Drei
SPD-Ortvereine im Essener Norden kündigen eine Demonstration gegen die
Unterbringung weiterer Flüchtlinge unter dem Motto „Der Norden ist voll“ an.
Die Kreiskonferenz der DKP (Essen – Anmerkung der Red.) diskutiert über
Gegenaktionen. Wir wären Sozialdemokraten gegenüber gestanden, mit denen wir in
der Vergangenheit um den Erhalt von Schwimmbädern und Bibliotheken gekämpft
hatten. Nach Intervention der NRW-Landes-SPD wird die Demo abgesagt.
Sahra
Wagenknecht sagt: „Wer das Gastrecht missbraucht, hat das Gastrecht verwirkt.“
Der Gastbegriff verwischt Ursachen und Verursacher der Flucht, sein Gebrauch
signalisiert mit den Verursachern der Flucht als „Gastgeber“ in einem Boot zu
sitzen.
Drei
Beispiele, die zeigen, diese Krise führt zum Verlust an Orientierung, wenn der
grundlegende Kompass fehlt – die Klassenfrage.
Die
Flüchtenden kommen wegen Kriegen, wegen Ausbeutung, wegen Zerstörung der Natur,
die ein Auskommen ermöglicht. An allem wird verdient und zwar nicht zu knapp.
Auch diese Profite sind die Grundlage dafür, dass 62 Superreichen die Hälfte
des Weltvermögens, dass zehn Prozent der BRD-Bevölkerung 52 Prozent des
BRD-Vermögens gehört.
Die
Flüchtenden, die das können, versuchen in die Länder zu kommen, in denen sie
Chancen vermuten. Dazu gehört die BRD. Die herrschende Klasse versucht sie zu
missbrauchen für imperialistische Strategie nach außen („die fliehen vor
Assad“) oder nach innen („kein Mindestlohn für Flüchtlinge“).
Die
Kosten der Flucht tragen nicht die Verursacher, nein, die Kosten der Flucht
werden über die Kommunen und Länder so verteilt, dass sie wiederum die Armen
treffen, die „Inländer“ und die Flüchtenden. Denn dadurch wird natürlich die
Schuldenlast der Stadt Essen, die jetzt schon bei weit über drei Milliarden
Euro liegt, steigen und natürlich werden diese gestiegenen Schulden wieder der
Grund für Schließungen, Kürzungen und Privatisierung sein.
Die
Flüchtenden kommen aus Ländern, in denen die Gewalt regiert, in denen die NATO
und die führenden Imperialisten die staatliche Ordnung zerstört haben. Dort
gilt das Recht des Stärkeren und in manchen Gebieten überlebt sicher nur der,
der in der Lage ist seinen Lebensunterhalt zu „organisieren“ – egal wie. Wer
Monate in riesigen Zelten, fast ohne Privatsphäre gelebt hat, wer dort jetzt
seine Kindheit oder Pubertät verbringt, der wird oft nicht zum „braven
Engelchen“ gemacht werden. Das soll man keineswegs gut finden, aber wer aufhört
nach den Ursachen zu fragen, bei dem geht der Kompass verloren wie bei den drei
SPD-Ortsvereinen.
Wir
brauchen nicht mehr Polizei, wie es jetzt selbst manche Linke fordern. Es würde
doch schon reichen, wenn der permanente Schutz von Aufmärschen von Rassisten
und Nazis eingestellt und die Behörde des Vertuschens von Naziverbrechen
aufgelöst würde. Auch Schlapphüte können umgeschult werden.
Aber
auch: Die Menschen, die sich Sorgen um ihre Zukunft machen, die jetzt schon in
armen Vierteln wohnen und noch mehr Verarmung fürchten, sie haben den richtigen
Instinkt. Sie geben nur die falsche Antwort, wenn sie in den Flüchtlingen die
Verursacher sehen. Sie haben auch recht, wenn ihnen unsere allgemeine Antwort:
„Wir müssen gemeinsam kämpfen“ nicht reicht. Obwohl sie richtig ist. Wir
brauchen konkrete Ziele. Der Leerstand von Gebäuden und Wohnungen muss zu
Aktionen führen, die diesen kennzeichnen und bezahlbaren Wohnraum für alle fordern.
Der Reichtum, der durch Kriege und Rüstungsexporte entsteht, muss mit Firmen
und Inhaber benannt werden. Deren Profite müssen beziffert und zur
Beschlagnahme markiert werden, damit die soziale Not der Armen, der
Arbeitslosen und der Flüchtlinge beendet werden kann.
von
Patrik Köbele,
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