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Anläßlich der gestrigen Zustimmung des Deutschen Bundestages zum erneuten EU-Bankenrettungsschirm ESM veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Vortrag von Willi Gerns bei
der Marxistischen Abendschule (MASCH) Bremen vom 10.Januar 2012, welcher die Zusammenhänge des kapitalistischen Wirtschaftssystems, seiner imperialistischer Politik und Krisen sehr gut beleuchtet.
Wir sind Zeitzeugen
imperialistischer Kriege im Irak, in Afghanistan, in Libyen. Ein weiterer Krieg
wird gegen den Iran vorbereitet. Wie in den imperialistischen Kriegen des 20.
Jahrhunderts geht es um die Beherrschung von Rohstoffquellen, heute konkret um
das Öl als den nur begrenzt vorhandenen Lebenssaft der Wirtschaft und der
Militärapparate, um die Kolonisierung von Ländern und Regionen, um das Streben
nach Vor- und Weltherrschaft.
Diese Kriege stellen – wie
schon in den Debatten Anfang des letzten Jahrhunderts – die Frage nach den
strukturellen ökonomischen Wurzeln imperialistischer Kriegs- und
Eroberungspolitik. Diese hat vor allem Lenin in seiner Imperialismustheorie
herausgearbeitet. Sich damit zu beschäftigen ist also brennend aktuell. Die
besondere Aktualität dieser Thematik hat aber auch noch einen anderen Grund.
Seit einigen Jahren gibt es in der marxistischen Linken eine heftige Debatte
über die häufig mit den Begriffen „Globalisierung“ und „Neoliberalismus“
verbundenen neuen Entwicklungen im heutigen Kapitalismus. Dabei nimmt die
Frage, ob und wieweit diese mit der Imperialismustheorie Lenins zu erfassen
sind, einen zentralen Platz ein.
Lenins Arbeit "Der
Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus" wurde während des
ersten imperialistischen Weltkrieges 1916 geschrieben und 1917 als Broschüre
veröffentlicht. Seit dieser Zeit sind beinahe hundert Jahre vergangen. Ein
zweiter, noch verheerenderer Weltkrieg hat stattgefunden. Mit der russischen
Oktoberrevolution im Gefolge des ersten und der Herausbildung eines
sozialistischen Weltsystems im Gefolge des zweiten Weltkrieges wurde die
Fortexistenz des Kapitalismus ernsthaft infrage gestellt, das alte
imperialistische Kolonialsystem ist zusammengebrochen, im Interesse der
Erhaltung der kapitalistischen Ausbeuterordnung wurden die Herrschenden in den
Metropolen gezwungen weitgehende soziale Zugeständnisse an die Arbeiterklasse
ihrer Länder zu machen, mit der wissenschaftlich-technischen Revolution hat ein
neuer
qualitativer Schub in der
Produktivkraftentwicklung eingesetzt, Struktur und Lebensweise der
Arbeiterklasse haben sich tiefgehend verändert. Schließlich bedeutet die Niederlage
der Sowjetunion und der sozialistischen Länder Europas in der
Systemauseinandersetzung mit dem Imperialismus einen tiefen Einschnitt in der
geschichtlichen Entwicklung, der gravierende Auswirkungen auf die Prozesse im
heutigen Kapitalismus hat.
W. I. Lenin |
Es liegt auf der Hand, dass
nach alledem in Lenins Schrift über den Imperialismus manches nicht mehr mit
der heutigen Wirklichkeit übereinstimmen kann. Darum ist es notwendig, bei
deren Studium zwischen konkreten, der damaligen Zeit entnommenen Daten und Fakten
und dem Wesen dieses Entwicklungsstadiums des Kapitalismus zu unterscheiden.
Lasst uns darum zunächst
noch einmal die grundlegenden von Lenin herausgearbeiteten Merkmale des
Imperialismus benennen, um daran im Weiteren die Entwicklungen im heutigen Kapitalismus
zu messen.
Als ökonomisches
Grundmerkmal benennt Lenin die Herausbildung der Monopole, also der die
Produktion und den Markt in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen weitgehend
beherrschenden Zusammenschlüsse und Großunternehmen. Lenin schreibt:
"Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so
müsste man sagen, dass der Imperialismus das monopolistische Stadium des
Kapitalismus ist."
Seine ausführlichere,
weitere ökonomische und politische Zusammenhänge erfassende Definition lautet:
"1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe
Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopole schafft, die im
Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des
Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung
einer Finanzoligarchie auf
der Basis dieses 'Finanzkapitals'; 3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom
Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich
internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich
teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen
Großmächte ist beendet." (LW 22,270271)
Lenin verweist auf die vom
Monopol ausgehende unvermeidliche Tendenz zur Stagnation und Fäulnis"
(281). Entgegen früheren vulgären Auslegungen dieser Feststellung sagt er aber
zugleich: "Es wäre ein Fehler, zu glauben, dass diese Fäulnistendenz ein
rasches Wachstum des Kapitalismus ausschließt; durchaus nicht, einzelne
Industriezweige, einzelne Schichten der Bourgeoisie und einzelne Länder
offenbaren in der Epoche des Imperialismus mehr oder minder stark bald die
eine, bald die andere dieser Tendenzen. Im großen und ganzen wächst der
Kapitalismus bedeutend schneller als früher, aber dieses Wachstum wird nicht
nur im allgemeinen immer ungleichmäßiger, sondern die Ungleichmäßigkeit äußert
sich auch im besonderen in der Fäulnis der kapitalkräftigsten Länder. Als das
typische Beispiel für die damalige Zeit nennt er England.von (305/306)
Als Erscheinungsformen der
Fäulnistendenz werden u.a. "das außergewöhnliche Anwachsen der Klasse
oder, richtiger, der Schicht der Rentner, d.h. von Personen, die vom
'Kuponabschneiden' leben“, (281) und die Herausbildung von ganzen
"Rentner- oder Wucherstaaten" (282 ff.), genannt. Als weiteren
Ausdruck der Fäulnis wird auf die aus der Ausplünderung der kolonialen und
abhängigen Länder für eine Handvoll der reichsten Länder erwachsende
"ökonomische Möglichkeit zur Bestechung der Oberschichten des Proletariats
verwiesen, mit der der Opportunismus in der Arbeiterbewegung genährt, geformt
und gefestigt wird. (286)
Weiter arbeitet Lenin
heraus, dass der Imperialismus ausgehend von seinem ökonomischen Grundmerkmal,
der Herrschaft allmächtiger Monopole, unvermeidlich die Tendenz zur Aggression
nach außen und zur Reaktion nach innen hervorbringt.
Er schreibt: "Der
Imperialismus ist die Epoche des Finanzkapitals und der Monopole, die
Überallhin den Drang nach Herrschaft und nicht nach Freiheit tragen. Reaktion
auf der ganzen Linie, gleichviel unter welchem politischen System, äußerste
Zuspitzung der Gegensätze auch auf diesem Gebiet - das ist das Ergebnis dieser
Tendenzen. Insbesondere verschärfen sich auch die nationale Unterdrückung und
der Drang nach Annexionen ..." (302) Und im Vorwort zur französischen und
deutschen Ausgabe seiner Schrift wird betont, dass auf der Grundlage des
Monopolkapitalismus "imperialistische Kriege absolut unvermeidlich sind“.
(194)
Schließlich kommt Lenin im
Ergebnis seiner Studien zu dem Schluss, dass der Platz des Imperialismus in der
Geschichte infolge seines ökonomischen Wesens, der Herausbildung der Monopole
und der damit verbundenen Stufe der Vergesellschaftung, "als
Übergangskapitalismus oder, richtiger, als sterbender Kapitalismus" (307)
charakterisiert werden muss. Von daher auch der Titel seiner Schrift: "Der
Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus".
Liebe Freundinnen und
Freunde, Genossinnen und Genossen!
Wenden wir uns nach dieser
knappen Charakterisierung des Wesens der Imperialismustheorie Lenins den
aktuellen Entwicklungen im Kapitalismus zu. Sie werden häufig unter dem Begriff
"Globalisierung" zusammengefasst. Dabei geht es um eine neue Stufe
der kapitalistischen Internationalisierung.
Sie vollzieht sich auf dem
Hintergrund revolutionärer Veränderungen in den Produktivkräften.
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Seit Mitte der siebziger
Jahre mehrten sich die Krisenerscheinungen in den kapitalistischen Ländern, die
nun in der gegenwärtigen Weltfinanz- und – Wirtschaftskrise mit eruptiver
Gewalt zum Ausbruch gekommen sind. Großkapital und Staat versuchten dadurch
einen Ausweg zu finden, dass im Akkumulationsmodell die Bedeutung der
Binnennachfrage zurückgedrängt und ein Wechsel zum absoluten Vorrang der
Weltmarktorientierung vollzogen wurde. Die letzten Schranken der nationalen
Märkte wurden geschleift. Der Weltmarkt wurde immer mehr zu einem
einheitlichen, den ganzen Globus erfassenden Feld kapitalistischer Konkurrenz.
Bei der neuen Stufe der Internationalisierung geht es nicht mehr nur um die
weltweite Verflechtung des Handels und der Märkte. Die neuen
Kommunikationstechnologien ermöglichen heute die blitzschnelle Vernetzung des
Produktionsprozesses und der Finanzströme über den ganzen Globus.
Die Globalisierung treibt
die Tendenz der Konzentration und Zentralisation der Produktion und des
Kapitals auf die Spitze. Sie führt mit immer neuen Länder und Kontinente
übergreifenden Fusionen zu Elefantenhochzeiten von bis dahin nicht gekannten
Ausmaßen. Im Zentrum der Konzentrations- und Zentralisationsprozesse stehen die
Transnationalen Konzerne (TNK).
Die Transnationalen Konzerne
sind zu den beherrschenden Kapitalien auf dem Weltmarkt geworden. Sie
verflechten den Produktionsprozess in weltweiten Netzen nach den für sie
günstigsten Verwertungsbedingungen. Die UNSTAD zählte 2008 79.000 TNKs mit
790.000 Filialen in aller Welt. Nach einer Studie der Eidgenössischen
Technischen Hochschule in Zürich
bilden allerdings nur 147
TNKs das eigentliche Machtzentrum des internationalen Kapitals. Sie
kontrollieren mehr als 40 Prozent der von den Forschern unter die Lupe genommenen
größten internationalen Unternehmen.
Das macht deutlich: Die
Transnationalen Konzerne haben eine Macht erlangt, von der Lenin zu seiner Zeit
nicht einmal träumen konnte. Umsatz und Profite transnationaler Konzerne
übersteigen heute das Bruttosozialprodukt oder zumindest die Haushalte ganzer
Staaten. Sie können die Wirtschaftspolitik von Staaten durchkreuzen und diese
erpressen. Die Staaten werden in einen erbarmungslosen Konkurrenzkampf um die
für die transnationalen Konzerne profitabelsten Konditionen verstrickt.
Im Ergebnis der heutigen
Konzentrations- und Zentralisationsprozesse bildet sich eine neue, noch höhere
Stufe der Monopolisierung und der damit verbundenen Vergesellschaftung heraus.
Noch mehr als zu Lenins Zeiten gilt, dass damit die materiellen Voraussetzungen
für die Ablösung des Kapitalismus durch eine höhere Gesellschaftsformation, den
Sozialismus geschaffen werden, dass der Imperialismus das "höchste Stadium
des Kapitalismus", "Übergangskapitalismus" ist.
Die transnationalen Konzerne
treiben die Transnationalisierung der Arbeit voran. Bei der Jagd nach
Höchstprofiten sucht das Kapital weltweit die billigste Arbeitskraft. So wird
Druck auf die besserbezahlte, geschützte und organisierte Arbeit in den
Metropolen ausgeübt. Die jeweiligen nationalen Abteilungen der Arbeiterklasse
sollen miteinander konkurrieren, die schlechtesten sozialen Bedingungen sollen
zum Maßstab, weltweites Lohn- und Sozialdumping soll durchgesetzt werden.
Mit den sich im Zuge der
Globalisierung im Banken- und Versicherungsbereich vollziehenden Großfusionen,
mit dem enorm gewachsenen Einfluss der daraus hervorgehenden Finanzgiganten auf
alle Bereiche des Wirtschaftslebens, mit der infolge der enormen Staatsschuld
gewachsenen Abhängigkeit der Staaten von den Banken, mit der Vernetzung der
internationalen Finanzströme, und der Finanzspekulation hat das Finanzkapital
eine neue Stufe seiner Macht erreicht. Ausdruck dafür ist auch, dass nach der
genannten Studie der schweizer Forscher drei Viertel der 50 einflussreichsten
Konzerne in der Welt Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen sind.
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Täglich wird heute die
unvorstellbare Summe von rund 1,5 bis 2 Billionen Dollar auf den Finanzmärkten
hin- und hergeschoben. Höchstens 5 Prozent dieser Transaktionen gehen dabei auf
die Abrechnung des Waren- und Dienstleistungsumschlags. Alles andere ist rein
spekulativ. Dabei geht es nicht nur um Währungs- und Aktienspekulationen.
Vielmehr ist ein immer umfangreicher werdendes Arsenal von ausschließlich
spekulativer Zockerei dienenden neuen Finanzprodukten entstanden. Wohin das
führt, hat die gegenwärtige kapitalistische Weltwirtschaftskrise deutlich
gemacht. Schließlich hat sie als Krise des Weltfinanzsystems begonnen.
Die heutige Macht des
Finanzkapitals wird uns täglich in den Medien vor Augen geführt. Geradezu
gebetsmühlenartig verkünden Politiker und sog. Wirtschaftsexperten dass es
darum gehe, die „Finanzmärkte“ – sprich die Spekulanten – zu beruhigen, dass es
darum gehe zu beachten, wie die Finanzmärkte auf diese oder jene politische
Entscheidung reagieren usw. Das heißt, nicht die gewählten Parlamente und
Regierungen entscheiden letztlich über die Politik, sondern sie richten ihre
Politik an dem aus was die Spekulanten von ihnen erwarten.
Die von Lenin beschriebene
Bedeutung des Kapitalexports hat mit der Globalisierung und der neuen Stufe der
Konzentration und Zentralisation auf transnationaler Ebene ein noch größeres
Gewicht erlangt. Allerdings haben wir es auch dabei mit gewissen neuen
Tendenzen zu tun. Ein immer größerer Teil der Auslandsinvestitionen dient nicht
mehr dem Aufbau neuer Produktionsanlagen, Finanz-, Dienstleistungs- und
Handelsunternehmen, sondern dem Aufkauf bzw. der Beteiligung an bereits
existierenden.
Eine andere neue Tendenz
betrifft die Richtung der Kapitalströme. Die Ausländischen Direktinvestitionen
kommen zum weit überwiegenden Teil aus den entwickelten kapitalistischen
Ländern der sog. Triade, d.h. USA, EU und Japan und sie gehen auch weit
überwiegend in diese Länder. Zugleich wächst der Anteil der Schwellenländer. So
sind 2007 zwei Drittel des 1,8 Billionen Dollar betragenden Zuwachses
Ausländischer Direktinvestitionen in die entwickelten Industrieländer und ein
Drittel in die Schwellen- und Entwicklungsländer gegangen.
Wenn Lenin die von der Herrschaft
der Monopole ausgehende Fäulnistendenz des Kapitalismus mit der Entstehung
einer Schicht von "Kuponabschneidern", sowie der Bestechung einer
Arbeiteraristokratie verdeutlicht, so haben wir es auch hier mit der
Fortsetzung dieser Tendenzen auf höherem Niveau zu tun. Die Schicht der
Kuponabschneider, d.h. derjenigen, die die Profite aus ihrem Geld-, Aktien- und
Fondbesitz abschöpfen, ist seit Lenins Zeiten nicht nur enorm gewachsen, vor
allem hat sie vermittelt über Banken, Fonds und andere sog. institutionelle
Anleger eine weit größere Macht erlangt. Im heutigen
Shareholder-Value-Kapitalismus bestimmt die Höhe der Aktienkurse und Dividenden
über Zufluss oder Abfluss von Kapital, über Produktionserweiterungen oder
Betriebsschließungen, über Wohl und Wehe von zehn- und
Hunderttausenden Arbeitern und Angestellten, ja ganzer Staaten.
Willi Gerns - Foto: DKP Lübeck / Ostholstein |
Wurde zu Lenins Zeiten mit
Brosamen vom reichgedeckten Tisch der Kolonialprofite nur ein privilegierter
Teil der Arbeiterklasse in den sog. Mutterländern bestochen, so hat heute
praktisch die ganze Arbeiterklasse in den imperialistischen Metropolen mehr
oder weniger Anteil an der Ausplünderung der weniger entwickelten Länder. Der
hohe materielle Lebensstandard der arbeitenden Menschen in den Metropolen
beruht zu einem beträchtlichen Teil auf der besonders brutalen Ausbeutung ihrer
Klassengenossen in den Ländern der Peripherie, die für Hungerlöhne schuften
müssen damit die dort erzeugten Produkte trotz Superprofite der Konzerne zu
äußerst niedrigen Preisen in den Metropolen auf die Märkte geworfen werden
können.
Die Basis für den
Opportunismus in der Arbeiterbewegung der Metropolen wurde bedeutend
ausgeweitet. Wenn Lenin feststellt: "Der Imperialismus hat die Tendenz,
auch unter den Arbeitern privilegierte Kategorien auszusondern und sie von der
großen Masse des Proletariats abzuspalten" (288), so muss dies heute auf
eine Welt bezogen werden, in der die große Masse des Proletariats in den
weniger entwickelten Ländern lebt und arbeitet, bzw. von Arbeitslosigkeit
betroffen ist. Einen Nährboden für den Opportunismus bildet auch der Besitz von
Aktien und Fondsanteilen bei einer größer werdenden Schicht gut verdienender
Arbeiter und Angestellten in den Metropolen.
Dort wo Lenin über den
Zusammenhang von Imperialismus und Opportunismus spricht, ist auch von der
Arbeiterbürokratie die Rede. Gemeint sind damit von der Arbeiterklasse
abgehobene opportunistische Funktionäre der Arbeiterbewegung. Auch das dazu
ausgeführte findet im
heutigen Kapitalismus in
neuer Dimension seine Bestätigung. So haben wir es in der Bundesrepublik heute
mit einer breiten Schicht von sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen
Funktionsträgern zu tun, die auf den verschiedenen Ebenen politisch und
materiell in den kapitalistischen Staat integriert und vielfach auch über
Aufsichtsratstantiemen, Dividenden aus Aktienbesitz, Fondsgewinnen u.a. durch
ökonomische Fäden mit dem Monopolkapital verbunden sind.
Lenin schreibt: "Der
Opportunismus kann jetzt nicht mehr in der Arbeiterbewegung irgendeines Landes
auf eine lange Reihe von Jahrzehnten hinaus völlig Sieger bleiben, so wie er in
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England gesiegt hatte; in einer
Reihe von Ländern ist der Opportunismus vielmehr reif, überreif geworden und in
Fäulnis übergegangen, da er sich als Sozialchauvinismus mit der bürgerlichen
Politik restlos verschmolzen hat." (290)
Völlig zutreffend ist die
Feststellung, dass der Opportunismus in Fäulnis übergegangen und sich restlos
mit der bürgerlichen Politik verschmolzen hat. Wenn es dazu noch eines Beweises
bedurft hätte, dann würde er durch die "neoliberale", unsoziale, auf
die Profit- und Machtinteressen der Monopolbourgeoisie ausgerichtete
Politikkonzeption der Sozialdemokratie erbracht, wie sie von der
Schröder-Regierung mit der Agenda 2010, Harz IV usw. praktiziert und dann in
der Großen Koalition mit der Rente mit 67 und anderen Maßnahmen fortgesetzt
wurde. Mit der Teilnahme am Überfall der NATO auf Jugoslawien, der mittelbaren
Unterstützung der US-Aggression gegen den Irak und ihrer Rolle im
Afghanistan-Krieg ist die SPD zugleich zu einer imperialistischen Kriegspartei
verkommen.
Die Aussage, der
Opportunismus kann jetzt nicht mehr in der Arbeiterbewegung irgendeines Landes
auf eine lange Reihe von Jahrzehnten hinaus völlig Sieger bleiben, hat die
Geschichte dagegen nicht bestätigt. Der Einfluss des Opportunismus ist heute
größer als jemals zuvor. Es ist dies ein wesentlicher Grund dafür, dass sich
auch Lenins These vom Imperialismus als Vorabend der proletarischen Revolution
in dem Sinne verstanden, dass die proletarische Revolution als Weltrevolution
innerhalb kurzer Frist bevorstünde – und so haben die Kommunisten sie damals
verstanden – nicht bestätigt hat. Gesiegt hat damals die russische
Oktoberrevolution. Nach dem zweiten Weltkrieg kamen einige Länder in Europa und
Asien hinzu, später auch die kubanische Revolution. Die Weltrevolution ist
jedoch ausgeblieben. Neben dem Sieg des Opportunismus spielt dabei sowohl der
Umstand eine Rolle, dass der Sieg der Oktoberrevolution wie die sozialistischen
Umwälzungen nach dem zweiten Weltkrieg die imperialistischen Metropolen zu
weitgehenden sozialen Zugeständnissen an die Arbeiterklasse dieser Länder
gezwungen hat wie auch die Unterdrückung revolutionärer Bewegungen mit
militärischer Gewalt oder der drohenden militärischen Gewalt des Imperialismus.
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Zutreffend bleibt dagegen,
dass der Imperialismus als Monopolkapitalismus das höchste Stadium des
Kapitalismus ist. Innerhalb dieses Stadiums vollziehen sich gewichtige
Veränderungen, ein Kapitalismus der über das Monopol hinausgeht, ist jedoch
nicht vorstellbar. Jenseits des kapitalistischen Monopols liegen sozialistische
Produktionsverhältnisse und die müssen durch die proletarische Revolution
durchgesetzt werden.
Schließlich hat Lenin die
sich mit der Macht der Monopole entfaltende Tendenz des Imperialismus zur
Aggression nach außen und zur Reaktion nach innen herausgearbeitet. Mit der
Globalisierung ist nicht nur die Macht der
Monopole mit den
transnationalen Konzernen unermesslich gewachsen, auch die Tendenz zur
Aggression und Reaktion hat sich verstärkt.
Durch die von der
Herausbildung eines sozialistischen Weltsystems und dem Zusammenbruch des
imperialistischen Kolonialsystems nach dem zweiten Weltkrieg ausgehenden
Gefahren für den Fortbestand der kapitalistischen Ausbeuterordnung sind die
zwischenimperialistischen Widersprüche zeitweilig hinter die gemeinsamen
Interessen gegenüber dem Weltsozialismus und den nationalen
Befreiungsbewegungen zurückgetreten. Nach dem Zusammenbruch und der Zerschlagung
des Sozialismus in der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern in
Europa treten sie wieder deutlicher hervor.
Allerdings gibt es nach wie
vor verbindende Interessen. So besteht für die imperialistischen Metropolen
heute eine gemeinsame Hauptaufgabe der Außenpolitik darin, die letzten
Hindernisse für die totale Beherrschung des Weltmarktes und der wichtigsten
Rohstoffressourcen durch die transnationalen Konzerne aus dem Wege zu räumen.
Wo ökonomische Hebel nicht die gewünschte Wirkung bringen, wird die
imperialistische Militärmaschine in Bewegung gesetzt. Der von den USA
dominierte aggressive Militärpakt NATO setzt sich rigoros über das Völkerrecht
hinweg, souveräne Staaten, die sich nicht dem Diktat der NATO beugen, werden
bombardiert oder okkupiert. An den letztlich dahinter stehenden Interessen
lässt die Militärdoktrin der Bundeswehr keinen Zweifel: Mit schnellen
Eingreiftruppen, Krisenreaktionskräften und der Umrüstung auf weltweite
Einsätze soll der "freie Zugang zu den Märkten und Rohstoffquellen
gesichert" werden. Nach der Souveränität der Staaten, um deren Märkte und
Rohstoffquellen es geht, wird nicht gefragt.
Besonders deutlich wird das
aggressive Wesen des Imperialismus in der Politik des US-Imperialismus. Schon
Anfang der 90er Jahre hat der damalige US-Präsident Bush sen. bekanntlich auf
dem Hintergrund der Niederlage des Sozialismus die Forderung nach einer
USA-dominierten „neuen Weltordnung“ erhoben.
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Dies bedeutet, wie Ernst
Woit im Sonderheft der Marxistischen Blätter zum Irakkrieg schrieb, „die
Infragestellung der bestehenden oder ´Alten Weltordnung´, und das ist jene, die
im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges auf der Grundlage der Charta der Vereinten
Nationen errichtet wurde. Entsprechend Artikel 2 der UN-Charta beruht diese Weltordnung
´auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder´ und
darauf, dass alle diese Mitglieder ´in ihren internationalen Beziehungen jede
gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines
Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen
unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt´ unterlassen.
Wie der Autor feststellt,
hatten die USA nie ein positives Verhältnis zu diesen grundlegenden
Verpflichtungen der UN-Charta. Sie haben sie wiederholt gebrochen, unter
anderem in dem von der UNO nicht sanktionierten Überfall auf Jugoslawien. Wenn
dieser noch von ihren Verbündeten in der NATO unterstützt wurde, so bestand die
neue Qualität der Aggression gegen den Irak darin, dass diese nicht nur ohne
UN-Mandat, sondern auch gegen den Willen so wichtiger Verbündeter wie
Frankreich, Deutschland u.a. erfolgte. In Afghanistan ziehen die wichtigsten
imperialistischen Staaten allerdings wieder eindeutiger an einem Strang,
während im Libyenkrieg wieder Differenzen deutlicher wurden.
Die Widersprüche und
Rivalitäten zwischen den imperialistischen Metropolen werden weiter zunehmen.
Allerdings wird der mit der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung im Imperialismus
zusammenhängende Kampf um die Neuaufteilung der Welt und der Einflusssphären
heute noch in erster Linie mit ökonomischen und politischen Waffen oder aber
mit "Stellvertreterkriegen" ausgetragen, die von anderen Ländern
gegeneinander geführt bzw. in Bürgerkriegen ausgefochten werden.
Mit einem Weltkrieg zwischen
den imperialistischen Metropolen ist meiner Überzeugung nach in der absehbar
nächsten Zeit nicht zu rechnen. Dafür sehe ich vor allem drei Gründe: erstens
die heute noch bestehende absolute militärische Überlegenheit der USA gegenüber
den anderen Metropolen und imperialistischen Zentren; zweitens die Gefahr, dass
ein solcher Krieg zum alles vernichtenden Atomkrieg werden könnte; und drittens
den Umstand, dass die Transnationalen Konzerne in ihren Interessen heute häufig
mit mehreren Staaten und Staatengruppen direkt verbunden sind, was dem
Austragen von Konflikten zwischen diesen Staaten mit Hilfe eines Weltkrieges in
einem gewissen Maße entgegenwirkt.
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Das alles heißt allerdings
nicht, dass in der weiteren Perspektive mit der Veränderung der ökonomischen
und militärischen Kräfteverhältnisse, mit der Zuspitzung des Kampfes um die
immer begrenzter werdenden Rohstoffquellen und um Vorherrschaft in der Welt,
nicht auch die Gefahr eines Krieges zwischen den imperialistischen Metropolen
wieder akut werden kann. Auf diese Möglichkeit wurde bereits 1992 in einer als
"No-Rivals-Plan" bekannt geworden Studie des Pentagon hingewiesen,
die als Begründung für die weitere forcierte Rüstung der USA nach dem Ende des
kalten Krieges diente. Dort heißt es: "Wir müssen versuchen zu verhüten,
dass irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen -
unter gefestigter Kontrolle - ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu
schaffen. Solche Regionen sind Westeuropa, Ostasien, das Gebiet der früheren
Sowjetunion und Südwestasien... Wir müssen unsere Strategie jetzt darauf
konzentrieren, dem Aufstieg jedes möglichen Konkurrenten globaler Dimension
zuvorzukommen." (Zitiert nach isw-Report Nr.40, Welt-Sheriff NATO, S.22)
Und die "Quadrenial
Defense Review" kommt zu dem Ergebnis, dass man sich in der Zeit nach 2015
auf Großmachtkonflikte einzustellen habe, "falls regionale Großmächte mit
den USA in Konkurrenz um den Vorrang in der Weltpolitik eintreten". Als
mögliche globale Konkurrenten werden Russland und China aufgeführt. (Zitiert
nach ebenda, S.23) Und in der Tat sehe ich für die absehbar nächste Zeit eine
besonders große Bedrohung für den Frieden in der militärischen
Einkreisungspolitik der NATO gegen Russland und China. Was China betrifft, so
machen US-Militärs und –Politiker im Zusammenhang mit den aktuellen Plänen zur
Umgruppierung der US-Streitkräfte in aller Welt keinen Hehl daraus, dass sie in
China den Hauptgegner des US-Imperialismus sehen.
Für die weitere Entwicklung
ist allerdings auch ein militärischer Konflikt zwischen den USA und den anderen
beiden imperialistischen Zentren nicht auszuschließen. Wie wir gesehen haben
wird insbesondere Westeuropa im "No-Rivals-Plan" ausdrücklich als ein
potentieller Rivale der USA im Kampf um die Weltherrschaft genannt.
Globalisierung bedeutet also
keineswegs, dass der Imperialismus friedlicher, und die von ihm ausgehende
Kriegsgefahr geringer wird. Ganz im Gegenteil! Machen US-Politiker doch in
ihrer zynischen Offenheit aus dem Zusammenhang zwischen imperialistischer
Globalisierung, neuer Weltordnung und Krieg keinen Hehl. So schrieb der
ehemalige Staatssekretär und Berater Madeleine Albrights am Tag, an dem die
NATO unter Führung der USA ihren Angriffskrieg gegen Jugoslawien begann, in der
New York Times: - Zitat - „Damit die Globalisierung funktioniert, darf Amerika
sich nicht scheuen, als die allmächtige Supermacht zu handeln, die es ist.
Die unsichtbare Hand des
Marktes wird nie ohne den F-15-Konstrukteur McDonnel-Douglas funktionieren. Und
die unsichtbare Faust, die dafür sorgt, dass die Welt für McDonalds
Niederlassungen und Silicon-Valley- Technologien sicher ist, heißt US-Army,
Navy, Air Force und Marine Corps.“(NYT, 28.3.99) Mit Illusionen, dass der
Imperialismus im Zuge der weiteren Entwicklung friedlicher werden könne, wie
sie seinerzeit von Kautsky mit der Theorie des "Ultra-Imperialismus"
verbreitet wurden, hat sich Lenin schon in seiner Schrift zum Imperialismus
auseinandergesetzt. Es gibt keinen Grund, sich heute solchen Illusionen hinzugeben.
Die Tendenz des
Imperialismus zur Reaktion im Innern, die Lenin herausarbeitet, findet in der
Bundesrepublik ihren Ausdruck in den Angriffen auf die sozialen und
demokratischen Errungenschaften. Mit Lohndruck, Deregulierung und
Flexibilisierung, dem Schleifen der Sozialsysteme soll der "Standort
Deutschland" für den mit der Globalisierung verbundenen verschärften
Konkurrenzkampf fittgemacht werden. Mit dem Ausbau des Polizeistaates, mit
Maßnahmen wie der Übergabe von immer mehr Vollmachten an die Bundespolizei, der
Computer- und Datenbespitzelung und der immer beharrlicher vorgetragenen
Forderung nach einem Einsatz der Bundeswehr im Innern sollen Voraussetzungen
dafür geschaffen werden, jeden ernsthaften Widerstand gegen die
sozialreaktionäre und die Kriegspolitik zu unterdrücken. Und für alle Fälle
liegen die Notstandsgesetze in der Schublade. Zur Reaktion im Innern gehört
nicht zuletzt die Abschottung der "Festung Europa" gegen die Folgen
der imperialistischen Globalisierung in Gestalt wachsender Kriegs- und Elendsflüchtlingsströme.
Das es sich bei alledem um
Entwicklungen im Rahmen des Imperialismus handelt, sollte auf dem Hintergrund
der eingangs angeführten Grundaussagen der Imperialismustheorie Lenins außer
Zweifel stehen. Gilt das aber auch für die auf die Imperialismustheorie Lenins
gründende Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus? Von einigen linken
Autoren wird dies infrage gestellt. Sie verweisen darauf, dass wir es unter der
Devise des "Neoliberalismus" doch mit einer Rücknahme des Staates aus
dem Wirtschaftsprozess zu tun hätten. Lasst mich dazu abschließend noch eine
kurze Bemerkung machen.
Kern der Theorie des
Stamokap ist die Vereinigung der Macht der Monopole mit der Macht des Staates.
Die konkreten Mechanismen mit denen der Staat im Interesse der Monopole tätig
wird, können sich dabei verändern, und sie verändern sich im Zusammenhang mit
der Entwicklung der Produktivkräfte, mit Veränderungen in den
Verwertungsbedingungen des Kapitals, mit den Anforderungen des internationalen
Konkurrenzkampfes, der Stärke und Einflussnahme (oder Schwäche!) der
Arbeiterbewegung auf staatliche Entscheidungen und anderen Faktoren. So hat in
der Geschichte der Bundesrepublik mehrere Male ein Variantenwechsel im
Regulierungsmodell des staatsmonopolistischen Kapitalismus stattgefunden. Dabei
gehen staatliche Eingriffe in die Wirtschaft dann auf manchen Gebieten zurück,
auf anderen werden sie stärker.
Gretchen Binus schreibt in
der Zeitschrift "Z": "Nach wie vor kann der heutige Kapitalismus
ohne staatliche Monopolisierung nicht funktionieren. Angesichts der durch die
Monopolisierung fortschreitenden Vergesellschaftung der Produktion übernimmt
der Staat wichtige Funktionen der Kapitalmobilisierung, zu denen die Konzerne
aufgrund der Grenzen des kapitalistischen Eigentums nicht mehr in der Lage
sind. Die Staatsintervention zugunsten der Kapitalverwertung ist äußerst
vielgestaltig. Sie vollzieht sich zum einen teilweise in klassischen Formen,
z.B. durch die Steuerpolitik zugunsten der großen Industrie oder über die Subventionen...
Zum anderen passt sich auch der Staat den neuen Anforderungen der
Kapitalverwertung an, indem er in erster Linie solche Maßnahmen staatlicher
Intervention in die Wege leitet, die die Konkurrenzfähigkeit und Expansion der
Konzerne fördern und stützen. Der viel propagierte und Teilweise reale `Rückzug
des Staates aus der wirtschaftlichen Tätigkeit` wird durch die
verschiedenartigen Eingriffe in die Monopolisierung wettgemacht.“ Die Autorin
verweist insbesondere auf die Technologiepolitik, die in allen Industriestaaten
mehr oder weniger ausgeprägt zu einem Instrument der Förderung der
transnationalen Expansion ihrer Monopole geworden ist.
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Neu ist auch, dass immer
mehr Regulierungsfunktionen an die sich jeglicher demokratischen Kontrolle
entziehende EU-Bürokratie übertragen werden. Im Rahmen der EU haben wir es
heute mit einem zentralistischen staatsmonopolistischen Dirigismus zu tun, der
auf vielen Feldern weit über das hinausgeht, was wir zur Zeit der sog.
Globalsteuerung unter dem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister Schiller
erlebt haben. Als neues Moment zeichnen sich schließlich im Zusammenhang mit
der Globalisierung Keimformen eines quasi globalen staatsmonopolistischen
Regulierungssystems im Interesse der transnationalen Konzerne ab. Eine zentrale
Rolle dabei spielen der IWF, die Weltbank, WTO, GAT, G-7 bzw G-8 und in
gewissem Maße auch die G-20.
Das alles bedeutet, dass
sich zwar am Wesen des staatsmonopolistischen Kapitalismus, an der Vereinigung
der Macht der Monopole mit der Macht des Staates nichts geändert hat, dass der
heutige Stamokap sich im Konkreten
jedoch von dem der fünfziger
und sechziger Jahre in manchem unterscheidet. Dazu gehört nicht zuletzt, dass
sich im Verhältnis von Monopolen und Staat die Gewichte zugunsten der Monopole,
vor allem zugunsten der Transnationalen Konzerne verschoben haben. Sie sind
gegenüber den Staaten stärker, die Staaten im Verhältnis zu ihnen schwächer
geworden. Die relative Selbständigkeit des Staates in der Vereinigung von
Monopol- und Staatsmacht ist noch mehr relativiert worden.
Wenn es im Übrigen noch
eines Beweises für die Vereinigung der Macht der Monopole mit der Macht des
Staates, für die unverzichtbare Rolle des kapitalistischen Staates für das
Funktionieren des kapitalistischen Wirtschaftssystems bedurft hätte, dann wurde
er durch die gegenwärtige Krise und die Maßnahmen der kapitalistischen Staaten
geliefert. Viele hunderte Milliarden wurden den Banken und Konzernen in den
Rachen geworfen und selbst die Verstaatlichung von Banken und Konzernen war
plötzlich kein Schreckgespenst mehr. Sobald die wieder laufen, werden die mit
Steuergeldern geretteten Unternehmen dann allerdings wieder für Appel und Ei in
die Hände des privaten Kapitals übergehen.
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