Grab des Unbekannten Soldaten, Moskau (Foto: junge Welt) |
75 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion:
Für die Bundesregierung hat das Gedenken keine große Bedeutung
Von Sevim Dagdelen*
Niemand
ist vergessen, nichts ist vergessen« – diese Grabinschrift auf dem Leningrader
Piskarjow-Gedenkfriedhof erinnert an diejenigen, die während der Belagerung der
Stadt im Zweiten Weltkrieg starben und dort in Massengräbern begraben sind. Für
die Bundesregierung scheint das Wachhalten der Geschichte keine große Bedeutung
zu haben, wie sich ihrer Antwort auf meine kleine Anfrage »Gedenken der
Bundesregierung an 75 Jahre Überfall auf die Sowjetunion« entnehmen lässt.
Während
sich auf der einen Seite seit Jahren geschichtsrevisionistische Angriffe
mehren, die den Beitrag der damaligen Sowjetunion und der Roten Armee zur
Befreiung Deutschlands und Europas vom Faschismus schmälern und relativieren
wollen, verweigert die Bundesregierung schlicht ein würdiges Gedenken an jene,
die Opfer des Überfalls des faschistischen Deutschlands am 22. Juni 1941
wurden. Mehr als 26 Millionen Menschen wurden im Zweiten Weltkrieg in der
Sowjetunion getötet – zwei Drittel von ihnen waren Zivilisten. Städte, Dörfer
und Fabriken in der Sowjetunion wurden von den deutschen Besatzern
niedergebrannt und zerstört.
Unsere Sache ist gerecht! Der Sieg wird unser sein! Für die Heimat! |
Denn für
die Politik der »Einkreisung« Russlands durch die NATO durch Aufnahme weiterer
Mitglieder und die Aufstellung eines »Raketenabwehrsystems« stehen eben die
deutsche Kanzlerin Angela Merkel und auch Außenminister Steinmeier. Diese
Gewaltpolitik erfährt durch Großmanöver des westlichen Militärpakts in
unmittelbarer Nachbarschaft zu Russland und durch die Stationierung weiterer Truppen
in Polen, Litauen, Lettland und Estland nunmehr eine konfliktverschärfende
Fortsetzung. Wohl wissend, dass eine »dauerhafte Stationierung« von
»substantiellen« Kampfverbänden gegen die NATO-Russland-Grundakte aus dem Jahr
1997 verstoßen würde, lässt man die vier multinationalen NATO-Bataillone mit je
etwa 1.000 Mann rotieren. Deutschland kommt dabei 75 Jahre nach dem Überfall
auf die Sowjetunion eine wichtige Rolle zu: Die Bundeswehr ist Teil der
Aufmarschpolitik gegen Russland und soll in Litauen die Führung über das
NATO-Kontingent übernehmen.
Die
Bundesregierung setzt auf das Vergessen, was die Folgen einer
Konfrontationspolitik sein können. Der neue Feind steht im Osten. Er heißt
Russland. Gegen ihn scheint jedes Mittel recht: Sanktionen, Aufrüstung,
Destabilisierungsmaßnahmen. Von Resultaten dieser verheerenden
Aggressionspolitik aber will man nichts wissen. Dabei ist die Bundesregierung
konsequent: Die Erinnerung an den Überfall auf die Sowjetunion soll ausgelöscht
werden, um ungestört an Russlands Grenzen zu zündeln.
* Sevim Dagdelen ist Sprecherin für
internationale Beziehungen der Linksfraktion und Mitglied im Auswärtigen
Ausschuss des Bundestages
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