Der
weltweite Reichtum konzentriert sich in immer weniger Händen: Mittlerweile
besitzt ein Prozent der Weltbevölkerung mehr Vermögen als der Rest der Welt
zusammen. Und nur 62 Menschen nennen genauso viel ihr Eigen wie die ärmere
Hälfte der Menschheit. Das sind die Hauptergebnisse des Berichtes „An Economy
for the 1%“, den die Entwicklungsorganisation Oxfam am Montag vorstellte. Im
Vorfeld des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos will Oxfam auf diesem Wege auf
die krasse soziale Ungleichheit aufmerksam machen und zeigen, wie die Politik
gegensteuern könnte.
Die
Geschwindigkeit, mit der die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, sei demnach
noch größer als erwartet. Vor einem Jahr hatte Oxfam prognostiziert, im Jahr
2016 werde das reichste Prozent der Weltbevölkerung (70 Millionen Menschen)
mehr besitzen als die restlichen 99 Prozent (sieben Milliarden Menschen)
zusammen. Diese Schwelle wurde aber bereits 2015, ein Jahr früher als erwartet,
erreicht. Das gesamte Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung sei in
den letzten fünf Jahren um rund 41 Prozent geschrumpft, was – in Geldwert
ausgedrückt – etwa einer Billion US-Dollar entspricht – obwohl diese Gruppe um
400 Millionen Menschen angewachsen ist. Im gleichen Zeitraum sei das Vermögen
der reichsten 62 Personen um mehr als eine halbe Billion US-Dollar (oder 44
Prozent) gewachsen.
Demgegenüber
konnten Besitzer von Kapital ihr Vermögen stetig mehren durch Zinsen und
Dividenden, die über den Wachstumsraten des Bruttonationaleinkommens lagen.
Beigetragen dazu hat unter anderem, dass große Vermögen und Kapitalgewinne nur
unzureichend besteuert werden und dass viele Unternehmen ihre Gewinne in
Steueroasen verschieben. „Investitionen von Unternehmen in Steuerparadiesen
haben sich zwischen 2000 und 2014 vervierfacht“, heißt es in einer Erklärung.
Neun von zehn Großkonzerne machen dabei mit. Entwicklungsländern gingen auf
diese Weise jedes Jahr mehr als 100 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen
verloren.
Afrikanischen
Staaten gingen so Jahr für Jahr rund 14 Milliarden Dollar verloren, weil reiche
Einzelpersonen ihre Vermögen in Steueroasen parken. Damit, so Oxfam, „ließe
sich in Afrika flächendeckend die Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder
sicherstellen, was pro Jahr rund vier Millionen Kindern das Leben retten
würde“.
„Wir
leben in einer Welt, deren Regeln für die Superreichen gemacht sind. Nötig ist
dagegen ein Wirtschafts- und Finanzsystem, von dem alle profitieren“, sagte
Tobias Hauschild, Referent für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam. Konzerne
dürften sich nicht länger aus ihrer Verantwortung stehlen und müssten ihre
Gewinne dort versteuern, wo sie sie erwirtschaften.
Oxfam
appelliert mit dem Bericht an die Regierungen: „Die Politiker müssen die
Anliegen der Bevölkerungsmehrheit über die Interessen der Superreichen
stellen“, heißt es in einer Erklärung. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass
diese Forderung Gehör findet, und das weiß Oxfam selbst sehr gut. Immerhin
schreibt die Organisation selbst, was Marxisten und andere Kapitalismuskritiker
seit jeher gesagt haben: „Wohlhabende Eliten und große Unternehmen weltweit
beeinflussen die Politik zu ihren Gunsten und manipulieren wirtschaftliche Spielregeln
in ihrem Sinne.“
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