Samstag, 31. Dezember 2016

Das System bröckelt

Lucas Zeise versucht einen kurzen Jahresrückblick

Die Banken der Welt wankten 2008 und Peer Steinbrück, damals Finanzminister einer Großen Koalition, blickte in den Abgrund. Politisch wurde die Sache mit viel Geld geflickt. In der Eurokrise zwischen 2010 und 2015 gewöhnte sich das politische Personal daran, die Vorgaben des Finanzkapitals von einer Ecofin-Sitzung zur nächsten nur mit Mühe erfüllen zu können. Griechenland wurde bis zum Bluten gepeinigt. Im Austesten dessen, was ertragen werden kann, erwies sich die deutsche Regierung mit Schäuble und Merkel als Meister.

Auch in einer solchen Krise gibt es Gewinner. Das deutsche Monopolkapital zählt bis jetzt dazu. Verglichen damit sind das No der Italiener zur neoliberalen Modernisierung ihrer Verfassung und die Abstimmung der Briten gegen den Verbleib in der EU im vergangenen Jahr kleine Ereignisse. Aber sie haben gezeigt, dass das System zu bröckeln beginnt.

Donnerstag, 29. Dezember 2016

Keine Ruhe in Bangladesch

Foto: junge Welt, 30.12.2016
Arbeitskampf für höheren Mindestlohn in der Textilbranche des Landes vorläufig beendet. Staat auf seiten der Unternehmen

Seit dem 26. Dezember wird in Ashulia wieder »normal« gearbeitet. Doch die große Streik­aktion, die kurz vor dem Jahreswechsel das durch zahlreiche Textilfabriken geprägte Viertel am Rande von Bangladeschs Hauptstadt Dhaka erschütterte, wird noch eine ganze Weile nachwirken. Anfangs waren einige tausend Beschäftigte im Ausstand, zum Schluss beteiligten sich einigen Quellen zufolge bis zu 150.000 Menschen an den Arbeitskämpfen. Fast zwei Wochen dauerten die Protest­aktionen. Erst Polizeigewalt, die Verhaftung mehrerer Anführer sowie die Drohungen anwesender Spitzenpolitiker – darunter zwei Minister – brachten die Streikenden zurück an ihre Arbeitsplätze.

Zentrale Forderung der Streikenden war eine deutliche Anhebung des Mindestlohns. 15.000 Taka monatlich, umgerechnet 180 Euro, fordern die Arbeiterinnen und Arbeiter der Branche, von denen knapp drei Viertel weiblich und zumeist unter 30 Jahre alt sind. In Ashulia sind bisher 7.000 Taka das »übliche« Entgelt für sie. Der generell geltende Mindestlohn in der Textil­industrie beträgt sogar nur 5.300 Taka. Dessen letzte Anhebung liegt bereits drei Jahre zurück. Und während die Lebenshaltungskosten weiter steigen, stagnieren die Einkünfte gerade in jenem Sektor, der das Rückgrat der Wirtschaft Bangladeschs darstellt.

Dienstag, 27. Dezember 2016

Größtmögliche Gleichheit

Fidel Castro (Foto: Ismael Francisco-Cubadebate)
Zur Erinnerung: 
Fidel Castro über Sozialismus auf Kuba nach dem Ende der Sowjetunion

Auszüge aus einem Interview mit Fidel aus dem Jahr 2000

Federico Mayor Zaragoza*:
Zusammen mit China, Vietnam und Nordkorea wird Kuba als die letzte Bastion des Sozialismus angesehen. Hat das Wort Sozialismus zehn Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer überhaupt noch Sinn?

Fidel Castro:
Heute bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass es einen großen Sinn hat.
Das, was vor zehn Jahren geschah, war die naive und unbewusste Zerstörung eines großen sozialen und historischen Prozesses, der zwar perfektioniert, aber niemals zerstört werden musste. Das hatten die Horden Hitlers nicht geschafft, nicht einmal, indem sie mehr als 20 Millionen Sowjetbürger töteten und die Hälfte des Landes zerstörten. Die Welt verblieb unter der Vorherrschaft einer einzigen Supermacht, die beim Kampf gegen den Faschismus nicht einmal fünf Prozent der Opfer beisteuerte, die die Sowjets erbrachten. In Kuba haben wir ein vereintes Land und eine Partei, die zwar anleitet, aber weder die Kandidaten aufstellt noch sie auswählt. Die Bewohner eines jeden Viertels, die in offenen Versammlungen zusammenkommen, schlagen die Kandidaten der 14 686 Wahlkreise vor, stellen sie auf und wählen sie. (…)

Montag, 26. Dezember 2016

Vorstufe zur Zensur

Das neueste Igittigitt der Bundesregierung: „Fake News“.

Sie zu produzieren ist, wenn man SPD-Fraktionschef Oppermann glaubt, ein strafwürdiger Tatbestand, dem die Bundesregierung nunmehr mit einem Gesetz beikommen wolle. „Fake News“ fallen – wir folgen immer noch dem Oppermann – nur in den Foren der Gegenöffentlichkeit an und auf, im Internet.

Man muss sich dieses so schön amerikanische „Fejk Njuus“ auf dem Trommelfell zergehen lassen. Es ist das transatlantisch gestempelte Synonym für Desinformation, AgitProp, üble Nachrede, Lüge, Verleumdung.

Ach so! Mit wenigen Gedankenschritten gelangen der kundige Thebaner und sein Kumpel, der lesende Arbeiter, jetzt zu der Erkenntnis: Auf Fejk Njuus haben führende Politiker das Monopol. Die klassischen Massenmedien dienen denen als Herolde. Und nun droht aber Gefahr für das weidlich genutzte Monopol? Gefahr, die aus dem Internet und von Plebejern kommt, die sich dort austoben dürfen? Her mit den gesetzgeberischen Initiativen!

Mal sehen, wann man sich in Karlsruhe wiedersieht. Auf die Berliner Regierungsdefinition dessen, was Fejk Njuus eigentlich sind, dürfen wir gespannt sein.

In den Knast für „Fake News“

Meinungsbranche und Regierung kämpfen mit Verboten um verlorenes Ansehen

Seit neuestem soll es Menschen geben, die falsche Nachrichten in die Welt setzen, „Fake News“, wie der besorgt-weltgewandte Berliner Großkoalitionär aufzusagen weiß. „Fake News“-Verbreiter sollen mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden, fordert der zuständige Sozialdemokrat und Justizminister Heiko Maas. Bis zu fünf Jahre Knast. Klingt irgendwie nach „Lügenpresse“ von der anderen Seite.

Aber, das wäre mal ein Anfang, könnte man denken. Maas’ Genosse Scharping beispielsweise, der als Kriegsminister in Jugoslawien 1999 den „Hufeisenplan“ aufdeckte. Das war ein Kriegsverbrechen, wie sein damaliger Chef Gerhard Schröder später zugegeben hat. Es war ein Kriegsverbrechen, das in der Verbreitung einer Lüge bestand. Statt des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosewic hätten Scharping, Schröder und der damalige deutsche Außenminister Joseph Fischer in Den Haag einsitzen müssen. Nur fünf Jahre – aber besser als nichts.

Freitag, 23. Dezember 2016

Beugehaft für Bachmann!

Foto: junge Welt
Unheimliche Allianz aus Rechten und Behörden will Bürgerkrieg – warum wusste der Pegida-Boss mehr über Berliner Attentat als der IS und die Polizei?

Diesmal ist die Polizei sich sicher: Der Attentäter, der am Montag mit einem gekaperten Lkw zwölf Menschen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt ermordete, ist identifiziert. Es soll sich um den Tunesier Anis Amri handeln. Der Verdächtige selbst hatte den Beamten entscheidend geholfen, indem er seinen Pass im Wagen zurückgelassen haben soll, die Polizei will ihn erst am Dienstag abend gefunden haben. Auch seine DNA sei mittlerweile nachgewiesen worden, so der WDR am Donnerstag. Nun fehlt nur noch der Verdächtige selbst – obwohl er als »Gefährder« bekannt sein soll, hatte ihn die Polizei aus den Augen verloren.

Vielleicht wären die Ermittlungen rascher erfolgreich gewesen, wenn sich die Beamten an einen guten Bekannten gewandt hätten. Der Dresdner Pegida-Boss Lutz Bachmann wusste nicht nur vor der Polizei, sondern auch schneller als der »Islamische Staat« (IS), wer der Täter ist. Genau zwei Stunden nach dem Anschlag schrieb Bachmann am Montag um 22.16 Uhr bei Twitter: »Interne Info aus Berliner Polizeiführung: Täter tunesischer Moslem.«

Donnerstag, 22. Dezember 2016

Prognosen vergessen die Prekären

Foto: junge Welt
Gewerkschaftsinstitut und EU-Kommission verschleiern Lage auf dem Arbeitsmarkt

Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) erwartet auch im kommenden Jahr anhaltendes Wachstum und einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Nach einem Plus von 1,8 Prozent in diesem Jahr werde die Wirtschaft 2017 um 1,2 Prozent wachsen.

»Dieser Aufschwung ist ein echter Dauerläufer, und das unterstreicht den positiven Trend, der in den vergangenen Jahren begonnen hat«, teilte IMK-Direktor Gustav Horn am Dienstag in Düsseldorf mit. Damit trotze die deutsche Wirtschaft erheblichen Unsicherheiten wie dem »Brexit«, dem Präsidentenwechsel in den USA und der schleppenden wirtschaftlichen Erholung in den Schwellenländern. Getragen werde der Aufschwung von der Binnennachfrage. »Wenn unser Wirtschaftswachstum dagegen wie in den 2000er Jahren fast vollständig vom Export abhängen würde, wäre bei diesem weltwirtschaftlichen Umfeld längst Schluss mit dem Aufschwung«, betonte Horn.

Mittwoch, 21. Dezember 2016

Leben am Limit

Widersprüche, Klagen und Überbrückungshilfe: Verein »Sanktionsfrei« unterstützt Hartz-IV-Bezieher

Alle Jahre wieder zu Weihnachten: Einem Ablasshandel gleich üben sich Tafeln, Prominente, Kirchenmänner und Politiker in karitativer Wohltätigkeit. Speisung von Obdachlosen, Päckchen für arme Kinder und viele gute Worte werden öffentlich zelebriert. Worüber die Wohltäter schweigen: Das repressive Hartz-IV-System produziert die Existenznot: Leistungsbeziehern, die nicht spuren, wird die magere Grundsicherung gekürzt oder gestrichen. Der Verein »Sanktionsfrei« will ihnen helfen. Seit Oktober ist dessen Plattform online.

Sonntag, 18. Dezember 2016

„Seien wir Realisten - versuchen wir das Unmögliche!”

Bundestagswahl 2017: Helfen Sie mit die sozialistische Alternative wählbar zu machen!

Die DKP will bei der Bundestagswahl 2017 kandidieren. Allerdings haben die etablierten Parteien mittels des undemokratischen Wahlgesetzes eine Hürde errichtet, damit es möglichst wenige Alternativen zu ihnen gibt.

Kleine Parteien müssen Unterstützungsunterschriften sammeln, damit sie überhaupt auf dem Stimmzettel stehen dürfen.

In Schleswig-Holstein muss die DKP deshalb 2.000 Unterschriften von Wahlberechtigten sammeln.

Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) will im Bundestagswahlkampf ihre antikapitalistische Alternative zur Politik der Kriegstreiber und Krisenprofiteure vorstellen. Die Partei hat ihre Vorstellungen in dem Satz „Unsere Willkommenskultur heißt: Gemeinsam kämpfen!“ und in ihrem Sofortprogramm „Geben wir uns fünf“ zusammengefasst.

Die Teilnahme von uns ist notwendiger denn je. Jede Stimme für die DKP ist eine wirkliche Stimme des Protestes und eine Stimme für die Rechte der Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land, gegen den Kapitalismus, gegen Krise, Krieg, Faschismus und Rassismus.

Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Unterschrift!

Samstag, 17. Dezember 2016

Die Niederlage (der Heuchler)

Bewohner feiern, Foto: Sputnik
Der Westen und die Befreiung Ostaleppos

Als US-Präsident George W. Bush nach dem 11. September 2001 seinen lange vor diesem Datum geplanten »Krieg gegen den Terror« proklamierte, benötigte er Terroristen. Die fanden sich: Handlanger in Ämtern und Redaktionen sowie die Söldnerhaufen, die sich als Bodentruppen verdingen. Wer diese Banden besiegt und z. B. aus Ostaleppo vertreibt, ist folgerichtig ein Verbrecher. Denn die Mörder sind laut ARD, ZDF, FAZ, Spiegel und tutti quanti »Rebellen«, »Aufständische« oder gar »Revolutionäre«. Für deren Ziele erwärmen sich deutsche Redakteure und einige führende Vertreter der deutschen Linkspartei gern. »Revolutionär« macht sich in der psychologischen Kriegführung gegen die eigene Bevölkerung einfach besser als »Einflusssphäre«, »Aufteilung«, »Erdöl«, »Gas« oder »Pipelines«.

Die Kriegseinheitsfront für CIA-gelenkten »Regime-Change«, die mit dem Sturz des iranischen Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh 1953 durch einen »Volksaufstand« nach 1945 ihren ersten großen Erfolg feiern konnte, hat mit der Befreiung Ostaleppos Ende 2016 eine ihrer schwersten Niederlagen erlitten. Sie ist vergleichbar mit der von Nelson Mandela als Wende in der Geschichte Afrikas bezeichneten, dem Sieg von Angolanern und Kubanern bei Cuito Cuanavale Anfang 1988 über südafrikanische Truppen und die UNITA, deren Hilfsmiliz.

Freitag, 16. Dezember 2016

Das darf nicht wahr sein!

Foto: junge Welt
Bundesregierung streicht brisante Passagen zum Einfluss von »Eliten« aus Armutsbericht

Manchmal besagt »kein Kommentar« mehr als tausend Worte. »Nicht bewerten« könne er das, was am Donnerstag in der Süddeutschen Zeitung (SZ) über den Armutsbericht der Bundesregierung zu lesen war, befand Armin Schäfer, Politikwissenschaftler an der Universität Osnabrück, gestern gegenüber jW. Dass all die Arbeit, die er sich gemacht hat, einfach weggewischt und von Amts wegen der Vergessenheit preisgegeben werden soll, nagt aber wohl schon an ihm. Immerhin sei ja seine Studie für jeden Interessierten frei im Internet zu haben, bemerkte er dann doch, ansonsten wolle er sich aufgrund des »laufenden Verfahrens« nicht äußern.

Laufendes Verfahren? Eher gilt: Die Sache ist gelaufen. Aber von vorne: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte Schäfer im Frühjahr 2015 mit der Aufgabe betraut, herauszufinden, ob und inwieweit Eliten und Vermögende die Politik mitbestimmen. Der Endbericht des Forschungsprojekts gelangt zu einem eindeutigen Urteil: »Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass das Einkommen politische Meinungen beeinflusst.« Politische Entscheidungen stimmten »mit höherer Wahrscheinlichkeit mit den Einstellungen höherer Einkommensgruppen« überein. Was dagegen Bürger mit weniger Geld »in besonders großer Zahl wollen, hatte in den Jahren von 1998 bis 2013 eine besonders niedrige Wahrscheinlichkeit, umgesetzt zu werden«.

Donnerstag, 15. Dezember 2016

Zurück in den Krieg

Kinder in Camp in Herat/Afghanistan, Foto: junge Welt
Erste Sammelabschiebung nach Afghanistan. Regierung verharmlost Gefährdungslage, Taliban als Kronzeugen inhumaner Flüchtlingspolitik

Kurz bevor der Bundestag am heutigen Donnerstag der Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr zustimmen wird, startete am Mittwochabend der erste Sammelabschiebeflug an den Hindukusch – ausgerechnet aus dem von CDU und Grünen regierten Bundesland Hessen. Verantwortlich dafür sind die ebenfalls »schwarz-grüne« Landesregierung Baden-Württembergs, Hamburgs Regierung aus SPD und Grünen sowie der Freistaat Bayern.

Mit dem Flug, nach Angaben des Berliner Flüchtlingsrates mit Hilfe der EU-Grenzagentur Frontex koordiniert, sollten 50 Flüchtlinge abgeschoben werden – einige von ihnen gegen ihren Willen, andere »freiwillig«. Wurden bislang ausschließlich verurteilte Straftäter nach Afghanistan transportiert, gibt es solche Einschränkungen künftig nicht mehr. Unter den Passagieren des Abschiebefliegers war nach Angaben des Flüchtlingsrats Bayern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der schwerkranke Mohammed Z., der aus einer psychiatrischen Klinik geholt wurde, in die er wegen eines Suizidversuchs eingewiesen worden war.

Samstag, 10. Dezember 2016

Ungleiche Bezahlung zementiert

Tarifvertrag in der Leiharbeit bringt lange Laufzeit und geringe Lohnerhöhung

In den umstrittenen Tarifverhandlungen der Leiharbeitsbranche wurde in der dritten Runde ein Verhandlungsergebnis erzielt. Stefan Körzell, Verhandlungsführer für die DGB-Tarifgemeinschaft, bezeichnete es als Durchbruch. Nach „24 Stunden Non-Stop-Verhandlungen“ sei eine deutliche Erhöhung der Entgelte erreicht worden. Er sagte, der „Kompromiss enthält viel von dem, was wir gefordert hatten.“ Das Verhandlungsergebnis muss noch von den Einzelgewerkschaften bestätigt werden, die Tarifkommission von ver.di hat bereits zugestimmt.

Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 36 Monaten und endet zum 31.12.2019. Die lange Laufzeit dürfte unter den Beschäftigten besonders für Unmut sorgen, zementiert sie nicht nur für lange Zeit niedrige Lohnzuwächse, sondern überhaupt die ungleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbelegschaft.

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Der reale Irrsinn im Norden: Hamburgs Blaulichtviertel

Foto: junge Welt, 08.12.2016
Einer der größten Polizeieinsätze in der Geschichte der Hansestadt soll das OSZE-Treffen sichern. Anwohner sind vor allem eines: genervt

Kampfhubschrauber in der Luft, Scharfschützen in Position, NATO-Draht an Bahndämmen, überall Polizei – Hamburgs harte Hunde proben den Aufstand. Für die heute beginnende zweitägige Ministerratssitzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), mit der das Jahr des deutschen Vorsitzes in der OSZE endet, wird die Hansestadt in den Ausnahmezustand versetzt. Die Polizei hat faktisch das Kommando übernommen.

Eine monströse Streitmacht ist im Einsatz: rund 13.200 Beamte, davon allein 700 aus Spezialeinheiten. Flughäfen und Bahnhöfe werden von der Bundespolizei überwacht, die Bundeswehr schickt Eurofighter zur Absicherung des Luftraums.

Dass dieses Heer für den Schutz der Tagung überdimensioniert ist, gibt sogar Hamburgs Polizei zu. 

Samstag, 3. Dezember 2016

Das Urteil der Geschichte

Foto: junge Welt
Fidel hat gezeigt, dass das scheinbar Unmögliche realistisch ist

Am 26. Juli 1953 versuchten 135 schlecht bewaffnete Männer und Frauen, die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen. Der Feind war zu gut ausgerüstet, der Angriff zu schlecht vorbereitet, die Batista-Diktatur noch zu stark. Der Kopf des Angriffes, der sechsundzwanzigjährige Anwalt Fidel Castro, beendete seine Verteidigungsrede im folgenden Prozess mit dem Satz: „Verurteilt mich, es hat keine Bedeutung. Die Geschichte wird mich freisprechen.“ Das Gericht hat ihn verurteilt. Es hatte keine Bedeutung. Welches Urteil hat die Geschichte über ihn gefällt?

Es sind die Menschen, die die Geschichte machen. Die Geschichte sind die 81 Revolutionäre, die Fidel auf die „Granma“ folgten. Sie wussten, dass die Überfahrt ihr Leben kosten und zum Sturz des Diktators führen konnte. Die Geschichte ist der Oberst Batista, dessen Terror nicht ausreichte, um Kuba als Bordell und Casino der USA zu verteidigen. Nur im faschistischen Portugal konnte er sich vor dem Volk in Sicherheit bringen, das er regiert hatte.