Ein Brief der Kommunistischen Partei an die
internationale Öffentlichkeit
Liebe
Genossen, Kollegen und Freunde!
Gestern,
am 16 Dezember 2015, wurden zwei Urteile gegen die Kommunistische Partei der
Ukraine verkündet.
Am Morgen
des 16. Dezember wies das Kiewer Berufungsgericht die Berufung der
Kommunistischen Partei der Ukraine gegen das negative Urteil des
Distriktsverwaltungsgerichts Kiew (DACK) zu vier Klagen der KPU gegen das
Justizministerium zurück, die zu einem Fall zusammengefasst wurden. Auf
Grundlage dieses Beschlusses konnte das DACK am Abend des 16. Dezember 2015 als
Gericht erster Instanz gegen ukrainisches Recht und internationale Standards in
einem schriftlichen Verfahren ohne Anhörung der Prozessparteien ein weiteres
Urteil in der Klage des Justizministeriums zum Verbot der KPU verkünden.
Im
Frühjahr 2015 wurden in der Ukraine die neuen sogenannten
„Dekommunisierungsgesetze“ angenommen und traten in Kraft. Zweifellos
widersprechen diese „Dekommunisierungsgesetze“ der gültigen Verfassung, dem
internationalen Recht, der universellen Erklärung der Menschenrechte, der
Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und
den Schlussfolgerungen der Venedig-Kommission.
Dennoch
wurde vom Justizministerium auf Grundlage dieser Gesetze eine neue Klage auf
Verbot der KPU beim DACK eingereicht.
Durch
einen eigenartigen Zufall und die „Macken“ des elektronischen Systems zur
Verteilung der Fälle unter den Richtern wurde dieser neue Fall „zufällig“ dem
Richter Kuzmenko zugeteilt, gegen den ein Strafverfahren läuft. Außerdem wurde
dieser Richter vor etwa einem Jahr zum Militärdienst in der Zone des
bewaffneten Konflikts in der Ostukraine einberufen, aber es gelang ihm
irgendwie, dem Militärdienst zu entgehen. Mehr noch, der gleiche Richter hat
dieses Jahr bereits zwei andere kommunistische Parteien verboten.
Das
Regime besteht darauf, die Partei solle auf ihren Namen „kommunistisch“
verzichten wie auf die Symbole: Stern und Hammer und Sichel – die allgemein
anerkannten Symbole der kommunistischen Weltbewegung.
Um den
Bemühungen des Justizministeriums um Verbot der Partei entgegenzuwirken und um
ihre Rechte und Interessen zu verteidigen, reichte die KPU vier Klagen gegen
die Handlungen, Nichthandlungen und Verwaltungsakte des Justizministeriums ein.
Das DACK legte die vier Klagen zusammen und beschloss, entgegen den allgemeinen
Verfahrensgarantien für ein faires Verfahren wie auch gegen das ukrainische
Recht, diese Klagen auf Grundlage eines schriftlichen Verfahrens
zurückzuweisen. So lehnte das Berufungsgericht des Kiewer Verwaltungsgericht
die Berufung der KPU gegen die obige Entscheidung ab.
Selbst
Argumente der KPU, die „Dekommunisierungsgesetze“ müssten von der Kommission
von Venedig überprüft werden und die Ergebnisse dieser Überprüfung würden erst
am 18. Dezember 2015 vorliegen, haben das Gericht nicht von dieser Entscheidung
abgehalten. Offensichtlich wurde die Kammer gedrängt, diese Entscheidung vor
den Ergebnissen der Venedig-Kommission zu fällen, ungeachtet der Tatsache, dass
diese Ergebnisse kaum positiv für die Regierung der Ukraine ausfallen dürften,
so dass das Gesetz – die Grundlage dieser Entscheidung – verbessert oder
aufgehoben werden müsste.
Angesichts
all dieser Umstände ist es unmöglich, bei den weiteren Gerichtsverhandlungen,
die Klage des Justizministeriums auf Verbot der KPU betreffend, von
Unparteilichkeit und Objektivität zu sprechen.
Der
Gerichtsbeschluss, die KPU zu verbieten, verletzt grob und schwer die
Menschenrechte und die Grundfreiheiten wie auch grundlegende
Verfahrensgarantien. Die Kammer war bei der Entscheidung über diesen Fall
offensichtlich abhängig und parteiisch. Den Prozessparteien wurde das Recht der
Teilnahme an den Gerichtsberatungen verweigert und beinahe alle
Verfahrensanträge der KPU wurden vom Gericht zurückgewiesen.
Das
Recht, sich zu versammeln, die Meinungsfreiheit und politische Aktivitäten
Alle
Handlungen des Staates, die KPU zu verbieten, beruhen auf dem Gesetzt „Über die
Verurteilung kommunistischer und nationalsozialistischer (Nazi-) totalitärer
Regime in der Ukraine und das Verbot ihrer Symbole“ (Dekommunisierungsgesetz).
Dieses Dekommunisierungsgesetz ist so schlecht geschrieben, populistisch,
undemokratisch und anti-europäisch, dass es tatsächlich Unlogik beim
Funktionieren des Staates und des öffentlichen Lebens erzeugt.
Da sie
eine Reihe politischer und rechtlicher Verpflichtungen gegenüber der
Europäischen Union eingegangen ist, muss sich die Ukraine an die grundlegenden
europäischen Maßstäbe im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten halten. Die
erwähnten Maßstäbe widersprechen völlig der Ideologie der Dekommunisierung.
Alle fortgeschrittenen Staaten der EU heute haben Gesetze abgeschafft, die den
Gebrauch der kommunistischen Ideologie und der Symbolik der sowjetischen
Periode untersagen.
Zum Beleg
– 2005 schlugen einige ehemalige sozialistische Staaten und jetzige
Mitgliedsstaaten der EU dem EU-Parlament vor, kommunistische Symbole zu
verbieten. Die Europäische Kommission lehnte diese Initiative ab, da sie der
Agenda des Kampfes gegen Rassismus widerspräche.
Im Dezember
2010 stellte die Europäische Kommission einen Mangel an Konsens zwischen
Mitgliedsstaaten fest, die strafrechtlichen Regeln für die Zustimmung zu, die
Leugnung oder Verharmlosung der Gefahr des Kommunismus betreffend. Das war das
Ergebnis eines Antrags der Außenminister Bulgariens, der Tschechischen
Republik, Ungarns, Lettlands, Litauens und Rumäniens, der gescheitert war.
In der
Resolution 2013 (2009) des Europäischen Parlaments zum europäischen Bewusstsein
und Totalitarismus werden alle totalitären und undemokratischen Regime streng
verurteilt, aber sie erwähnt nichts über den Gebrauch kommunistischer Symbole.
Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat den Gebrauch der Symbole
politischer Bewegungen im Kontext des Artikels 10 der europäischen Konvention
in folgenden Fällen für legal erklärt: „Vaschnay ./. Ungarn“ (Fall 33629/06),
Urteil vom 08.07.2008 (§ 53 des Urteils); „Fratanolo ./. Ungarn“ (29459/10)
Urteil vom 3.11.2011; „Faber ./. Ungarn“ (40721/08), Urteil vom 24.7.2012.
In dieser
Hinsicht sollte man sich auch die Schlussfolgerung der Venedig-Kommission und
der OSZE/ODIHR von 2013 ins Gedächtnis rufen, die sich mit dem rechtlichen
Verbot der Symbole der kommunistischen Ära befasst, das in der Republik
Moldawien stattfand. In dieser Schlussfolgerung hat die Kommission das Gesetz,
dass die kommunistische Ideologie und die Symbole der kommunistischen Ära
verbietet und das vom Parlament der Republik Moldawien angenommen wurde, scharf
verurteilt. Auf der letzten Seite des Urteils, das vom Justizminister Petrenko
am späten Abend des 16. Januar platziert wurde, stellte das Gericht fest, diese
Schlussfolgerung der Kommission von Venedig solle vom Gericht ignoriert werden.
Im
Ergebnis annullierte das Verfassungsgericht der Republik Moldawien dieses
Gesetz.
Es ist
wert, festzuhalten, dass in Übereinstimmung mit den Instruktionen zur
Regulierung politischer Parteien, die von der OSZE/ODIHR und der Kommission von
Venedig angenommen wurden, „.. das Verbot und die Auflösung politischer
Parteien nicht geschehen kann, weil ihre Ideen inakzeptabel, unattraktiv oder
beleidigend sind. Wenn die Partei keine Gewalt gebraucht oder den
gesellschaftlichen Frieden und die demokratische Verfassungsordnung des Landes
bedroht, sind weder ein Verbot noch eine Auflösung gerechtfertigt.“
Ein
weiteres Beispiel, das helfen kann, die Verfassungsmäßigkeit oder -widrigkeit
des Gesetzes zur Dekommunisierung zu beurteilen, ist eine wichtige Entscheidung
des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall „Vaschnay ./. Ungarn“,
in dem der europäische Gerichtshof folgendes entschied:
„.. Die
mögliche Propaganda der kommunistischen Ideologie, so unerträglich sie sein
mag, kann nicht der einzige Grund sein, den Gebrauch eines Symbols zu
begrenzen, insbesondere in vielen Zusammenhängen, insbesondere mit
strafrechtlichen Folgen. Das schlichte Zeigen oder der Gebrauch eines Symbols
durch eine Person, einschließlich eines Mitglieds einer registrierten
politischen Partei, die keinerlei Art totalitärer Ambitionen zeigt, kann nicht mit
gefährlicher Propaganda gleichgesetzt werden.“
Teilnahme
an lokalen Wahlen
Die KPU
und andere Linke wurden aus dem politischen Leben ausgeschlossen. Das
Justizministerium hat es der KPU verboten, an den Kommunalwahlen am 25 Oktober
dieses Jahres teilzunehmen, auf Grundlage einer Verletzung der
Dekommunisierungsgesetze.
Teilnahme
am Entscheidungsprozess
Die
Entscheidung des Justizministeriums, vor Gericht zu gehen, um die KPU zu
verbieten, beruht auf den Ergebnissen der sogenannten unabhängigen Kommission.
Diese Kommission besteht aus Beamten des Justizministeriums. Einige davon sind
direkte Untergebene des Kommissionsvorsitzenden – des Staatssekretärs. Die
Vertreter der KPU wurden nicht einmal von den Kommissionssitzungen zum Fall der
KPU informiert. Die KPU hat mehrmals schriftlich nachgefragt, worin die
Unvereinbarkeiten in Programm und Statut der KPU bestünden. Es erfolgte keine
Antwort. Die Entscheidung der Kommission zur Unvereinbarkeit liefert keine
konkrete Stellungnahme, die Unvereinbarkeit der KPU mit den Anforderungen des
Dekommunisierungsgesetzes betreffend, sondern nur eine allgemeine Entscheidung.
Auch die Klage selbst liefert keine Analyse solcher Verletzungen. Nur die
Feststellung, die Partei habe die Dokumente nicht geändert.
Unter
diesen Umständen ist es unmöglich, bei weiteren Verhandlungen die Klage des
Justizministeriums auf Verbot der KPU betreffend, von Unparteilichkeit und
Objektivität zu sprechen.
Wir sind
uns sicher, dass dieses Verfahren politisch motiviert ist und darauf abzielt,
die Kommunistische Partei der Ukraine zu zerstören – die einzige wirkliche
Opposition gegen das jetzige Regime.
Die Kommunistische Partei der Ukraine wird
ihren Kampf für die Herrschaft des Rechts und der Demokratie, für
Menschenrechte und Grundfreiheiten auf jeden Fall fortsetzen.
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