Per
Pressemitteilung haben führende Politiker der Linkspartei am Freitag eine
Volksabstimmung über die Privatisierung der deutschen Schnellstraßen gefordert.
»Autobahnen dürfen nicht per Grundgesetzänderung Konzernen und Versicherungen
als Renditeobjekt in den Rachen geworfen werden«, verkünden unter anderem die
Partei- und Fraktionsvorsitzenden Katja Kipping, Bernd Riexinger, Sahra
Wagenknecht und Dietmar Bartsch sowie Thüringens Ministerpräsident Bodo
Ramelow. »Die Linke in Bund und Ländern lehnt die Privatisierung öffentlichen
Eigentums ab, jeder Versuch einer Privatisierung wird weiter auf unseren
heftigsten Widerstand treffen«, heißt es weiter.
Wie
»heftigst« dieser Widerstand ist, haben die in Thüringen, Berlin und
Brandenburg an Landesregierungen beteiligten Linken am vergangenen Freitag bereits
vorgeführt: Sie stimmten im Bundesrat den Vorlagen zu, die sie so scharf
kritisieren. Ihr Widerstand beschränkte sich auf den Protest, es sei ein
»zutiefst undemokratischer Vorgang«, dass »die Abstimmung über den Bund-Länder-Finanzausgleich
mit der Abstimmung über die Autobahnprivatisierung verknüpft wurde, obwohl
beides nichts miteinander zu tun hat«.
Die
geltende Verfassung Venezuelas wurde 1999 in einer Abstimmung verabschiedet.
2007 wurde eine Verfassungsreform in einem Referendum knapp abgelehnt. 2009
wurde eine Änderung in einer weiteren Volksabstimmung angenommen. In dem
südamerikanischen Land hat man also Erfahrung mit dieser Form direkter
Demokratie. Trotzdem wird Maduro vorgeworfen, eine »Diktatur« zu errichten.
Anders in
der Bundesrepublik, die ja eine mustergültige Demokratie ist. Hier wurden weder
das Grundgesetz insgesamt noch einzelne Änderungen jemals der Bevölkerung
vorgelegt. Nun fordern die Linken mit Blick auf die Autobahnprivatisierung, »solch
weitgehende Entscheidungen sollten einer Volksabstimmung vorbehalten sein«.
Die
Forderung wäre glaubwürdiger, wenn sie nicht gar so sehr nach Wahlkampf riechen
würde. Und wenn sich Die Linke endlich solidarisch zur partizipativen
Demokratie in Venezuela verhalten würde. In den vergangenen Monaten hat sich
einzig Heike Hänsel in dieser Weise geäußert. Von den Unterzeichnern der
Pressemitteilung vom Freitag kam dagegen bisher kein Wort.
Von André
Scheer
aus „junge Welt“ vom 03.06.2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen