Foto: junge Welt |
Wirtschaftsminister kann jeder. Außenamt auch.
Und Kanzler sowieso
Minister
sein ist kein Job, sondern Berufung. Anders sind die neuesten Nachrichten von
der politischen Karrierefront kaum zu deutet.
Während bei der CDU Friedhofsruhe
herrscht und allenfalls die Frage interessiert, wann die Chefin ihren Zögling
Pofalla zum Bahn-Chef aufsteigen lässt, rappelt es in der SPD-Kiste.
Gabriel
entdeckte im fortgeschrittenen Alter seine Begeisterung für Foreign Affairs.
Umgehend wird Frau Zypries aus der Reserve (als parlamentarische
Staatssekretärin) geholt, die Gabriels Job ad hoc übernehmen soll. Ist doch nur
die blöde Wirtschaft, nichts, was die Leute interessiert, scheint man im
Willy-Brandt-Palast zu glauben. Und dann reden die dort auch noch ständig über einen
neuen »Kanzlerkandidaten«. Also, Schwamm drüber.
Dennoch,
die gutgläubigen Bürger könnten jetzt fragen, was soll das? Haben die nichts
Besseres zu tun? Oder lediglich: Häh? Vermutlich zucken sie dann mit den
Schultern. Man weiß aus Erfahrung, was die da oben so veranstalten.
Unsicherheit herrscht allenfalls hinsichtlich der Befähigung des Kaders,
jeglicher Spitzenberufung gerecht werden zu können.
Selbstverständlich!
Immerhin hat die kommende Chefvolkswirtin bereits dem Bundesjustizressort
vorgesessen (wobei gerade das aus aktueller Sicht kaum ein
Qualifikationsmerkmal sein dürfte). Sie hat das gelernt, was zur Führung
befähigt: Juristerei. Nichts anderes braucht man, um im Politik- und
Verwaltungsdschungel überleben zu können, Herrschaftswissen. Gabriel, der sich
zuvor schon mal als Ministerpräsident in Niedersachsen und Umweltminister im
ersten Merkel-Kabinett versucht hatte, scheint eine Art Lehrer mit zwei
Staatsexamen zu sein. Das ist zweifellos ebenfalls eine universelle Ausbildung
um alles werden zu können, wenn auch im Ranking etwas unterhalb der Juristerei
angesiedelt.
Und seien wir doch ehrlich, im Wirtschaftsressort muss man vor
allem eine gute Figur machen und auf die Lobbyisten hören, dann läuft es – oder
wie es einer der inzwischen verblichenen Vorgänger Gabriels einmal sagte:
»Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt.« Jawohl. Es sei denn, es ist
dringend erforderlich, Banken zu retten, Antidumpingzölle gegen China zu
initiieren oder Fusionen zu befördern, die die eigenen »Wettbewerbshüter«
untersagt haben. Das aber kann jede und jeder. Also ran, Brigitte.
Bei der
Außenpolitik ist es noch viel einfacher, Befehle zu geben. Wer dort das
Kommando hat, muss derzeit regelmäßig dem Trump verbal eine aufs Maul geben,
den Putin vor allerlei Eroberungsphantasien warnen und die »Einheit Europas«
beschwören. Auch wenn letzteres nur Wunschdenken ist, reicht das als
Qualifikation. Zudem hält sich ja hartnäckig das Gerücht, im »AA« seien die
klügsten Köpfe der deutschen Ministerialbürokratie zu Hause. Fazit: Gabriel
kann auch das schaffen, selbst ohne sein angeborenes diplomatisches Geschick.
Zumindest die paar Monate bis zur Bundestagswahl.
Von
Dieter Schubert
aus „junge Welt“ vom 27.01.2017
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen