Einigung bei Autobahnprivatisierung
Am
Mittwoch abend verbreitete die SPD im Bundestag per Pressemitteilung: »Die
Spitzen der SPD- und der CDU/CSU-Fraktion haben sich auf noch offene Fragen bei
der geplanten Bund-Länder-Finanzreform verständigt.« So viel Wahrheit muss
sein.
Was folgte, war eine Lüge: »Eine Privatisierung von Bundesautobahnen
(wird) ausgeschlossen.« Ehrlich wäre: Die Privatisierung kommt und die Maut
auch, für In- und Ausländer, nicht sofort, aber in ein paar Jahren, dann, wenn
keiner mehr ans Politikergeschwätz von gestern denkt. Sobald Planung, Bau und
Betrieb der deutschen Fernstraßen ab 2021 durch eine privatrechtliche
Infrastrukturgesellschaft »gemanagt« werden, geht Gewinnmaximierung vor
Gemeinnutzen.
Was ist
neu am neuesten Koalitionskompromiss? Es heißt, die SPD habe durchgesetzt, dass
auch eine »indirekte Privatisierung« durch sogenannte öffentlich-private
Partnerschaften (ÖPP) verhindert werde. Dafür soll ein Passus in die
Verfassung, wonach ÖPP für Streckennetze, »die das gesamte Bundesautobahnnetz
oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder
wesentliche Teile davon umfassen«, ausgeschlossen werden.
Das ist erstens:
keine Absage an ÖPP. Das Modell wird in den Ländern längst praktiziert und soll
künftig auch in Bundeshoheit auf der »Ebene von Einzelprojekten« gestattet
sein. Zweitens: ÖPP ist juristisch nicht definiert. Wie soll man dann dazu
rechtssichere Bestimmungen treffen, zumal in der Kürze der Zeit, noch dazu im
Grundgesetz, das privatrechtliche Vertragsformen gar nicht regelt? Drittens:
Größenbeschränkungen bringen nichts, ÖPP werden global gehandelt, ein
Hedgefonds wie Blackrock könnte sich ein Netz häppchenweise zusammenkaufen.
Bisher
hat sich noch jede von der SPD behauptete »Privatisierungsschranke« als
unzureichend erwiesen. Dass ihre Spitze seit Tagen eine Nebelkerze nach der
nächsten zündet, beweist nur einmal mehr, wie sehr sich die Partei den Kapitalinteressen
verpflichtet fühlt und wie wenig dem Wohl der Allgemeinheit. Allein dem starken
öffentlichen Protest ist es zu verdanken, dass nicht schon heute, sondern erst
in der nächsten Sitzungswoche in der Sache abgestimmt wird. Also: Ein Nein zur
Privatisierung erfordert ein Nein zur Autobahn-GmbH. Nur dann bleiben keine
»offenen Fragen«.
Von Ralf
Wurzbacher
aus „junge Welt“ vom 19.05.2017
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