Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein und nicht einmal
die Hälfte der Wahlberechtigten nahm teil. Mit 46,5 Prozent erreichte
die Wahlbeteiligung ihren bisherigen Tiefststand. Vor fünf Jahren waren
es noch 49,5 Prozent. Besonders groß war der Anteil der Nichtwähler in
traditionellen Arbeiterbezirken. 2008 meinte man, es handle sich um ein
einmaliges Ergebnis, weil Schleswig-Holstein zuvor von einer Großen
Koalition regiert worden war. Dass es noch schlimmer kommen würde,
deutete sich schon bei der Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten
an. Selbst CDU und SPD hatten Mühe, alle Wahlkreise zu besetzen. FDP und
Grüne traten in etlichen Städten und Gemeinden gar nicht erst an. Dabei
war die Aussicht, einen Sitz in einem Kreistag oder in einem lokalen
Parlament zu erringen noch nie so günstig wie diesmal, weil es keine
Fünf-Prozent-Hürde gab.
Viele Mitglieder von Parteien scheuten aber offenbar
vor einer Kandidatur zurück, da die Verschuldung der Kommunen so
angewachsen ist, dass es fast keine Spielräume für Investitionen mehr
gibt. Im Gegenteil verlangen Bund und Länder von den Kommunen, den
Riemen noch enger zu schnallen und bei den Ausgaben den Rotstift
anzusetzen, was in der letzten Legislaturperiode vor allem auf sozialem
und kulturellem Gebiet bereits in großem Maße geschah. Die Proteste der
Bürgerinnen und Bürger bekommen die Politiker vor Ort zu spüren, nicht
die in Berlin oder in der jeweiligen Landeshauptstadt. Und wer möchte
schon von vornherein Prügel beziehen oder sich von Sparkommissaren
vorschreiben lassen, welche Ausgaben getätigt werden dürfen und welche
nicht? Kommunale Selbstverwaltung ist in Deutschland längst zu einem
Schlagwort verkommen. Die Demokratie bleibt auf der Strecke.
Zum Anwachsen der Nichtwählergruppe hat zweifellos
auch das sinkende Ansehen der etablierten Parteien beigetragen, die den
Willen der Bevölkerungsmehrheit missachten und um die dringendsten
sozialen Probleme wie den Mietwucher in den größeren Städten und in der
Metropolregion Hamburg einen Bogen machten. So setzt bereits eine
Vertreibung von Geringverdienern, Rentnern, Erwerbslosen und
Hartz-IV-Empfängern aus ihren Wohngebieten ein, was von der SPD erst
gegen Ende der Legislaturperiode überhaupt wahrgenommen wurde und jetzt
sogar von Frau Merkel thematisiert wird, deren CDU zusammen mit der FDP
kurz vor Weihnachten im Bundestag ein einschneidendes
Mietrechtsänderungsgesetz zugunsten der Immobilienhaie und Vermieter
durchgesetzt hat.
Vom Parteienverdruss profitierten in
Schleswig-Holstein die Freien Wählergemeinschaften, die allerdings
keineswegs überall als politisch unabhängig bezeichnet werden dürfen. In
Kiel und im Kreis Herzogtum Lauenburg traten zum Beispiel
Wählergemeinschaften auf, die von zwei bisherigen NPD-Abgeordneten
angeführt wurden. Beide können ihre Plätze wieder einnehmen, wobei der
Lauenburger mittlerweile seinen Austritt aus der NPD erklärte und nun
mehr als Abgeordneter einer "Rechtsstaatlichen Liga" auftritt. Für die
NPD errangen die Nazis einen Sitz in Neumünster.
Sonst ging sie leer aus, was als wichtigstes Ergebnis
der Kommunalwahlen anzusehen ist. Sogar der NPD-Landesvorsitzende Ingo
Stawitz scheiterte in seiner Heimatstadt Uetersen (Kreis Pinneberg),
obwohl es den Nazis gelang, alle 14 Wahlbezirke in der Stadt zu
besetzen. Am Ende fehlten ihm neun Stimmen zu einem Mandat in der
Ratsversammlung.
Antifaschistinnen und Antifaschisten hatten bis zum
letzten Tag vor der Wahl mit vielfältigen Aktionen gegen die NPD
gekämpft. Unter dem Eindruck dieser Proteste musste der NPD-Vorsitzende
sogar einen Tag vor der Wahl seinen geplanten Infostand auf dem größten
Platz Uetersens absagen. Auch im Pinneberger Kreistag wird es keinen
NPD-Vertreter geben. Dieser Erfolg basiert auf der unermüdlichen Arbeit
der Antifaschisten vom Bündnis gegen rechts, der VVN-BdA und autonomer
Jugendgruppen.
Die Partei "Die Linke" erreichte bei den
Kreistagswahlen 2,9 Prozent der Stimmen, büßte aber gegenüber der Wahl
vor fünf Jahren rund 4 Prozent ein. Am meisten enttäuscht war die Partei
von den Verlusten in der kreisfreien Stadt Lübeck, in der sie vor fünf
Jahren mit 11,7 Prozent ein überdurchschnittliches Ergebnis einfuhr,
diesmal aber nur auf 3,9 Prozent kam. Eine Analyse sollte auf einem
Kreisparteitag erfolgen, dessen Ergebnis bei Redaktionsschluss noch
nicht vorlag. Das beste Wahlergebnis im Land erzielte "Die Linke" in
Wedel (Kreis Pinneberg), wo sie im Bündnis mit DKP-Mitgliedern und
Parteilosen aus dem Friedens- und Antifa-Spektrum auf 6,9 Prozent kam.
Mit zwei Ratsmitgliedern stellt "Die Linke Wedel" wieder eine Fraktion.
Eine wichtige Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit für das Bündnis spielte
die DKP-Ortszeitung "Die Meinung", die im 45. Jahrgang erscheint und
sich seitdem als "kollektiver Agitator, Propagandist und Organisator"
der außerparlamentarischen politischen Linken versteht.
Einen Sitz in der Ratsversammlung büßte "Die Linke" in
Itzehoe ein. Dadurch verlor der DKP-Genosse Volker Blaschke, der auf
Platz zwei der Liste nominiert wurde, sein Mandat. Bemerkenswert sind
noch die 16,9 Prozent der Barmstedter Linken Liste (BALL), die sich aus
der einstigen DKP-Fraktion zu einem linken Bündnis entwickelte. Ihr
Markenzeichen ist die enge Verzahnung von parlamentarischer und
außerparlamentarischer Arbeit, die sich für die Bevölkerung der
9 000-Einwohner-Stadt ausgezahlt hat.
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