Freitag, 27. Februar 2015

Testlauf

Anläßlich der heutigen Zustimmung großer Teile der Bundestagsfraktion der Partei "Die Linke" (PDL) dokumentieren wir an dieser Stelle die Einschätzung des Chefredakteurs der Zeitung "junge Welt" vom gestrigen Donnerstag, dem 26.02.2015, über die mittlerweile unverholene Aufgabe linker Positionen durch diese Partei. Dem ist auch Heute nichts hinzuzufügen. 

Testlauf - Linke will Schäuble-Antrag zustimmen

Bisher war sich die linke Bundestagsfraktion einig: Keine Stimme für die Streichungs- und Kürzungsdiktate, die maßgeblich von Kanzlerin und Finanzminister in den südeuropäischen Euro-Ländern durchgesetzt wurden. Die beiden weichen keinen Fingerbreit von ihrem Weg ab. Angela Merkel triumphierte am Mittwoch, »Europa« haben gegenüber Griechenland »das Prinzip Leistung und Gegenleistung« durchgesetzt. Sie betrachtet offenbar die soziale Katastrophe in Griechenland als »Gegenleistung« für die Rettung vor allem deutscher und französischer Banken. Als »Durchsetzer« für Hartz X oder XV in Südeuropa fungiert der deutsche Finanzminister, von dem am Mittwoch zu hören war, die Athener Regierung müsse ihre »Reformvorschläge« mit »Zahlen untermauern«, sonst werde »nicht gezahlt«. Diese Erpressungsnummer wird seit fünf Jahren von Berlin und Co durchgezogen. Wer sich links nannte, kam bisher nicht auf die Idee, dafür die Hand zu heben.

Jetzt aber soll alles anders sein. Gregor Gysi erklärt, das am Montag der Euro-Gruppe vorgelegte »Reformprogramm« der Regierung Tsipras zeige einen Ausweg aus der »Kürzungs- und Verarmungslogik«, »die verheerendsten sozialen und humanitären Auswirkungen« würden korrigiert. Diese Argumentation kommt aus Athen. Die Tsipras-Regierung spricht von einem »Wendepunkt« für Europa und für Griechenland. Es liege erstmals seit Ausbruch der Krise ein offizielles Dokument vor, »das nicht auf dem Standpunkt der Umsetzung harscher Austeritätspolitik beharrt«, erstmals würden »katastrophale Folgen dieser Politik thematisiert«. Nun ist eine Thematisierung noch keine Korrektur, und worin der Wendepunkt bestehen soll, erschließt sich ebensowenig. Glaubt irgend jemand in Athen und in der deutschen Linkspartei ernsthaft, im Bundeskanzleramt interessiere sich jemand dafür, wenn sich an der Akropolis ein Stein löst oder dort eine neue Regierung antritt? Die Berliner kalkulieren kühl mit dem Kräfteverhältnis in EU-Europa. Im Antrag des Bundesfinanzministers zur »Verlängerung der Stabilitätshilfe« (siehe unter »abgeschrieben« auf dieser Seite) wird lakonisch als deren Basis die bestehende Kreditvereinbarung genannt.

Dabei wird es bleiben, solange Griechenland im Euro bleibt. Die Tsipras-Regierung erwähnt den versprochenen Schuldenschnitt nur noch selten, und sie verkauft ihre Unterwerfung unter die Troika als Nicht-Verhandlung. Vom Syriza-Programm bleiben die Hilfsmaßnahmen, die unter Merkel/Schäubles Vorbehalt stehen.

Wenn am Freitag linke Bundestagsabgeordnete für die Fortsetzung des Schurkenstücks stimmen, haben sie außer der Athener Selbstdarstellung wenig an Begründung vorzuweisen. Aber ein Testlauf wird absolviert sein: Die Vorbedingung »anderes Verhältnis zur EU«, die von SPD und Grünen für ein politisches Zusammengehen mit der Linken gesetzt wurde, wird erstmals erfüllt. Bleiben NATO-Mitgliedschaft und Kriegsteilnahme.

Von Arnold Schölzel aus „junge Welt“ vom 26.02.2015

Keine Kommentare: