Erklärung des Sekretariats des
Parteivorstands der DKP
„Ein
Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus.“
Fast 170 Jahre alt
sind diese Worte aus dem „Kommunistischen Manifest“ – geschrieben von Karl Marx
und Fried- rich Engels. „Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer
heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet …“, so geht es weiter. Doch das
„Gespenst“ war und ist nicht tot zu kriegen – weder durch Totschweigen, noch
durch Totschießen.
Viele haben es versucht: Der Preußen- Junker und
Reichskanzler Graf Otto von Bismarck versuchte es gegenüber der damals noch
revolutionären Sozialdemokratie mit Parteiverbot und Ausweisungen. Der „größte
Führer aller Zeiten“ und Reichskanzler, A. Hitler, wollte das marxistische
„Gespenst“ gleich ganz „mit Stumpf und Stiel ausrotten“.
Nach 1945 versuchte es
der nächste Kanzler, Konrad Adenauer, im kapitalistischen Westen Deutschlands
mit anderen – aber auch nicht neuen – Methoden: Erneutes Verbot der KPD (1956)
und – schon 1951 – der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Und als sei es noch immer
nicht genug, versuchte es sein Nachfolger, der Sozialdemokrat Willy Brandt,
gegen die sich neu formierte Deutsche Kommunistische Partei – DKP. Wieder gab
es tausende politische Prozesse und tausende Ausbildungs- und Berufsverbote.
Die Wut der deutschen Kapitalisten richtete sich nach 1945 aber vor allem gegen
den antifaschistisch und sozialistisch gewordenen kleineren und ärmeren Teil
Deutschlands, die 1949 gegründete Deutsche Demokratische Republik.
Ihre
Wut galt einem Staat, der sich von den Vorstellungen von Marx und Engels, von
den Erfahrungen des Kampfes der internationalen kommunistischen und
Arbeiterbewegung und von dem Ziel des Aufbaus einer antikapitalistischen und
antifaschistischen Alternative zur Herrschaft der Monopole und Banken, der
Rüstungsbosse und Kriegsgewinnler orientierte. Letztere hatte die Hitlerpartei
schon vor 1933 finanziert. Diesen Staat versuchten die Vertreter der alten
kapitalistischen und imperialistischen Ordnung zu sabotieren und von der
Landkarte auszuradieren. „Alle Mächte“ des alten kapitalistischen Europa
verschworen sich gegen diesen Ausbruch. Sie versuchten das wirtschaftlich
schwächere antifaschistische und sozialistische Deutschland ökonomisch zu
boykottieren, politisch zu isolieren und schließlich auch zu strangulieren. 40
Jahre gelang es ihnen nicht.
An der
Seite der DDR standen nicht die Milliardäre und Multimillionäre der Wallstreet,
der amerikanischen Riesenkonzerne und der Großbanken. Die militärisch
siegreiche, aber völlig ausgelaugte und am Rande ihrer Existenz stehende
Sowjetunion musste sich in den ersten Nachkriegs- jahren um des eigenen
Überlebens wegen von der DDR wenigstens einen Teil der von Nazi-Deutschland
verursachten Kriegsschäden erstatten lassen. Der reiche Westen Deutschlands
zahlte nicht eine müde Mark. Die BRD wurde stattdessen zum „Schaufenster des
Westens“ ausgebaut. Sie erhielt über den sogenannten „Marshallplan“ der USA
eine enorme Aufbauhilfe im Umfang 1,413 Mrd. Dollar. Damit bekam
Westdeutschland nach Frankreich und Großbritannien die umfangreichste
Wirtschaftshilfe der europäischen Nachkriegsstaaten.
Das
Ziel der deutschen und der sowjetischen Sozialisten und Kommunisten war
ursprünglich, Deutschland als Ganzes zu erhalten und einen demokratischen
Neubeginn und Wandel in ganz Deutschland ohne Faschisten, Kriegsgewinnler und
Kapitalisten zu beginnen und ein wirkliches neues demokratisches und
friedliches Deutschland zu erbauen. So sah es auch das „Potsdamer Abkommen“ der
vier Siegermächte von 1945 vor. Doch es kam anders: „Lieber das halbe
Deutschland ganz, als das ganze halb“- nach dieser Adenauer-Devise wurde
Deutschland gespalten.
Das
sowjetische Angebot über einen Friedensvertrag mit einem demokratischen und
antifaschistischen Deutschland wurde zu Gunsten der „Integration“ in den
kapitalistischen Westen und sein aggressives Militärbündnis, die NATO,
abgeschmettert. Westdeutschland wurde vor allem unter der Regie der USA zum
„Bollwerk“ des Antisowjetismus und Antikommunismus ausgebaut.
Während
Faschisten, Nazi-Generäle, Nazi-Richter und Wehrwirtschaftsführer aller
Führungsebenen schnell wieder Führungsspitzen im neuen westdeutschen Staat
einnahmen, lief der Aufbau einer antifaschistischen und sozialistischen Alternative
im Osten unter großen Anstrengungen an. Die Aufbaugeneration der DDR, das waren
zumeist die politisch noch unerfahrenen Söhne und Töchter von Arbeitern und
Bauern und nicht zur bürgerlichen Elite zählende Menschen. Doch sie bauten
einen antifaschistischen Gegenentwurf zum kapitalistischen Westen auf. Sie
machten aus dem kleineren Teil Deutschlands ein zu den zehn größten
Industriestaaten der Welt zählendes Land. Sie nahmen Kurs auf eine dauerhafte
sozialistische Alternative zum Kapitalismus und sie schufen einen international
anerkannten Staat, dessen Außenpolitik von Internationalismus und vom Kampf um
Frieden gekennzeichnet war und der in vielen Ländern der Erde wegen seiner
Solidarität mit den um ihre nationale und politische Freiheit kämpfenden Völkern
respektiert war. Die DDR bot vielen vom Faschismus und Imperialismus Verfolgten
eine neue Heimstatt.
Die DDR
war kein Land in dem „Milch und Honig flossen“. Aber sie war der Beweis, dass
die Werktätigen auch ohne die Kapitalisten zu Großem fähig sind. Sie bauten ein
Land auf, in dem nicht nur die wichtigsten und elementaren Lebensbedingungen
für die breiten Massen gesichert waren. Sie schufen ein international
hochstehendes Bildungs-, Kultur- und Gesundheitssystem, das bis heute
seinesggleichen sucht. Die DDR wurde ein Land, das für die werktätigen Frauen
und Mütter eine Gleichberechtigung verwirklichte, die bis heute Vorbild ist.
Sie schufen einen Staat, in dem niemand Angst um eine warme und bezahlbare
Wohnung und um seine berufliche und familiäre Zukunft haben musste. Die DDR
wurde ein Land, in dem nicht die Interessen der Millionäre, sondern der
Millionen den Maßstab für die Politik der Regierung setzten. Ein Land, das sich
nicht an Kriegen gegen seine Nachbarn oder in fernen neokolonialistischen Kriegen
beteiligte, wie das nach 1990 das „neue“ Deutschland tut.
„Es herrschten nicht mehr die Krupps, die
Siemens, die Henkels, die Porsches, Quandts und Piëchs. Es waren die Müller und
Krause, die Schulze und Schmidt.“
Dies
war kein „angebliches Arbeiterparadies“, wie die antikommunistische Propaganda
höhnisch und abwertend posaunte. Es gab keinen materiellen Überfluss. Dazu
fehlte es sowohl an den ökonomischen Voraussetzungen, wie auch an den
politischen Rahmenbedingungen. Manches blieb Mangelware und unvollendet. Manche
demokratischen und zukunftsorientierten Impulse scheiterten nicht nur an
„objektiven Bedingungen“. Doch die DDR hatte auch auf diesem Gebiet etwas
vorzuweisen, weshalb sie nach dem Willen der deutschen Kapitalisten und
Imperialisten wieder „verschwinden“ musste. Es gab nicht mehr das
kapitalistische Privateigentum an den großen Produktionsmitteln in der
Industrie und es gab nicht mehr das frühere „ostelbische“ Junkertum mit seinem
Großgrundbesitz. Die Betriebe waren in die Hände des Volkes übergegangen; sie
waren „Volkseigene Betriebe“. Grund und Boden gehörten denen, die es bebauten –
den Landwirtschaftlichen Genossenschaftlern. Die Staatsmacht – ausgeübt durch
die Volkskammer im Bündnis der „Nationalen Front“ – lag nicht mehr bei den Millionären
und Milliardären. Es herrschten nicht mehr die Krupps, die Siemens, die
Henkels, die Porsches, Quandts und Piëchs. Es waren die Müller und Krause, die
Schulze und
Schmidt.
Die DDR
war nach ihrem Selbstverständnis ein Land, in dem die Werktätigen die Macht in
den Händen halten und ausüben sollten und nicht die Reichen. Weil die
Kapitalisten enteignet und damit entmachtet waren, konnte eine neue
antifaschistisch-demokratische Ordnung und eine Form der Staatsmacht, die
„Macht der Arbeiter und Bauern“, entstehen, die andere Maßstäbe im Bereich der
Wirtschafts- und Sozialpolitik, der Bildung, der Justiz, der Kultur, der
Beziehung zwischen den Geschlechtern und Generationen, der Außen- und
Verteidigungspolitik entwickelte, als es im Kapitalismus möglich ist. Und was
es nicht gab, das waren Millionen Dauerarbeitslose und um ihre Zukunft
gebrachte „Mini-Jobber“, Hartz-IV-Empfänger oder für immer ausgegrenzte
„Prekarier“. Die DDR war deshalb ein Pfahl im Fleisch des deutschen
Kapitalismus und Imperialismus.
Das
Ende der DDR lässt sich nicht auf einen einzigen Faktor zurückführen. Es gab
innere wie äußere Ursachen, selbst verschuldete und vermeidbare, die mit der
zunehmenden Entfremdung zwischen der führenden Partei und dem Volk, dem
Widerspruch zwischen propagierten Zielen und erlebter Realität sowie ihrer
Sprachlosigkeit gegenüber den Fragen und Unmutsbekundungen aus der Bevölkerung
zusammenhingen. Die Arbeiterklasse und ihre Partei bildeten keine lebendige
Einheit mehr, die Verbindung vor allem zwischen sozialistischem Staat und der
Jugend war zerrissen. Die Partei der Arbeiterklasse verlor – auch durch eigene
Fehler und Mängel – die politische und ideologische Hegemonie und die
Handlungsfähigkeit. So gewannen Illusionen über eine Zukunft mit den sozialen Sicherheiten
der DDR und dem Lebensstandard der BRD überhand.
Bedingt
durch ihren Autoritätsverlust und den Kollaps der Staatsmacht in den
Krisenmonaten des Jahres 1989, die der Konterrevolution des November-Monats
vorausgingen, handelte die Führung der SED kopflos. Sie war außerstande mit den
geeigneten politischen Methoden und auch den vorhandenen Machtmitteln die
Errungenschaften von 40 Jahren revolutionären Aufbaus zu verteidigen. Hinzu
kamen jedoch existentielle aber auch unvermeidbare Faktoren, die vor allem mit
der besonderen Rolle der DDR als eines Vorposten des von der Sowjetunion
dominierten
Bündnisses
der sozialistischen Länder in Europa zusammenhingen.
Die DDR
wurde nicht zuletzt Opfer eines „Kuhhandels“ zwischen den beiden
Vormachtstaaten des imperialistischen „Westens“ und des sozialistischen
„Ostens“ unter aktiver Beteiligung des deutschen Kapitals und seiner
politischen Vertreter. Es war die historische Schuld und der Verrat der
damaligen sowjetischen Führung unter M. Gorbatschow, dass die DDR, wie auch die
anderen sozialistischen Staaten in Europa und ihre Bündnisse, in der Zeit ihrer
Krise ein Bauernopfer in dem globalen strategischen Schachspiel und dem
Arrangement zwischen der selbst in die Krise geratenen Sowjetunion und den USA
wurde.
„Nimmt man die erneut einsetzende
Medienkampagne aus Anlass des „Mauerfalls“ zum Maßstab, so ist die DDR lebendig
wie vor 25 Jahren.“
Und
heute? Nimmt man die erneut einsetzende Medienkampagne aus Anlass des
„Mauerfalls“ zum Maßstab, so ist die DDR lebendig wie vor 25 Jahren. Es ist
trotz aller Versuche zur „Delegitimierung der DDR“ – so der damalige
Justizminister Kinkel (FDP) – nicht gelungen, 40 Jahre Sozialismus auf
deutschem Boden aus dem Gedächtnis auszuradieren. Man könnte fragen: „Wer redet
noch von der FDP? Niemand! Von der DDR reden sie alle!“
Die DKP
hat nach 1990 oft ihre grundsätzliche Auffassung zu dem ersten sozialistischen
Staat auf deutschem Boden in Dokumenten und Be- schlüssen festgelegt. Wir
stehen auch künftig zu unserer Auffassung, dass die DDR die größte
Errungenschaft der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung war. Wir sehen uns
unter dem Eindruck der tiefsten ökonomischen Krise des Kapitalismus in den
Jahren nach 2007 und der verhängnisvollen Rolle, die der deutsche Kapitalismus
und Imperialismus bei der Entfachung und Verschärfung von politischen
Krisenherden und militärischen Konflikten derzeit spielt, in dieser
Einschätzung bestätigt.
Die
Erinnerung an 40 Jahre DDR und ihren 65. Gründungstag sind für uns angesichts
der bedrohlichen Lage in Osteuropa und im Nahen und Mittleren Osten ein
zusätzlicher Grund, das antimilitaristische und antifaschistische Vorbild und
Vermächtnis der DDR wachzuhalten. Von deutschem Boden darf keine militärische
Bedrohung mehr für andere Völker ausgehen. Alle aktuellen Planungen für den
Ausbau der militärischen Komponente der deutschen Außenpolitik müssen sofort
beendet werden. Alle Bundeswehrsoldaten sind von ihren Auslandseinsätzen
zurückzubeordern. Die Bundesrepublik Deutschland muss aus der NATO, dem
imperialistischen Militärpakt, ausscheiden. Alle DDR-Bürger, die wegen ihrer
„besonderen Nähe zu Partei und Staat“ berufliche, juristische und politische
Schikanen, Inhaftierung und andere materielle Nachteile (z. B. in der
Altersversorgung) erlitten und erleiden, sind zu rehabilitieren und in ihren
sozialen Versorgungsansprüchen mit allen anderen Bürgern gleichzustellen.
Der 65.
Jahrestag der Gründung der DDR erinnert uns an die Verpflichtung: „Nie wieder
Faschismus, nie wieder Krieg!“
Und:
„Die Zukunft heißt Sozialismus!“
Erklärung
des Sekretariates des DKP-Parteivorstandes, 29. September 2014 (mit Mehrheit)
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