Hannes Wader auf dem UZ-Pressefest 2003 - Foto:dkp-online.de |
Hannes Wader wurde am 23. Juni 70 Jahre - es gibt
sicherlich viele Möglichkeiten, diesen runden Geburtstag eines der bekanntesten
und erfolgreichsten deutschen Liedermacher zu würdigen.
Eine
Möglichkeit ist, seinen persönlichen und musikalischen Werdegang biographisch
zu beleuchten. Dieser Werdegang ist allseits bekannt und daher recht einfach zu
skizzieren:
Geboren
1942 in Bethel bei Bielefeld beginnt er nach der Schulzeit eine Ausbildung zum
Dekorateur. Während seiner Ausbildung macht er seine ersten musikalischen
Erfahrungen, erlernt Klarinette und Saxophon. Anfang der 60er Jahre beginnt er,
Gitarre zu spielen und die ersten eigenen Lieder zu schreiben. 1966 hat er dann
seinen ersten großen Auftritt beim Folktreffen auf der Burg Waldeck, und 1969
erscheint schließlich seine erste Schallplatte mit ausschließlich eigenen
Kompositionen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, „Geschichte“. Es folgen
mehr als 30 veröffentlichte Schallplatten und CD´s sowie unzählige Tourneen und
Konzerte im In- und Ausland, und seit inzwischen mehr als 4 Jahrzehnten zählt
Hannes Wader zu den bekanntesten, beliebtesten und erfolgreichsten deutschen
Liedermachern.
Eine
andere Möglichkeit, Hannes Waders 70.Geburtstag zu würdigen ist der Versuch,
seine Bedeutung für die linke und fortschrittliche Bewegung in der BRD als auch
für uns Kommunistinnen und Kommunisten hervorzuheben.
Seit
seinem Eintritt in die DKP 1977 galt Hannes, neben Künstlerkollegen wie
Franz-Josef Degenhardt oder Dieter Süverkrüp, als eine der wichtigsten
kulturellen „Aushängeschilder“ unserer Partei. Es gab kaum größere
überregionale Demos oder Festivals, auf denen Hannes Wader nicht auch fester
Bestandteil war; hervorzuheben sind hierbei insbesondere seine zahlreichen Solidaritätsauftritte
für die kämpfende Arbeiterklasse in der BRD, so u.a. bei Tarifkämpfen, bei den
Aktionen für die 35-Stunden-Woche, bei Betriebsbesetzungen, Massenentlassungen
und Werksschließungen, wie z.B. bei den Howaldswerken – Deutsche Werft (HDW) in
Hamburg in den 80er Jahren. Unvergessen auch seine künstlerischen Beiträge bei
den großen außerparlamentarischen Aktionen in dieser Zeit, hier insbesondere
bei den antimilitaristischen Massenmanifestationen „Krefelder Appell“,
„Künstler für den Frieden“ gegen die Atomraketenstationierungen sowie in der
Anti-AKW-Bewegung und den zahlreichen Protesten gegen die Berufsverbote.
So waren
und sind seine Lieder beileibe nicht nur bei seinen eigenen GenossInnen bekannt
und beliebt, sondern in der gesamten linken und fortschrittlichen Bewegung
dieser Republik. Einige seiner Auftritte als auch seiner Veröffentlichungen
sind legendär – erinnert sei hier beispielsweise an die Schallplatte/CD „Hannes
Wader singt Arbeiterlieder“ aus dem Jahre 1977 sowie an seine Auftritte bei den
UZ-Pressefesten und bei den Festivals der Jugend der SDAJ.
Für
Hannes Wader waren und sind seine Lieder und Texte nie irgendwelche leeren
Lippenbekenntnisse außerhalb jeglicher gesellschaftlicher Bezüge, sondern immer
auch eine Frage des politischen Engagements für eine zukünftige humanistische
und gerechte Gesellschaft: „Wenn wir Dichtersänger singen, nehmen wir immer
auch ein Stück Zukunft vorweg. Vielleicht ist es das, warum wir das
UZ-Volksfest so interessant finden: Es hat dieselbe Eigenschaft.“ So äußerte
sich Hannes Wader 1977 nach einem Auftritt auf dem UZ-Pressefest. Und 1986 sagte
er, weder SPD noch Grüne böten eine Alternative, „weil sie vor der Beantwortung
entscheidender Fragen zurückzucken, z.B. bei der Klassen- und Eigentumsfrage.“
(Beide Zitate nach Michael Kleff, im FOLKER 03.2012).
Hannes Wader auf dem UZ-Pressefest 2003 - Foto:dkp-online.de |
Gerade
wegen dieses konsequenten politischen Eintretens für eine linke und
sozialistische Kultur wird Hannes bis heute mit einem weitreichenden Medienboykott
belegt und sehr selten im Rundfunk gespielt geschweige denn im TV gezeigt.
Nicht
zuletzt ist es auch ein ganz besonderer Verdienst von Hannes Wader, dass er mit
seinen Interpretationen von plattdeutschen Liedern und den Volksliedern aus der
Zeit der demokratischen Revolution um 1848 diese Lieder aus der reaktionären
und völkischen „Ecke“ herausgeholt hat.
Seinen
Austritt aus der DKP 1991 haben ihm seinerzeit viele nicht verziehen, und manch
Eine/r tut dies auch heute noch nicht. Wie bei Millionen Menschen weltweit, so
saß auch bei Hannes die Enttäuschung über die flächendeckende Niederlage des
sozialistischen Lagers sowie die in diesem Zuge in den Medien in aller
Ausführlichkeit genüsslich ausgebreiteten tatsächlichen oder angeblichen
Verfehlungen der real existierenden sozialistischen Staaten offenbar sehr tief,
und der Austritt aus der DKP erschien ihm als der für ihn richtige Weg, Abstand
von all dem zu gewinnen. Viele andere Weggefährten zogen dieselbe Konsequenz
und kehrten ihrer kommunistischen Partei den Rücken, viele andere jedoch, wie
beispielsweise Franz-Josef Degenhardt, wählten einen anderen Weg und versuchten
in den Folgejahren innerhalb der Partei und der linken Strukturen diese
historische Niederlage der sozialistischen Staatengemeinschaft zu analysieren
und die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen.
Trotz
aller Verbitterung und trotz seines Austritts aus der DKP hat Hannes Wader
nicht, wie so viele Andere, den linken Ideen und der grundsätzlichen Kritik an
den in der BRD herrschenden Verhältnissen abgeschworen. Er ist auch in den
zurückliegenden 20 Jahren immer ein überzeugter Linker und „kritischer Geist“
geblieben, und er hat stets den persönlichen Kontakt zu vielen seiner
ehemaligen Kampfgefährten behalten. An seiner politischen Grundhaltung hat sich
nichts geändert: „Meine Grundüberzeugung ist eine sozialistische! (… ) Ich habe
eingesehen, dass jemand, der sich in die Öffentlichkeit begibt, sich stellen
muss“ (Zitat nach Michael Kleff, im FOLKER 03.2012).
Auch
wenn in den 90er Jahren seine Lieder nicht mehr vorrangig politische Themen,
sondern Themen des Alltags behandelten und poetisch-lyrisch anmuten, so hat er
sich dennoch auch in dieser Zeit weiterhin mit der politischen Realität in der
BRD auseinandergesetzt und diese in etlichen Liedern verarbeitet.
2001
nahm Hannes gemeinsam mit Konstantin Wecker eine Live-CD auf, auf der dann auch
wieder einige der beliebtesten Wader-Lieder aus den 70er und 80er Jahren, wie
„Gut wieder hier zu sein“ und „Bella Ciao“ zu finden sind, sowie auch das
kraftvolle und von den beiden Künstlern beeindruckend vorgetragene Wecker-Lied
„Sag Nein“. In den Folgejahren wurden dann die neuen Wader-CD´s wieder
politischer und engagierter, und 2003 kam es dann zu dem von vielen Genossinnen
und Genossen so lange erhofften „Comeback“ von Hannes Wader auf dem
UZ-Pressefest in Dortmund. 12 Jahre nach seinem Parteiaustritt trat er
erstmalig wieder bei der DKP auf, und eine riesige Menschenmenge vor der
Open-Air-Bühne in Dortmund-Wischlingen dankte es ihm mit großem Beifall und
stehenden Ovationen.
„Trotz
alledem“ – dieser Titel eines der bekanntesten und beliebtesten Wader-Songs
trifft auch auf den politischen Werdegang von Hannes selber zu. Trotz 1991 und
zunehmendem Antikommunismus, trotz europaweit erstarkendem Neofaschismus und
verstärkter Repression nach innen – es kam auch bei unserem „Geburtstagskind“
letztlich dazu, dass er sich und seiner politischen Ausrichtung treu blieb und
sich erneut „die Furcht in Widerstand„ wandelte, auch wenn er es vorzieht, dies
außerhalb irgendwelcher Parteistrukturen zu tun. Er geht weiterhin seinen ganz
persönlichen Weg, und nicht ohne Grund trifft man auch weiterhin auf seinen
Konzerten, wo auch immer er auftritt, viele Mitglieder von DKP und der Partei
„Die Linke“, linke GewerkschafterInnen sowie Menschen aus der Friedens- und
Antifabewegung.
Foto:dkp-online.de |
Hannes
Wader hat der linken Bewegung und all den „kleinen Leuten“ in diesem Land viele
Jahrzehnte lang Mut, Hoffnung und Stärke vermittelt, und viele Jahre lang hatte
er in unserer Partei mit uns allen gemeinsam für eine sozialistische Zukunft
gekämpft – für all das gebührt ihm Dank und Anerkennung!
Ich
wünsche ihm vor allem, dass er noch viele weitere Jahre die Bühnen und sein
Publikum erobert und dass ihm die Hoffnung auf eine bessere Zukunft sowie das
Vertrauen darauf, dass wir alle mit vereinten Kräften diesen Kapitalismus
überwinden können und werden, erhalten bleibt.
In
diesem Sinne:
Lieber Hannes: Herzliche Glückwünsche
zum 70.Geburtstag!
aus: "UZ - unsere Zeit, Nr. 25, 22. Juni 2012
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