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Klaus Wagener zum neuen SPD-Vorsitzenden Martin
Schulz
SPD-Vorsitzender
mag ja „das schönste Amt nach Papst“ sein, wie der Franz aus Sundern meinte,
aber so recht lange hat es nach den Tagen von Willy Brandt, genauer seit
1989, dort niemand mehr gehalten. Die Namen Vogel, Engholm, Rau, Scharping,
Lafontaine, Schröder, Müntefering, Platzeck, Beck, Steinmeier, Gabriel
füllen eine üppige Liste.
Viele, als Retter aus höchster Not gefeiert,
verschwanden dann, teilweise nach wenigen Monaten, wieder in der Versenkung.
Auch Sigmar Gabriel hat nun, nach einsamer Entscheidung von wem auch
immer und mit sieben Monaten Außenamt als Trostpflaster, diesen Weg angetreten.
Es gab Zeiten, da machten Jusos damit Reklame, dass die SPD im Gegensatz
zu den bolschewistischen Kommandoapparatschiks eine demokratische
Partei sei.
Nun hoffen die Genossen, die Seeheimer mehr, andere weniger, auf Martin Schulz. Wie verzweifelt muss man sein? Schulz ist ein politisch Gestriger. Er verkörpert die markt- und sparwütige Brüsseler Bürokratie wie kaum ein zweiter. Er steht – Germany first! – wie allenfalls noch Wolfgang Schäuble, für eine Agenda-bewaffnete, deutschdominierte EU-Politik der Massenverarmung und des nationalen Ausverkaufs, welche die ohnehin schwere Krise vertieft, Millionen Menschen ins Elend gestoßen, die europäischen Länder einander entfremdet und letzlich zum Brexit geführt hat. Mit Hilfe des Watschenmanns Trump soll diese Politik weiter radikalisiert werden.
Die SPD ist einen langen Weg gegangen. Von der Arbeiterpartei, welche noch 1912 in Basel statt in den Krieg zu ziehen den Kapitalismus stürzen wollte, zu den sozialchauvinistischen, „dummen Kerls“ der Kriegskredite, zu den willigen Noskes und Zörgiebels, die dann doch der Bluthund sein wollten, zu Kurt Schumacher, der, Dachau kaum entronnen, den Hauptfeind wieder in den „rotlackierten Faschisten“ sah, bis zu Helmut Schmidt, der sich zugute hielt, die Große Alternative mit dem atomaren Messer an der Kehle zur Aufgabe gezwungen zu haben. Was nach ’89 kam, war Abwicklung, auch wenn es die Genossen nicht bemerkt haben.
Bemerkt hatten es Gerhard Schröder und Tony Blair. Ihr „Dritter Weg“ führte zu Riester, Hartz und Hindukusch und war nicht weniger als der hemmungslose Ausverkauf des Reformismus an die Heilsversprechen der Marktgläubigen und ihrer Profiteure. Mit dem Untergang der Systemherausforderung war auch die Existenzberechtigung des staatlich alimentierten Reformismus entfallen. Die alte SPD ist tot. Schröder, Hartz, Riester & Co. hatten aus ihrer Bestattung noch einmal ein Geschäft gemacht.
Seither führt die SPD ein Zombie-Dasein, das sich in absteigender Linie allenfalls noch aus der Nostalgie speist. Der Verschleiß an Führungspersonal spricht für sich. Reformismus ist nicht mehr auf dem antikommunistischen Ticket gratis zu haben, sondern muss im Klassenkampf von unten hart erkämpft werden, zumal in einer sich trotz Zentralbank-Billionen wieder zuspitzenden Weltwirtschaftskrise. Der Kampf ums Teewasser als revolutionäre Disziplin, das ist ein der SPD seit 1914 wesensfremder Gedanke, der vielleicht einem Jeremy Corbyn kommen mag, aber mit Sicherheit keinem Martin Schulz.
So wird
die Untote vielleicht noch einige Zeit als Mehrheitsbeschafferin für
die Aufrechterhaltung der neoliberalen Agenda gebraucht, bis diese
Aufgabe von den Grünen (vielleicht im Verein mit der Original-FDP)
und/oder der AfD übernommen werden kann. Nun ist es Martin Schulz – irgendjemand
muss ja das Licht ausmachen.
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