DIE LINKE
hat der sogenannten “Griechenland-Hilfe” Ende der vergangenen Woche im
deutschen Parlament mehrheitlich zugestimmt. Die Begründung für eine Enthaltung
gab dagegen neben Sahra Wagenknecht auch Parteichef Bernd Riexinger. Oskar Lafontaine hatte ausdrücklich für ein
Nein geworben, woran sich nur drei MdB der LINKEN orientierten: “Mosaik-Linke”
in ein- und derselben Partei (jW dokumentiert alle Positionen unter Dagegen,
Dafür, Enthaltung).
Ein wenig erinnert das an Antje Vollmers berühmten Satz “Mein
Ja war eigentlich ein Nein.” (Oder umgekehrt.) Andreas Wehr charakterisiert
dieses Verhalten der LINKEN Fraktionsmehrheit so: “In falsch verstandener
Solidarität mit ihrer griechischen Bruderpartei hat sich die Bundestagsfraktion
deren Bewertung zu eigen gemacht. Zur Erinnerung: 1918 musste die junge
Sowjetrepublik den von den deutschen Imperialisten diktierten Raubvertrag von
Brest-Litowsk unterzeichnen. Die USPD lehnte ihn dennoch im Reichstag ab. Ihr
Wortführer Georg Ledebour nannte ihn zu Recht einen »Vergewaltigungsfrieden«.
Die SPD enthielt sich auf Rat von Friedrich Ebert. Mehr als eine Enthaltung
hätte es auch jetzt nicht sein dürfen.”
Man könnte es auch so sagen: mit ihrem
Beschluss zur “Griechenlandhilfe” ist die Mehrheit der LINKEN Fraktion in einer
zentralen Frage gänzlich auf die Positionen des deutschen Imperialismus
eingeschwenkt.
Es zeigt
sich, daß es den Weg, den SYRIZA öffentlich vorgeschlagen hat, nämlich das
gesamte Schuldenregime neu zu verhandeln, in der von Troika und vor allem dem
deutschem Imperialismus bestimmen Realität nicht gibt. Zwischen Unterwerfung
unter den Imperialismus und einem klaren Bruch mit ihm war und ist kein dritter
Weg möglich. Das hat Berlin jetzt mit Hilfe Brüssels erneut klargemacht –
sicher vor allem auch an die Adressen Italiens und Frankreichs. Das ist für die
gesamte griechische und europäische Linke in all ihren Fraktionen und
Bewegungen eine schwere Niederlage und zeigt, wie illusionär es ist, zu glauben,
man könne, gleichzeitig, im bestehenden politischen Machtrahmens einerseits und
andererseits im Interesse der Bevölkerungsmehrheit Griechenlands handeln. Genau
das hatte die KKE schon vor den Wahlen gesagt, genau das war und ist der Grund
dafür, daß sie nicht mit SYRIZA gemeinsam denselben Weg beschreiten wird.
Was sind
die Folgen? Schritt für Schritt droht die SYRIZA-ANEL-Regierung nun auf einen
Weg gedrängt zu werden, der sie zwingt, die Positionen der PASOK – Nea
Dimokratia-Regierung in ihrem Namen fortzuführen, das heißt: auf die Dauer jede
politische Glaubwürdigkeit zu verlieren. Erste linke Proteste hiergegen werde
bereits aus Athen berichtet. Die KP Griechenlands (KKE) bringt aktuell einen
eigenen Gesetzentwurf ins griechische Parlament ein, in dem die ehemaligen
Wahlversprechen von SYRIZA enthalten sind. Sie werden von SYRIZA wohl
niedergestimmt werden.
Die
partielle Unterstützung für SYRIZA, die jetzt von allen drei Gruppen der LINKEN
reklamiert wird, wurde von Gysi im Bundestag zur Begründung seiner Zustimmung
durchaus zutreffend als Unterstützung einer Alternative zur “marktradikalen,
neoliberalen Politik” bezeichnet, im Klartext also: als Weg hin zu einem
anderen Kapitalismus, nicht etwa dessen Abschaffung, und sei es auch nur als
ferne Perspektive. Wer etwas anderes, weitergehendes will oder auch nur Fragen
in dieser Richtung zu stellen wagt, wird vom Wirtschaftsexperten der LINKEN,
Michael Schlecht, in schlechtester alter sozialdemokratischer Manier als
“linksradikal” und “zynischer Sprücheklopfer” abgekanzelt. Seine Botschaft ist
die der berüchtigten TINA-Sprache der Alternativlosigkeit: hätte SYRIZA nicht
letztlich doch das Diktat der Troika / der Institutionen akzeptiert,
Griechenland würde morgen “in der Ägäis versinken“, “Hungerkatastrophen”
drohten dann. (Als ob es Hunger nicht dort schon längst gäbe.)
Schlecht
fällt damit auch einer Minderheit des ZK von SYRIZA in den Rücken, die in einem
Brief an die Fraktion der LINKEN im Bundestag ihre Kritik an deren Haltung zur
“Griechenlandhilfe” veröffentlicht haben.
Mit den
Stimmen von LINKEN Bundestagsabgeordneten für ein weiteres als
“Griechenlandhilfe” deklariertes Bankenrettungs- und Privatisierungsprogramm
verabschiedet sich diese ganz offiziell damit aus ihrer Rolle als Opposition zu
den herrschenden Zuständen – ein wichtiger Schritt zur Regierungsfähigkeit auf
die man 2017 an der Seite von SPD und GRÜNEN hofft.
Angesichts
des partiellen Verlusts an Massenloyalität im politischen System Griechenlands
ist SYRIZA derzeit wichtigster Garant eines weiteren Weges Griechenlands im
Rahmen von Euro, EU und NATO. Ob so gewollt oder nicht: SYRIZA ist mit dieser
Haltung ein, im Moment der entscheidende, Beitrag zur Rettung des Kapitalismus
in Griechenland. DIE LINKE unterstützt
diesen Weg, gemeinsam mit allen anderen Parteien. Das bedeutet eine Stärkung
der Positionen des deutschen Imperialismus, den Finanzminister Varoufakis ja
bekanntlich auch als, wörtlich, “Hegemon” Europas anerkannt hat.
Dies
alles geschieht im Rahmen der bisher bereits vorgeschriebenen
Kürzungsprogramme, die gerade von der Troika diktiert und kontrolliert wurden
und werden, zu der die EZB gehört, gegen die in wenigen Tagen in Frankfurt
demonstriert werden soll. Wiederum ist es die KKE, die aus diesem Grund in
klarer Sprache den proimperialistischen Charakter der jetzigen “Hilfe” der
Troika benennt und mit guten Gründen zurückweist sowie Alternativen vorlegt und
fordert. Solidarität hierfür ist seitens der LINKEN und, so ist stark zu
erwarten, auch seiens BLOCKUPY aus den bekannten Gründen nicht zu erwarten und
nicht zu hören.
Es ist
die EZB, Teil der von niemandem demokratisch legitimierten Troika, deren
Eröffnungsfeierlichkeiten Blockupy am 18. März in Frankfurt blockieren will und
dazu europaweit aufruft. So politisch notwendig und absolut richtig ein solcher
Versuch sicher ist: welcher Logik seitens der Aufrufenden er nun noch folgt,
ist angesichts der von niemand bei Blockupy in Frage gestellten Loyalität zum
sozialdemokratisch-neokeynesianischen Weg SYRIZAs und der LINKEN sehr die Frage
– eines Wegs, der von wichtigen Teilen bei Blockupy selber als alternativlos,
als notwendig im nicht mehr in Frage gestellten Rahmen der Troika-Vorgaben
begründet angesehen wird. Das folgt logisch und politisch aus der Haltung von
SYRIZA (und der LINKEN), gegen die sich Blockupy nicht stellen wird.
So
gesehen soll also, allen weitergehenden und radikalen Äußerungen zum Trotz, am
18. März vor dem EZB-Gebäude demonstriert und blockiert werden: innerhalb des
von SYRIZA und der LINKEN ausdrücklich bejahten Rahmen der Troika, also auch
der EZB. Man könnte sagen: an der Seite der Troika gegen die EZB.
Und als
einziges politisches Ziel bleibt in diesem Rahmen, an der Seite von SYRIZA,
einen neokeynesianischen Weg des Kapitalismus statt eines neoliberalen
durchsetzen zu wollen. Was ja auch exakt die Position derjenigen innerhalb der
LINKEN ist, die sich ab demnächst als regierungsfähig präsentieren wollen.
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