Montag, 27. Oktober 2014

Machtvoll? Wahlergebnisse in der Ukraine

Mitglieder der faschistischen "Freiwilligenbataillons" Asow
Mit »solide Mehrheit für Proeuropäer« bejubelte der Allgemeine Regierungsdienst (ARD) am Sonntag in den Abendnachrichten den Ausgang der Parlamentswahlen in der Rest-Ukraine. 

Und der »Zentrale Dummfunk« (ZDF) legte nach: »Der proeuropäische Kurs von Präsident Poroschenko ist klar bestätigt worden.« Der selbst wertete das Ergebnis höchstpersönlich als eine »machtvolle Demonstration« für eine enge EU-Anbindung der Ukraine. 

Angesichts der extrem niedrigen Wahlbeteiligung sieht der »Sieg des Westkurses« allerdings nicht besonders »klar«, »eindeutig« und »machtvoll« aus. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass ARD und ZDF die Angaben zur Beteiligungsquote wie ein Geheimnis hüteten.

Lediglich der Bayerische Rundfunk brachte auf br.de die ernüchternde Meldung, dass von rund 36 Millionen Wahlberechtigen nur wenig mehr als 40 Prozent tatsächlich ihr Votum abgaben. Davon entfielen jeweils knapp über 21 Prozent der Stimmen auf die Partei Poroschenkos wie auch auf die »Volksfront« des von Washington ins Amt gehievten Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk. Umgerechnet auf die Gesamtheit der wahlberechtigten Bürger stehen somit nur je acht Prozent hinter dem Präsidenten und dem Ministerpräsidenten. Das heißt, das Wahlergebnis lieferte Poroschenko und Jazenjuk zwar die notwendige Legalität, für ihre Legitimität in den Augen der Bevölkerung – in der es 60 Prozent Nichtwähler gibt – dürfte die erbärmliche Quote bei weitem nicht ausreichen.

Ein weiteres Ergebnisproblem liegt in der Zersplitterung der restlichen knapp 58 Prozent der abgegebenen Stimmen auf weitere sechs Parteien, die es ins Parlament schafften. Dabei gelangten in sämtlichen Parteien über vordere Listenplätze führende Faschisten oder Rechtsradikale in die Rada. Das verspricht nichts Gutes. Bereits im Zug des Maidan-Putsches wurden parlamentarisch-demokratische Gepflogenheiten von faschistischen Gewalttätern beiseite gewischt, Andersdenkende wie z. B. Mitglieder der Kommunistischen Partei mussten und müssen um ihr Leben fürchten, weshalb sie zum Teil gar nicht erst zu dieser Wahl antraten.

Auf der Liste der »Volksfront« des Ministerpräsidenten wurden außerdem sogenannte Kommandeure von Freiwilligenbataillonen – wie es bei ARD und ZDF hieß – auf vorderen Listenplätzen Abgeordnete. Mit dieser Bezeichnung verharmlosen die beiden Fernsehanstalten die Anführer faschistischer Verbrecherbanden. Zugleich jubelte die Süddeutsche Zeitung, die Partei »Rechter Sektor« sei nur auf »knapp über zwei Prozent« gekommen, das habe »den Mythos der russischen Propaganda über die ›faschistische Junta in Kiew‹ endgültig« zerstört. Falsch. Vielmehr bekräftigt das Wahlergebnis, dass die ukrainischen Faschisten nun in den Parteien der »Mitte«, sogar in den Regierungsparteien, angekommen sind.

Kommentar von Rainer Rupp
aus „junge Welt“ vom 27. Okt 2014

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