Endlich trifft es selbst in diesem Lande einmal
die Richtige!
Unsere Wedeler Genossin Marianne Wilke erhält
am 30. März 2015 in Kiel das „Bundesverdienstkreuz am Bande“ für ihr
herausragendes und konsequentes antifaschistisches Wirken.
Die DKP Lübeck / Ostholstein gratuliert dazu
herzlich!
Aus diesem Anlass dokumentieren wir hier das
Glückwunschschreiben der VVN-BdA zu Mariannes 85. Geburtstag am 29. Juli 2014.
Herzlichen Glückwunsch liebe Marianne zum 85. Geburtstag,
“Die
Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln, der Aufbau einer neuen Welt des
Friedens und der Freiheit ist unser Ziel”
aus dem
“Schwur von Buchenwald”
Liebe
Marianne,
Der Schwur
von Buchenwald, gesprochen von den überlebenden Häftlingen des
Konzentrationslagers Buchenwald am Grabe ihrer ermordeten Kameraden, ist für
dich von Jugend an Leitlinie deines Lebens. Selbst nur durch glückliche Fügung
und Hilfe von Freunden dem KZ Neuengamme entronnen, hast du dir fortan
gemeinsam mit Günther und euren Söhnen Jens und Dirk die Forderung „Nie wieder
Krieg, nie wieder Faschismus“ zur Aufgabe gemacht. Als Antifaschistin und
Kommunistin ist es für dich selbstverständlich, dich politisch zu engagieren.
Der Schwerpunkt deines Engagements galt immer der VVN und später der VVN-BdA,
wo du dich als Kreisvorsitzende der KV Pinneberg und später als unsere
Landesvorsitzende alten und neuen Nazis entgegen stelltest.
Über
deine Kindheit und Jugend berichtest du seit vielen Jahren immer wieder in
Schulen und Jugendeinrichtungen sowie jedes Jahr im Internationalen Jugendcamp
der KZ-Gedenkstätte Ahrensbök. Auf dem Hamburger Kirchentag und dem
Jahrestreffen der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste in Berlin hast du mit
Jugendlichen gemeinsam bei einem Theaterprojekt mitgewirkt, das deine Jugend im
Faschismus zum Gegenstand hatte. Auch das Fan-Projekt des FC St.Pauli hat dich
für November dieses Jahres eingeladen. Das alles sind Beispiele, die zeigen,
wie unverzichtbar du für uns alle bist. Häufig schließt du deine Ausführungen
mit einem Zitat der Musikgruppe „Die Ärzte“:
„Es ist
nicht deine Schuld , dass die Welt so ist, wie sie ist, es wär´ nur deine
Schuld, wenn sie so bleibt!“
Liebe
Marianne, wir wollen noch viele Jahre mit dir gemeinsam für eine andere Welt,
für eine Welt ohne Faschismus und Krieg, ohne Antisemitismus, Rassismus und
Ausgrenzung von Minderheiten eintreten.
Alles
Gute wünschen dir alle Antifaschistinnen und Antifaschisten, insbesondere
natürlich deine Schleswig-HolsteinerInnen.
Foto: Wedel-Schulauer Tageblatt |
Marianne Wilke: Gegen Krieg und Faschismus
Aus „Wedel-Schulauer
Tageblatt“ vom 15. März 2013
Marianne
Wilke, geborene Lehmann, wurde am 29. Juli1929 in Hamburg geboren. Der Vater
von Marianne Wilke war Reedereikaufmann, die Mutter war Hausfrau. Marianne
Wilke hatte einen jüngeren Bruder. Ihre Großeltern väterlicherseits waren
Juden. Da ihre Mutter Nichtjüdin war, galten sie und ihr Bruder als Halbjuden.
Ein Bruder ihres Vaters wurde deportiert und ermordet, ebenso seine Eltern. Der
andere Bruder fand Asyl in England. Mit der Familie bzw. deren Nachkommen bestehen
feste familiäre Bande.
Marianne
Wilke wurde 1936 in Hamburg-Eimsbüttel eingeschult und besuchte diese Schule
bis 1943. Ihrer Lehrerin war es zu verdanken, dass sie diese Schule besuchen
konnte und nicht als Halbjüdin gemeldet wurde. Da sie als Jüdin keine
weiterführende Schule besuchen durfte, sollte sie dann 1943 in einer
Fischfabrik arbeiten. Wieder war es ihrer Lehrerin zu verdanken, dass sie bei
einer Freundin dieser Lehrerin bis Kriegsende 1945 als Hausmädchen angestellt
war.
Zum noch
verbliebenen Freundeskreis der Eltern gehörten drei Lehrerinnen, die die Kinder
mit Büchern versorgten. Bücher waren Ersatz für Freunde, die jüdische Kinder in
dieser Zeit kaum hatten. Nach Kriegsende konnte Marianne Wilke wieder die
Schule besuchen. Sie ging noch ein halbes Jahr zur Mittelschule, besuchte ein
Jahr die Förderklasse und danach das Gymnasium. Ab 1950 besuchte sie das
Fröbelseminar. 1951 machte sie ihren Abschluss.
Aufgrund
ihrer negativen Erfahrungen mit Erwachsenen in der Zeit des Dritten Reiches
stand für sie fest, dass sich ihre berufliche Tätigkeit unbedingt mit Kindern
beschäftigen sollte.
1951
beteiligte sie sich an der "Aktion Helgoland", an der 99 Jugendliche
aus acht verschiedenen Jugendorganisationen teilnahmen, um gegen den Bombenabwurf
auf Helgoland aufzutreten. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie Mitglied der
Kommunistischen Partei. 1952 hat Marianne Wilke geheiratet und im selben Jahr
wurde Sohn Ralf geboren, 1958 Sohn Jens und 1961 Sohn Dirk. Marianne Wilke hat
vier Enkelkinder und eine Urenkelin.
Seit 1970
engagiert sie sich bei der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -
Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) und war 13 Jahre Landesvorsitzende in
Schleswig-Holstein. Bis heute ist sie aktiv im Landesvorstand und in der
starken Wedeler Gruppe. Außerdem engagiert sie sich im Arbeitskreis gegen
Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit der Stadt Wedel, der von
Bürgermeister Balack ins Leben gerufen wurde. Für ihr ehrenamtliches Engagement
wurde sie 2002 mit der Ehrennadel ausgezeichnet.
Geprägt
von ihren Erlebnissen im Dritten Reich hat Marianne Wilke ihr ganzes Leben
unter den Schwur der überlebenden Häftlinge des KZ Buchenwald gestellt: Nie
wieder Krieg, nie wieder Faschismus.
Schwur von Buchenwald
Ansprache
in französischer, russischer, polnischer, englischer und deutscher Sprache auf
der Trauerkundgebung des Lagers Buchenwald am 19. April 1945:
Kameraden!
Wir
Buchenwalder Antifaschisten sind heute angetreten zu Ehren der in Buchenwald
und seinen Außenkommandos von der Nazibestie und ihrer Helfershelfer ermordeten
51.000
Gefangenen!
51.000
erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert,
vergiftet - abgespritzt -
51.000
Väter, Brüder - Söhne starben einen qualvollen Tod, weil sie Kämpfer gegen das
faschistische Mordregime waren,
51.000
Mütter und Frauen und hunderttausende Kinder klagen an:
Wir leben
gebliebenen, wir Zeugen der nazistischen Bestialitäten sahen in ohnmächtiger
Wut unsere Kameraden fallen. Wenn uns eines am Leben hielt, dann war es der
Gedanke:
Es kommt
der Tag der Rache!
Heute
sind wir frei!
Wir
danken der verbündeten Armeen, der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen
Freiheitsarmeen, die uns und der gesamten Welt Frieden und das Leben erkämpfen.
Wir gedenken an dieser Stelle des großen Freundes der Antifaschisten aller
Länder, eines Organisatoren und Initiators des Kampfes um eine neue
demokratische, friedsame Welt
F.D.
Roosevelt.
Ehre
seinem Andenken!
Wir
Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, - Slowaken und Deutsche,
Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer,
Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn, kämpften gemeinsam gegen die SS,
gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung. Uns beseelte
die Idee: Unsere Sache ist gerecht - Der Sieg muss unser sein!
Wir
führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen
Kampf und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch
leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger
frei herum! Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an
dieser Stätte des faschistischen Grauens:
Wir
stellen den Kampf erst ein, wenn auch der
letzte
Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die
Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer
neue Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren
gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.
Zum
Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und
sprecht mir nach:
WIR SCHWÖREN!
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