Foto: Hinz und Kunz |
Durch Preisentwicklung haben ALG-II-Bezieher
heute weniger finanziellen Spielraum als bei Einführung des Systems. Anhebung
des Regelsatzes unzureichend
Die
sogenannte turnusmäßige Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes entspricht nicht mal
im Ansatz einer Anpassung an das Existenzminimum. Die Anhebung um fünf Euro ab
1. Januar auf dann 404 Euro wird von der Entwicklung der Verbraucherpreise
zunichte gemacht. Das geht aus einer Berechnung des Deutschen
Gewerkschaftsbundes hervor, die dieser am Mittwoch veröffentlichte.
Trotzdem
wird der Hartz-IV-Satz von der Bundesregierung systematisch kleingerechnet.
Obwohl seit 2013 eine sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorliegt,
wendet das Kabinett diese nicht zur Ermittlung des Regelsatzes an (jW
berichtete), sondern bezieht sich noch auf die Stichprobe von 2008. Die neue
soll erst 2017 zum Tragen kommen. Die nun durchgeführte turnusmäßige Anpassung
beruht zu 70 Prozent auf der Preisentwicklung regelsatzrelevanter Güter und zu
30 Prozent auf der Lohnentwicklung im Vorjahresvergleich.
Der
Paritätische Gesamtverband hat bereits am Montag darauf hingewiesen, dass der
Regelsatz im Jahr 2011 manipuliert wurde und dadurch kleiner ist, als er selbst
nach den Anforderungen der Bundesregierung bei Einführung des Hartz-Systems
sein sollte. Das habe mit einer Feststellung des Existenzminimus nichts mehr zu
tun. Damals wurde unter anderem die Referenzgruppe verändert, so dass nicht
mehr wie zuvor die 20 Prozent der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen als
Bezugsgruppe dienten, sondern nur noch 15 Prozent. Diese Manipulationen würden
seitdem systematisch jedes Jahr fortgeschrieben. »Es ist schon mehr als
enttäuschend, dass auch Frau Nahles diese Tricksereien übernimmt, gehörte sie
doch vor ihrer Berufung zur Arbeitsministerin zu den Hauptkritikerinnen der
Methoden ihrer Vorgängerin (Ursula von der Leyen, jW)«, kritisierte Ulrich
Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.
Ausgeschlossen
aus der Referenzgruppe sind nur diejenigen Haushalte, die ausschließlich
Transferleistungen beziehen. Personen, deren Einkommen so niedrig ist, dass sie
»aufstocken« müssen, oder die zwar einen Anspruch auf Leistungen haben, diesen
aber nicht geltend machen, werden nicht herausgerechnet. Auch das drückt die
Berechnung. Der Verband fordert, die einst selbst gesetzten Regeln anzuwenden,
und errechnet damit einen Regelsatz von 491 Euro. Dies entspricht einer
Anhebung von gut 21 Prozent. »Es geht nicht um statistische Petitessen. Es geht
um das Existenzminimum von Millionen Menschen«, appellierte Schneider an die
Bundesregierung.
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