwinglich sein.

  • Für einen kostenfreien Nahverkehr (ÖPNV) für Alle und eine Verkehrsplanung, welche an den Menschen und ihren Bedürfnissen ausgerichtet ist.

  • Woran wir kranken ist die Macht von Konzernen und Banken: Die maritime Wirtschaft boomt. Viele andere Wirtschaftsbereiche auch. Warum profitieren immer weniger Menschen davon?  Bewusstsein wächst vor Ort – bei jedem Einzelnen. Die DKP thematisiert, warum wenige Reiche immer reicher werden aber gleichzeitig Viele immer ärmer.

  • Wir sind gegen private und für öffentliche Energieversorgung  (ohne AKWs in Krümmel, Brunsbüttel oder anderswo; ohne einen Ausbau der Kohlekraftwerke und der Speicherung von CO2 – aber mit einem massiven Ausbau von Wasser- und Windenergie)

  • Gegen eine weitere Zerstörung der heimischen Natur (z. B. durch eine „Feste-Fehmarn-Belt-Querung) und für einen wirklichen Schutz zugunsten aller Menschen

  • Gegen Preisdumping bei landwirtschaftliche Erzeugnissen (z. B. Milchpreis-Dumping) und für eine ökologisch sinnvolle und wirtschaftlich ertragreiche Landwirtschaft

  • Gegen Faschisten, wo immer sie auftreten (z. B. beim alljährlichen Aufmarsch in Lübeck) und für eine tolerante Gesellschaft

  • Gegen karriere-gesteuerte Macht-Politiker und für direkte Demokratie und „gläserne“ Parlamente. Alle Macht den Räten!

  • Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich

  • Gegen Profitmaximierung und für wirkliche ArbeitnehmerInnen-Rechte.

Zugegeben, dies sind nur einige Aspekte unserer Arbeit vor Ort – aber es ist ein guter Anfang, oder?

Doch wir geben uns keinen Illusionen hin: Diese Forderungen für eine Verbesserung unserer aktuellen Lebensumstände sind in dieser Wirtschaftsordnung nur bedingt umsetzbar.

Hier, wo das Kapital herrscht, wo der Profitstreben die einzig wirkliche Konstante des Alltags ist, werden sich wirkliche Veränderungen hin zu einem Leben in dem der der Mensch im Mittelpunkt steht nicht umsetzen lassen. Dies bedarf eines Bruches mit der herrschenden Profitlogik und der Schafung eines neuen, sozialen Gesellschaftssystems: Dem Sozialismus!

Doch um diesen Bruch zu erkämpfen braucht es viele Menschen - Menschen die hinter die Kulissen der Profitlogik schauen und Zusammenhänge verstehen.

Fassen auch Sie sich ein Herz: Schimpfen alleine verändert nichts – aber gemeinsam können wir etwas ändern: Fünf Finger kann man brechen - eine Faust nicht!






Und wie werde ich Mitglied?

Das geht ganz einfach - aber nicht ganz schnell: Zunächst beantragt man die Mitgliedschaft, das geht zum Beispiel über unser Kontaktformular.

Dann wird man zu einem Gruppenabend "seiner" Parteigruppe (in unserem Fall also Lübeck / Ostholstein) eingeladen, dort wird in Ruhe über die Mitgliedschaft gesprochen und schließlich von den Gruppenmitglieder die Aufnahme beschlossen - die DKP ist eben eine urdemokratische Partei.






2008: 40 Jahre DKP
Das Jahr 1968 und die KPD/DKP
Der Wahrheit kann man nicht entgehen

Von Robert Steigerwald

Man kann die Ereignisse des Jahres 1968 nicht begreifen, wenn nicht beachtet wird, dass sich wichtige internationale Prozesse "kreuzten". Stichworte sind: USA-Aggression gegen Vietnam, in den USA starke Bürgerrechtsbewegung, auch aus Solidarität mit den Kämpfen in der Dritten Welt, US-Bedrohung Kubas, starke antikoloniale Befreiungskämpfe in Afrika, umfangreiche sowjetische Hilfe für diese Kämpfe, zugleich große sowjetische politische und Waffenhilfe für die vietnamesischen Kämpfer, von China auf jede mögliche Weise behindert, zugleich sowjetisch-chinesische militärische Konfrontation am Ussuri mit der Gefahr der Ausweitung zu einem Krieg. Angesichts der politischen und militärischen Stärke der Sowjetunion und ihrer Verbündeten politische Wende Bonns, um die DDR durch eine so genannte Neue Ostpolitik in der "Umarmung zu erdrücken". In der Bundesrepublik selbst gab es eine wachsende Bereitschaft im Kern der Arbeiterklasse zum Kampf, mündend in die Septemberstreiks des folgenden Jahres, Bemühungen von CDU, FDP und SPD um die Schwächung dieser Kampfbereitschaft durch eine "konzertierte Aktion". Zunehmende Anteilnahme, vor allem in Teilen der jungen Generation, für die verschiedenen Emanzipationsbewegungen von den USA bis hin nach Vietnam.

Den heute Lebenden ist dank der Informationspolitik von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und unabhängiger Presse Wesentliches nicht bekannt. Alfred Kurellas Buch "Ost und/oder West", um 1948 erschienen, begann mit einer kleinen Geschichte: Er sitze am Fuße des Kaukasus und schreibe an eben diesem Buch, da komme sein kleiner elfjähriger Sohn angerannt mit einer toten Schlange in der Hand. Kurella: "Aber hast du vor der nicht Angst gehabt?" Der Sohn: "Doch, darum habe ich sie ja totgeschlagen." Damals machte man uns vor der Sowjetunion Angst: Die will uns angreifen und uns ihr höllisches System überstülpen, und viele Deutsche glaubten das, waren schon wieder bereit, "die Schlange totzuschlagen". Sie bedachten nicht, dass die Sowjetunion gerade erst siebenundzwanzig Millionen Menschen verloren hatte. Das Land war von Moskau bis zur Westgrenze zerstört. Sie fragten sich nicht, warum dieses Land bereit sein sollte, Angriffsabsichten gegen den Westen zu hegen. Gab es denn nicht den Überfall auf Südkorea? Nun, inzwischen ist der Briefwechsel zwischen Stalin und Kim Ir Sen, wenn auch erst in Russisch, erschienen. Man wird es im Westen aus begreiflichen Gründen mit der Übersetzung nicht so eilig haben, denn der belegt eindeutig, dass Stalin Kim Ir Sen ausdrücklich von einer militärischen Herstellung der Einheit Koreas abgeraten hat.

Es gab in Wahrheit keine Ost-Drohung gegen den Westen, sondern es war umgekehrt: "Was östlich von Elbe und Werra liegt, sind deutsche unerlöste Provinzen ... Daher heißt die Aufgabe nicht Wiedervereinigung, sondern Befreiung ..." (Adenauer, 20. Juni 1952) Staatssekretär Hallstein fordert am 14. 3. 1952 "das Ende der deutschen Spaltung, den Zusammenschluss des freien westlichen mit dem vom Bolschewismus befreiten östlichen Europa - bis hin zum Ural."

"Ein wahres Europa kann nur gebildet werden, wenn die deutsche Einheit hergestellt wird. Sie umfasst - ich erinnere Sie daran - außer Deutschland auch Österreich, einen Teil der Schweiz, die Saar und Elsass-Lothringen." (Bundesminister Jakob Kaiser am 2. März 1951 in Salzburg) Bundesminister Oberländer: "Wenn Herr Guggenheimer sagte, dass ich mir noch vor kurzem Ostkolonien wünschte, so irrt er sich. Ich wünsche sie auch heute noch, weil ich glaube, dass es Menschen geben muss, die einmal wieder das Abendland ostwärts des Eisernen Vorhangs vertreten!" (November 1952)

Bundesminister Seebohm: "Der deutsche Osten schließt nicht nur die Elbe und Oder ein, sondern auch Böhmen und alle Gebiete, in denen Deutsche einst siedelten" (am 10. August 1953)

Ex-SA-Mann und Bundesinnenminister Schröder: Mitteldeutschland ist uns widerrechtlich vorenthaltenes Gebiet, es einzuordnen wäre keine Aggression, sondern eine "durch das Völkerrecht gebotene Polizeiaktion".

Und Strauß, den man wohl nicht besonders vorstellen muss: "Das Jahr 2000 darf nicht der 83. Jahrestag der Oktoberevolution in der Welt sein."

Sogar der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher meinte, als er zur Frage deutscher Soldaten angesprochen wurde, er sei dagegen, "es sei denn, die erste Schlacht eines künftigen Krieges finde östlich von Weichsel und Njemen statt." (Juni 1950)

Noch eindeutiger ist vielleicht, was der Rechtsvertreter der Bundesrepublik im KPD-Verbotsprozess für Fragen des Völkerrechts, Prof. Dr. Kaufmann, 1956 vor dem Bundesverfassungsgericht namens der Bundesregierung erklärte: Das Potsdamer Abkommen sei eine Sache, zwischen anderen abgemacht, das darum für die Bundesrepublik nicht verbindlich sei. Aber im nächsten Atemzug berief er sich genau auf dieses Abkommen, um die aggressive Politik Bonns zu rechtfertigen: "Ich habe auch nichts finden können" (in diesem Abkommen) "von dem Prinzip des Aggressions- und Interventionsverbotes, nichts finden können über Kriegsächtung... " (so am siebten Verhandlungstag des Prozesses).

Prag oder das Problem des "Sozialismus mit menschlichem Antlitz"

Am deutlichsten erkennbar ist dieses "Antlitz", wenn man die ökonomischen Auffassungen Ota Siks heranzieht, des damaligen "Chefarchitekten" der Wirtschaftspolitik der Prager Reformer. Immerhin hatte er am 10. 12. 1968 im Schweizer Fernsehen, in einem Interview mit Axel Straub, gesagt, sein Ziel sei die Umwandlung der Betriebe in kapitalistische gewesen. Das war auch die Bewertung des damaligen Chefs des Bundesverbandes der (deutschen) Arbeitgeberverbände, Otto A. Friedrich: "Sik und tschechoslowakischen Reformer hätten wissen müssen, dass das, was sie wollten, letztlich nur mit der Rückkehr zum Privateigentum zu erreichen war." Oder Professor Wolfram Engels, Mitglied der CDU, in seinem 1977 veröffentlichten Buch "Mehr Markt", das kostenlos den Teilnehmern des CDU-Wirtschaftstags übergeben wurde: "Siks Reformmodell ist die Wiederentdeckung des Kapitalismus." Sik hielt es für nötig, die breiten Massen für das Kapital zu interessieren, anders könne man die Interessen des einzelnen Arbeiters nicht mit jenen des Kapitals verbinden, sie nicht zurücklenken auf gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge. Beteiligung am Kapital, Mitbestimmung und Mitverantwortung der Arbeitnehmer in den Betrieben müssten so gestaltet sein, dass die Betriebsangehörigen nicht nur an den Gewinnen beteiligt werden, sondern auch Verluste mittragen müssen. Dies verbessere die Arbeitsmoral, die nicht zuletzt dadurch beeinträchtigt sei, dass die Arbeiter die Angst vor der Arbeitslosigkeit verloren hätten. Bedauern darüber, dass der Prügel der Arbeitslosigkeit nicht zur Verfügung steht, ist das Sozialismus mit menschlichem Antlitz?

Es gab aber eine längerfristige Vorbereitung auf den "Prager Frühling". Ernst Fischer: "All des war wohl vorbereitet. Die Explosion auf dem Schriftsteller-Kongresses hat eine jahrelange Vorgeschichte ..., sodass alles einen anderen, organisierten, zielbewussteren Gang nimmt als seinerzeit in Ungarn."

Und was diese Explosion angeht, so bewertete der damalige stellvertretende SPD-Vorsitzende Helmut Schmidt sie in einer eigens vom SPD-Parteivorstand herausgegebenen Broschüre "Warum neue Ostpolitik?": Adenauers Konzeption des Zurückrollens des Sozialismus sei, siehe Berlin 1953, Budapest 1956 und Prag 1968 gescheitert. Die SPD-Führung sah in diesen drei Ereignissen keineswegs nur gescheiterte innere Reform-Prozesse des Sozialismus, sondern ebenso das Wirken von Kräften, die den Sozialismus aus Europa zurückrollen wollten.

Fischer bezog sich ausdrücklich auf die Prager Kafka-Konferenz von 1963. Unter der Firmierung einer Tagung zu Franz Kafka wurde dort eine regelrecht Orgie des Existentialismus gefeiert, diese aber als authentischer dialektischer Materialismus ausgegeben.

Vier Wochen nach dem Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in Prag fand im Club Voltaire in Frankfurt a. M. eine Diskussionsveranstaltung zum Thema statt. Das Publikum in diesem Club bestand aus ehemaligem oder noch studentischem Potential, damals aus dem SDS, linksorientiert, durchaus systemkritisch.

Der Tag der Diskussionsveranstaltung war ein Sonntag, an dem Leopold Senghor mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde. Das traf auf wütenden studentischen Protest. Kurzum, die Atmosphäre für die Veranstaltung war nicht nur des Themas wegen aufgeheizt. Die Veranstaltung wurde geleitet von Heiner Halberstadt, dessen Sympathie für die "Prager Reformer" erkennbar war. Meine Kontrahenten waren: Eugen Löbl, vor dem 21. September Präsident der tschechoslowakischen Staatsbank, ein Mitglied des ZK der KPÖ, Grünwald oder so ähnlich, Heinz Brand, also eine respektable Truppe, und ich war mir der Schwierigkeit meiner Position voll bewusst.

Ich nahm mir vor die Teilnehmer durch Informationen zum Nachdenken zu bewegen, die ihnen von den Medien vorenthalten worden waren. Ich habe Löbl auf den Kopf hin zugesagt: "Du hast mit Blessing, dem Bundesbankpräsidenten und letzten Geldgeber des Freundeskreise der Waffen-SS Heinrich Himmler, über den Austritt der CSSR aus dem RGW verhandelt und euer Ex-General Prchlik mit dem Bundeswehrgeneral Grashey über den Austritt der CSSR aus dem Warschauer Pakt." Das bedeutete, dass die NATO durch das Gebiet der CSSR bis an die Grenze der Ukraine vorgedrungen, die Südflanke der SU und die Nordflanke Ungarns mit der NATO konfrontiert gewesen wäre.

Die Enthüllung über die politische Position der "Prager Reformer" wirkte im Saal wie eine Bombe, die Stimmung schlug um, Löbl konnte kein Schlusswort mehr halten und Halberstadt sagte mir: "Das war zwar kein K.O.-Sieg, aber einen Punktsieg hast du geschafft".

Ich denke, dass dies zusammen mit anderem Material die Behauptungen Lüge straft, es sei bei den "Prager Reformen" lediglich um einen besseren Sozialismus gegangen.

Ich bestreite nicht, dass es in der Massenbewegung nicht wenige Menschen gab, die ehrlich für einen besseren Sozialismus wirken wollten. Genauso, wie es bei der Meuterei in Kronstadt nicht nur um Konterrevolution ging ... Nur ist es nicht das Problem, was Leute wollen, sondern welche Kräfteverhältnisse über den Ausgang und Erfolg des Geschehens entscheiden. Und inzwischen haben wir ja erfahren, wohin eine kleinbürgerliche Woge treibt, unabhängig davon, was ehrliche kleinbürgerliche Kräfte, denen es wirklich um eine Erneuerung des Sozialismus geht, erstreben.

Um ein in etwa analoges Beispiel anzuführen: Lenin und Trotzki gingen nach der Niederschlagung der Kronstädter Meuterei daran, durch gründliche Reformen die erkannten Gründe der Meuterei zu beseitigen. Nach Prag unterblieb jedoch gerade dies. Die Gründe für das Aufbegehren der Massen wurden nicht erforscht, es wurde nicht versucht, sie durch Reformen abzustellen. Man wurstelte so weiter wie zuvor, als hätte es die riesige Protestwelle nicht gegeben.

Einzig in der DDR sollte durch Ulbrichts Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung, durch eine neue Verfassung und eine Hochschulreform ein neuer Weg beschritten werden - aber der "Wind vom Osten" war dem nicht günstig.

Paris 1968

In die allseits um sich greifende Erregung griff de Gaulle mit repressiven Maßnahmen gegen die Universitäten und die Studentenschaft ein, was zu einem regelrechten Aufruhr an den französischen Universitäten führte. Wie auch bei uns, so gab es auch in der französischen Arbeiterklasse eine wachsende Bereitschaft, um bessere Bedingungen für den Verkauf ihrer Arbeitskraft zu kämpfen. Beide Prozesse, die Studentenunruhen und die beginnende Streikbewegung der Arbeiter, liefen parallel und erreichten im Mai ihren Höhepunkt. Studentische Führer meinten, die Zeit sei gekommen, die Machtfrage zu stellen, wenn es gelänge, ein Kampfbündnis von Studenten- und Arbeiterbewegung herzustellen. Dies hielten sie für um so eher möglich, weil in Frankreich - im Unterschied zur Bundesrepublik - die Gewerkschaftsbewegung mehrheitlich unter dem Einfluss kommunistischer Führer wirkte. Dass es zu diesem Kampfbündnis nicht kam, wird von Linkskräften damit zu begründen versucht, dass nicht nur die sozialdemokratische, sondern auch die kommunistische Partei- und Gewerkschaftsführung sich so sehr mit dem Kapitalismus ausgesöhnt hatten und befürchteten, im Falle eines umfassenden Kampfes die Kontrolle über die Massen zu verlieren. Was sie nicht bedachten, war:

·         Im NATO-Vertrag ist ein Passus dem Problem der "inneren Aggression" gewidmet, die für den Fall eintrete, dass Kommunisten die Führung im Land übernähmen. Bereits 1948, also noch vor dem NATO-Vertrag, demonstrierten die USA ihre Bereitschaft zur militärischen Intervention, als in Italien eine Wahl stattfand und mit einem Sieg der Kommunisten gerechnet wurde. US-Kriegsschiffe gingen in italienischen Häfen vor Anker und es wurden deutliche Warnungen der USA an die italienische Bevölkerung ausgesprochen. Auch später, zur Zeit der Bundeskanzlerschaft Helmut Schmidts, hat dieser an den NATO-Vertrag erinnert, als es wiederum möglich schien, dass die IKP und ihre Verbündeten bei einer Wahl zur Regierung hätten kommen können.

·         Es wurde nicht beachtet, dass das französische Volk keinesfalls etwa mit Solidarität der deutschen Arbeiterklasse hätte rechnen dürfen, denn diese befand sich unter sozialdemokratischer Führung.

·         Wir waren durch Kontakte, die sich aus der Résistance-Zeit ergaben, durch führende französische Militärs darüber informiert, dass es in den französischen Truppenteilen in Rheinland-Pfalz, an der Saar und in Baden-Württemberg keine Zersetzungserscheinungen gab. Und außerdem standen auf deutschem Boden vierundzwanzig US-Divisionen bereit. Und was im September 1968 in Prag passierte, wäre auch in Paris geschehen, nur hätte es dort wahrscheinlich zu einem Blutbad geführt.

·         Was immer man, und zwar von "außen", über die Ereignisse in Frankreich vermuten mag, welche Fehler auch die Führungen von Parteien und Gewerkschaften gemacht haben mögen, unverantwortlich wäre es gewesen, auf die Forderungen von studentischen Revolutionsromantikern einzugehen.

Die KPD war in dieser Zeit illegal. Wir blickten mit Hoffnung und Sorge auf die Entwicklungen in Paris und Prag, ließen uns aber nicht von unserer Hauptaufgabe abbringen: Die Legalität der Partei zu erkämpfen. Die zunehmende Unwirksamkeit des Verbotes gegenüber den einfallsreichen Aktivitäten der Kommunisten im Land, die eine wachsende Solidarität bis hinein in das bürgerliche Lager erfuhren, und die Tatsache, dass die "Neue Ostpolitik" angesichts des KPD-Verbots auch bei Kräften auf Kritik stieß, die von der Bundesregierung in die "Neue Ostpolitik" einbezogen werden sollten, führte zur Bereitschaft Bonns, einer Neukonstituierung einer kommunistischen Partei zuzustimmen. Dieser Akt führte in einem äußerst raschen Prozess zur Bildung einer nach Tausenden zählenden Partei, in die sich vor allem viele junge, neue Kämpfer einreihten, die durch die Auseinandersetzung mit den nazi-faschistischen Quellen des neuen Staats und der Nazi-Vergangenheit eines Großteils der älteren Generation, aber auch durch die internationalistische Haltung der Sowjetunion - es waren dies die Jahre, da alle namhaften Vorkämpfer des Antikolonialismus in der "dritten Welt" nicht müde wurden, die sowjetische Hilfe zu betonen - zu den Kommunisten hingezogen fühlten.

Das Jahr 1968 vermittelt uns wichtige Lehren

Zunächst lehrt das Jahr offensichtlich, dass ein nationaler, isolierter Ausbruch aus dem kapitalistischen System heute wenig möglich sein dürfte.

Zweitens lehrt es mit seinen anschließenden "Reformen", dass Versuche, den Krisenprozessen durch Eurokommunismus und "westeuropäischen Marxismus" zu entgehen illusionär sind. Dieser Weg führte in die Zerstörung der entsprechenden Parteien. Das kann man gerade an einigen Trauerspielen der Gegenwart ablesen. Aber auch daran, was aus jenen Kräften geworden ist, die sich in das Schlepptau der "Reformen" begeben haben. Wo ist ihr erneuerter Marxismus und Sozialismus nur abgeblieben?

Drittens lehrt er aber auch, dass die Partei und die staatliche Ordnung, wie sie sich in der Stalin-Zeit herausgebildet hatten und prägend auch für die real-sozialistischen Staaten waren, nicht geeignet sind, die Probleme der Errichtung eines modernen sozialistischen Systems zu meistern, sondern zur Entfremdung der Volksmassen von den Marxisten führen. Ohne die Entwicklung einer wirklichen sozialistischen Demokratie, ohne die Nutzung der schöpferischen Kräfte der Massen, ohne deren Einbeziehung in Aufbau, Planung und Leitung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, aber auch in den Aufbau und die Wirkung einer marxistischen Partei sind Sozialismus und eine wirklich sozialistische, kommunistische Partei nicht möglich.



 
Historische Dokumentation:

Frankfurt, den 25. September 1968

Erklärung zur Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei

Die Unterzeichner dieser Erklärung haben in der Bundesrepublik Deutschland eine Kommunistische Partei neu konstituiert.

Sie unternehmen diesen Schritt in der Überzeugung, daß in der jetzigen politischen Situation das Wirken einer Kommunistischen Partei in der Bundesrepublik für die Interessen der Arbeiterklasse und der ganzen arbeitenden Bevölkerung notwendiger denn je ist.

Besorgt verfolgen wir auf allen Gebieten des politischen und gesellschaftlichen Lebens eine bedrohliche Rechtsentwicklung. Das Anwachsen der NPD ist dabei nur ein Ausdruck der allgemeinen reaktionären Entwicklung und der Verschärfung der Klassenauseinandersetzung. Auf wirtschaftlichem Gebiet sind diese Tendenzen charakterisiert durch die fortschreitende Zusammenballung wirtschaftlicher Macht in immer weniger Händen, im politischen Bereich durch die Aushöhlung der demokratischen Grundlagen des Staates durch Notstandsgesetze und andere restaurative Maßnahmen; außenpolitisch durch das Streben nach Beseitigung des territorialen Status quo in Europa; geistig durch die verstärkte Propagierung antikommunistischer, nazistischer und nationalistischer Ideen. Damit befindet sich unser land auf einem gefährlichen Weg, der unser Volk in der Vergangenheit schon zweimal in die Katastrophe geführt hat. In dieser Situation ist eine politische Kraft nötig, die dem arbeitenden Volk offen und ungeschminkt die Wahrheit sagt und ausgehend von den Erkenntnissen des Marxismus für eine demokratische Alternative wirkt.

Wir handeln, weil wir feststellen müssen, dass die Arbeiterklasse in der Bundesrepublik gegenwärtig keine politische Partei findet, die ihre demokratischen Gegenwartsinteressen konsequent vertritt und mit den gesellschaftspolitischen Forderungen für eine sozialistische Zukunft verbindet.

Die von uns neu konstituierte Kommunistische Partei wird eine klare Alternative zur Politik der herrschenden großkapitalistischen Kreise und zu den Parteien, die deren Interessen vertreten, entwickeln. Sie wird sich zum Sprecher und Vorkämpfer der gerechten Forderungen der Gewerkschaften, der Arbeiter, Bauern und anderen abhängigen Schichten der Bevölkerung gegen die Übermacht der Industrie- und Bankherren machen.

Dem Versuch, die Arbeiterschaft geistig und organisatorisch zu entwaffnen und sie in das vom Großkapital beherrschte System einzuordnen, wollen wir eine Partei entgegensetzen, die den Arbeitern das Bewusstsein ihrer Lage und ihrer sozialen und politischen Interessen vermittelt. Nur eine Partei, die die Ideen von Marx, Engels und Lenin zur Grundlage ihres Handeins macht, kann unserem Volke, besonders der arbeitenden und studierenden Jugend einen Weg zur Veränderung der Verhältnisse, zu demokratischem Fortschritt und zum Sozialismus weisen.

Die Kommunistische Partei, die wir neu konstituiert haben, wird die Traditionen der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung, die Traditionen von Marx und Engels, von Bebel, Luxemburg, Liebknecht und Thälmann in sich aufnehmen. Sie wird im Geiste des antifaschistischen Widerstands gegen die Nazidiktatur, in dem die deutschen Kommunisten große Opfer im Kampf für ein neues demokratisches Deutschland brachten, wirken.

Die innere Entwicklung der Bundesrepublik im Sinne einer lebendigen Demokratie kann durch eine legale Kommunistische Partei nur gewinnen. Ihr Eingreifen in die politische und geistige Auseinandersetzung wird den durch die antikommunistischen Tabus eingeschränkten Raum der Diskussionsfreihei1 erweitern, die Schranken der Diffamierung und Bevormundung durchbrechen. Auch dem Ansehen der Bundesrepublik im Ausland, im Westen wie im Osten, wird die Betätigungsfreiheit einer Kommunistischen Partei in diesem Lande förderlich sein. Was in England, Frankreich und selbst in den USA erlaubt ist, darf in der Bundesrepublik nicht länger unter Ausnahmerecht des kalten Krieges stehen.

Die Kommunistische Partei, die wir neu konstituieren, ist eine Partei der Bundesrepublik. Dieses Land ist unsere Heimat, mit ihrer Bevölkerung teilen wir Freuden, Sorgen und Hoffnungen. Wir entwickeln unser Programm, die Formen und Methoden unseres Kampfes selbständig auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus und ausgehend von den ökonomischen und politischen Bedingungen, die in der Bundesrepublik herrschen. Wir achten das Grundgesetz, wir verteidigen die darin verkündeten demokratischen Grundrechte und Grundsätze. Mit der Neukonstituierung nehmen wir die grundgesetzlichen Rechte in Anspruch, die sich aus Artikel 21 GG ergeben, wonach die Bildung politischer Parteien frei ist. Wir fordern, dass die seit 1949 vorgenommenen antidemokratischen Änderungen und Einschränkungen, besonders die Notstandsgesetze, rückgängig gemacht werden. Auf der Basis der im Grundgesetz proklamierten demokratischen Prinzipien ringen wir um die demokratische Erneuerung aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.

Pressekonferenz zur Neugründung
Unser Ziel ist die sozialistische Umgestaltung von Staat und Gesellschaft. Dieses Ziel kann nur verwirklicht werden durch die Arbeiterklasse, durch die große Mehrheit des Volkes, denn der Sozialismus setzt die Eroberung der politischen Macht durch die mit allen anderen arbeitenden Schichten des Volkes verbundene Arbeiterklasse voraus. Wir sind der Überzeugung, dass sich in der weiteren Entwicklung, im Prozess ihrer eigenen geschichtlichen Erfahrungen, alle sozialistischen und gegen die Monopolherrschaft auftretenden Kräfte in unserem land für dieses Ziel einigen können.

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Gegenwärtig ´wird das gesamte gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle leben in der Bundesrepublik durch die Tatsache geprägt, dass eine kleine Gruppe mächtiger Kapitaleigentümer die Wirtschaft des Landes beherrscht und ihren Profitinteressen unterordnet. Diese wirtschaftliche Macht ist die Grundlage ihrer politischen und geistigen Herrschaft über das Volk. Die CDU/CSU ist zur Zeit die politische Hauptkraft dieser Klassenherrschaft, durch die die Macht im Interesse der Monopole ausgeübt wird. Das politische System in Bonn verschleiert mit scheindemokratischen Formen diese wirklichen Macht- und Klassenverhältnisse.

Der Erhaltung und Festigung der monopolkapitalistischen Gesellschaft dient auch der Kurs der SPD-Führung. Mit dem Eintritt in die Große Koalition hat sie eine verhängnisvolle Gleichschaltung mit dem Kurs der reaktionären Kräfte in der CDU/CSU vollzogen und damit auch die Vertretung der unmittelbaren Gegenwartsforderungen der arbeitenden Bevölkerung preisgegeben.

In den sozialen und politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre ist der wahre Charakter der Gesellschaftsordnung, in der wir leben, als einer vom Großkapital beherrschten Klassengesellschaft, wieder deutlicher sichtbar geworden. Das wirtschaftliche Krisenjahr 1967 hat gezeigt, dass die spätkapitalistische Gesellschaftsordnung, allen offiziellen Beteuerungen zum Trotz, nicht imstande ist, den arbeitenden Menschen dauerhafte Vollbeschäftigung und soziale Sicherheit zu gewährleisten. Sie ist nicht fähig, die grundlegenden sozialen und menschlichen Probleme unserer Zeit, besonders die Fragen, die mit der Umwälzung in Wissenschaft und Technik verbunden sind, zum Wohle des Volkes zu lösen.

Verhaftung H. Mies
Demgegenüber fordert die neu konstituierte Kommunistische Partei eine demokratische Wirtschaftspolitik. In ihrem Mittelpunkt muss die Mitbestimmung der Arbeitenden in Betrieben, Unternehmen und Staat als erstem Schritt zur Einschränkung der Allmacht der Monopole stehen.

Dies dient der sozialen Sicherung gegen Unternehmerwillkür. Wir sind für eine Politik, die stetiges wirtschaftliches Wachstum und Vollbeschäftigung sichert. Das hat eine demokratische Wirtschaftsplanung und eine vom Volksinteresse bestimmte staatliche Wirtschaftspolitik zur Voraussetzung.

Wir fordern eine aktive Lohn- und Gehaltspolitik und die stetige Erweiterung der Sozialleistungen auf Kosten der Rüstungsausgaben und der Monopolprofite. Wir sind davon überzeugt, dass die soziale Unsicherheit nicht überwunden und die Probleme der wissenschaftlich- technischen Entwicklung nicht gemeistert werden können, wenn die alles beherrschende Stellung der Konzernherren in der Wirtschaft nicht zurückgedrängt und überwunden wird. Wir halten die Forderungen der Gewerkschaften im Programm des DGB zur Überführung von Schlüsselindustrien und marktbeherrschenden Unternehmen in öffentliches Eigentum für aktuell und zeitgemäß.

Innenpolitisch ist mit der Annahme der Notstandsgesetze eine Verschärfung aller reaktionären Tendenzen deutlich geworden. Zur Stabilisierung der großkapitalistischen Machtstrukturen im Innern und zur Abstützung ihrer Großmachtpolitik nach außen streben die herrschenden Kreise nach immer undemokratischeren, autoritären Herrschaftsmethoden, wollen sie durch ein manipuliertes Wahlrecht die Macht der CDU/CSU verewigen, degradieren sie das Parlament zur bloßen Fassade.

Demgegenüber wird sich unsere Partei entschieden für die Aufhebung der verfassungswidrigen Notstandsgesetze, gegen alle Notstandspraktiken und gegen jede weitere Aushöhlung der Grundrechte, gegen die reaktionäre Konzentration in der Presse und in anderen Massenmedien, für die Verwirklichung der vollen Rechte der Parlamente, für die umfassende Demokratisierung des öffentlichen Lebens einsetzen. Wir trachten danach, die politische und gesellschaftliche Wirklichkeit in der Bundesrepublik mit den im Grundgesetz verkündeten demokratischen Prinzipien in Einklang zu bringen.

Außenpolitisch geht die Regierung zum dritten Mal in der deutschen Geschichte darauf aus, die Ergebnisse eines verlorenen Krieges rückgängig zu machen und die bestehenden Grenzen in Europa zu ändern. Der Anspruch, Deutschland allein zu vertreten und die Weigerung, mit der DDR als gleichberechtigtem Partner völkerrechtlich verbindliche Vereinbarungen zu treffen, bedeutet, dass die herrschenden Kreise in .Bonn nach wie vor die DDR liquidieren und den eigenen Machtbereich auf die Grenzen von 1937 ausdehnen wollen. Hieraus entstehen gefährliche Spannungen, die den europäischen Frieden bedrohen. Durch das Nein zum Atomwaffensperrvertrag wird deutlich, dass die Bundesregierung das Streben nach Verfügung oder Mitverfügung über atomare Waffen nicht aufgegeben hat. Diese Politik, die das Risiko eines Krieges in sich birgt, widerspricht dem deutschen Interesse. Sie bedroht das leben unseres Volkes. Sie belastet unser Land mit ständig wachsenden Rüstungskosten und ist eine wesentliche Ursache des Bildungsnotstandes, des Zurückbleibens im Gesundheitswesen, :n Wissenschaft und Forschung.

Demgegenüber werden wir eine konsequente Friedenspolitik verfechten. Unsere Partei geht von der Anerkennung der bestehenden Grenzen aus und fordert die Aufgabe des Alleinvertretungsanspruchs, die Herstellung gleichberechtigter Beziehungen zur DDR, den sofortigen Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag, die Herabsetzung des Rüstungsetats und die aktive Mitarbeit an der Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems. Heute, da zwei deutsche Staaten bestehen, fordert das nationale Interesse und der europäische Frieden, dass die Bundesrepublik und die DDR ihr friedliches Miteinanderleben auf völkerrechtlich verbindliche Abkommen gründen.

Gründungsparteitag der DKP, 27. Oktober 1968
Um diese Alternative für eine demokratische und fortschrittliche Entwicklung der Bundesrepublik zu verwirklichen, wird unsere Kommunistische Partei ihre besondere Aufgabe darin sehen, ein vertrauensvolles und kameradschaftliches Verhältnis zu den Mitgliedern und Anhängern der SPD herzustellen und zu einem Zusammenwirken aller fortschrittlichen Kräfte in der Arbeiterschaft und im Volk zu gelangen. Die Tatsache, dass die maßgeblichen Führer der SPD die Mitverantwortung für den Kurs der großkapitalistischen Kreise und ihrer CDU/CSU übernommen haben, daß sie nicht nur das sozialistische Ziel, sondern auch die Forderung nach ernsthaften gesellschaftspolitischen Reformen aufgegeben haben, darf uns daran nicht hindern.

Im gemeinsamen Handeln aller Sozialisten und Demokraten, trotz unterschiedlicher Auffassungen in manchen grundsätzlichen und aktuellen Fragen, sehen wir die wichtigste Bedingung für demokratische Veränderungen in unserem land. In außerparlamentarischen Aktionen wie im Wirken um eine parlamentarische Vertretung wollen wir mit allen zusammenarbeiten, die wie wir ein Bündnis der demokratischen Kräfte - bei Wahrung der organisatorischen Selbständigkeit und bei gegenseitiger Toleranz anstreben. In diesem Sinne wollen wir auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, deren soziale und demokratische Ziele wir unterstützen und in deren Reihen wir aktiv mitarbeiten.

Wir gehen davon aus, dass die Zusammenarbeit der Sozialisten und Demokraten, die sich im gemeinsamen Kampf für demokratische Veränderungen entwickelt, sich auch auf dem weiteren Weg zu einer sozialistischen Zukunft unseres Landes fortsetzen wird. Dabei müssen die sozialistischen und demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik gemäß den hier gegebenen ökonomischen und politischen Bedingungen die Wege zum gesellschaftlichen Fortschritt in eigener Verantwortung suchen und gemeinsam erarbeiten.

In unserer Stellung zur DDR lassen wir uns davon leiten, dass dort, trotz schwerer Ausgangsbedingungen und großer Schwierigkeiten mit Erfolg eine sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung aufgebaut wird. Die Überführung der wichtigen Produktionsmittel in Volkseigentum ermöglichte eine krisenfreie Wirtschaft, sie gewährleistet beständiges Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und soziale Sicherheit. Sie öffneten den arbeitenden Menschen die Tore zu Hochschulen und Universitäten und zu den leitenden Stellungen in Wirtschaft und Staat. Mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, unter deren Leitung das erreicht wurde, fühlen wir uns durch den Marxismus und die gemeinsamen Traditionen verbunden. Eine schematische Nachahmung des in der DDR beschrittenen Weges zum Sozialismus ist infolge der andersgearteten historischen Situation und unterschiedlicher Ausgangsbedingungen in der Bundesrepublik ausgeschlossen.

Wir halten es für unsere natürliche Pflicht, die Tradition des Internationalismus fortzusetzen. Unser Internationalismus steht nicht im Widerspruch zu den echten nationalen Interessen unseres Volkes, sondern entspricht ihnen, weil die Verbindung mit den fortschrittlichen Kräften in aller Welt unseren nationalen Lebensinteressen am besten dient. Deshalb werden wir solidarische Beziehungen zu den kommunistischen und Arbeiterparteien in aller Welt, zu den Kräften der antiimperialistischen Befreiungsbewegung und zu den um ihre Unabhängigkeit kämpfenden Völkern pflegen.

Auch in unserer Stellung zu den Ereignissen in der CSSR lassen wir uns von internationalistischen Prinzipien leiten. Wir sind der Meinung, daß in der CSSR eine ernste Gefahr, sowohl für die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung im Innern des Landes, wie für die Sicherheitsinteressen aller im Warschauer Vertrag vereinigten sozialistischen Länder und den Frieden in Europa entstanden war. Das militärische Eingreifen der fünf sozialistischen Länder galt ausschließlich der Beseitigung dieser Gefahren. Die vom ZK der KPTsch im Januar dieses Jahres eingeleitete Korrektur der Fehler und Entstellungen in der Vergangenheit wird damit nicht behindert, sondern sichert, dass die Weiterentwicklung der sozialistischen Demokratie nicht durch die feindliche Einmischung reaktionärer Kräfte von innen und außen gestört wird. Wir begrüßen die in Moskau getroffenen Vereinbarungen zwischen den Führungen der KPdSU und der KPTsch. Wir sind der Überzeugung, daß die Verwirklichung dieser Vereinbarungen zur Festigung und weiteren Entfaltung des Sozialismus in der CSSR führen und dem Gesamtinteresse der sozialistischen Länder sowie der Sicherung des Friedens in Europa dienen wird.

Wir wenden uns entschieden dagegen, dass die herrschenden Kreise unseres Landes im Sinne der Zersetzung der sozialistischen Ordnung und der Wiederherstellung kapitalistischer Machtverhältnisse in die sozialistischen Staaten hineinzuwirken und damit den Status quo in Europa zu verändern suchen.

Die Sicherung des Friedens in Europa erfordert die Herstellung guter Beziehungen zu allen sozialistischen Ländern auf der Grundlage der friedlichen Koexistenz unterschiedlicher Gesellschaftssysteme.

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Das Verbot der KPD im Jahre 1956 hat allen reaktionären Entwicklungen in der Bundesrepublik Vorschub geleistet. Es ist an der Zeit, daß es überwunden wird; denn es hat schon 12 Jahre zu lange gedauert.

Wir wenden uns mit dieser Erklärung an die Öffentlichkeit und rufen die Kommunisten, Marxisten und Sozialisten in der Bundesrepublik auf, mit uns gemeinsam am Aufbau der neu konstituierten Kommunistischen Partei mitzuwirken.

Wir sind uns bewusst, dass die herrschenden Kreise mit der Aufrechterhaltung des KPD-Verbots auch eine neu konstituierte Kommunistische Partei bedrohen können. Auf der Grundlage dieses Verbots wurden jahrelang und werden bis heute demokratische und sozialistische Organisationen diffamiert und verfolgt. Deshalb fordern wir: das KPD-Verbot muss aufgehoben werden. Rechtliche Möglichkeiten dafür sind gegeben.

Wir fordern alle Kommunisten, alle Marxisten, alle, die einer Kommunistischen Partei beitreten wollen, auf, in Beratungen und Versammlungen die neu konstituierte Kommunistische Partei zu unterstützen und überall örtliche Ausschüsse zu bilden. Wir ersuchen alle in den Ländern, Städten und Gemeinden entstandenen Ausschüsse, sich an den Bundesausschuss zu wenden, ihm Vorschläge und Empfehlungen für die weiteren Schritte zu unterbreiten und ihre Vertreter für eine sobald wie möglich einzuberufende größere Bundestagung zu benennen. Auf dieser Tagung sollen die nächsten politischen und organisatorischen Schritte beraten und beschlossen werden. Sie soll das Verfahren zur Einberufung und Vorbereitung des ersten Parteitages, zur Ausarbeitung der Entwürfe für ein Statut und die politischen Grundsätze und Ziele der Partei erarbeiten.

Der einzuberufende Parteitag wird sowohl in der Festlegung der Ziele und der Politik, wie in der Wahl der Leitungsorgane souverän sein. Er wird die Willensbildung von unter nach oben und die demokratische Wahl der Leitungen auf allen Ebenen sichern.

Der Bundesausschuss schlägt allen, die sich der neukonstituierten Kommunistischen Partei anschließen wollen vor, diese Partei gemäß den politischen und nationalen Bedingungen ihres Wirkens "Deutsche Kommunistische Partei" zu nennen. Über die endgültige Festlegung des Namen sollte nach eingehender Diskussion entschieden werden.

Wir fordern alle Kommunisten auf, mit der Werbung für die neu konstituierte Partei zu beginnen und sie durch die Aufbringung finanzieller Mittel und Spenden zu unterstützen.

Wir sind überzeugt, dass die Kommunisten der Bundesrepublik und darüber hinaus viele mit sozialistischen Ideen Sympathisierende und der nach einer grundlegenden Veränderung der Gesellschaft strebende Teil der jungen Generation unseren Entschluss begrüßen. Die im Geist von Marx, Engels und Lenin wirkende neukonstituierte Kommunistische Partei wird das politische Leben in der Bundesrepublik bereichern und der Tätigkeit der sozialistischen und demokratischen Kräfte in unserem Lande Auftrieb geben.

Bundesausschuss zur Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei:
Kurt Bachmann; Peter Dürrbeck; Walter Ebert; Emma Engelhardt; Kurt Erlebach; Hermann Gautier; Alfred Gecks; Otto Hans; Bernd Hartmann; Hans Heisel; Werner Höner; Heinz G. Hornung; Erich Mayer; Josef Mayer; Heinz Merkel; Dr. Hans Mertens; Ludwig Müller; Hans Möller; Karl-Heinz Noetzel; Georg Polikeit; Inge Sbosny; Theo Schoofs; Fred Schmid; Willi Schwettmann; Manfred Steiger; Ewald Stiefvater; Herbert Stiefvater; Andreas Stöckel; Hannes Stütz; Gustav Trambowski; Guido Zingerl.

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