Seit zehn
Jahren ist Hartz IV in Kraft. Das Gesetz gängelt, überwacht, verunsichert,
bestraft und verunglimpft Betroffene. Es erzeugt Druck, Depressionen, spaltet
die Gesellschaft. Es sorgt für Papierfluten und generiert bis zu 30seitige
Bescheide, die kaum ein Mensch versteht. Hartz IV soll vermeintlich »Faule« zur
Arbeit erziehen. Gut bezahlte Arbeit hat es nicht geschaffen. Statt dessen
subventioniert es Niedriglöhne und finanziert eine Maßnahmenindustrie.
Der Chef
der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, bejubelt das Gesetz derzeit als
»Erfolgsgeschichte«. Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache: Noch immer
sind über sechs Millionen Menschen abhängig von Hartz IV oder Grundsicherung.
Im »Hochjahr« 2006 waren es gut sieben Millionen. Gleichsam wuchs der
Niedriglohnsektor rasant. Ein Viertel aller Beschäftigten arbeitet für weniger
als 9,15 Euro, im Osten sind es sogar 40 Prozent. Jobcenter vermitteln vor
allem an Leiharbeitsfirmen: Rein in den Billigjob, raus aus dem Billigjob und
immer flexibel. Laut Bundesarbeitsministerium müssen sich ein Drittel aller
Klienten so durchschlagen.
Hinzu
kommt: Hartz-IV-Bezieher werden überwacht, kontrolliert und wenn sie sich nicht
untertänig verhalten, sanktioniert. Das bedeutet, dass das menschenwürdige
Existenzminimum drastisch gekürzt wird, um zehn, 30, 60 oder gar 100 Prozent –
Strafrechtselemente im Sozialrecht. Wen es trifft, bestimmt ein Sachbearbeiter.
Es reicht, einen Termin zu verpassen, eine Maßnahme abzulehnen oder den Wohnort
zu verlassen, ohne sich vorher abzumelden.
Was
Altkanzler Schröders »soziale Hängematte« mit Betroffenen macht, zeigen unzählige
Studien. 2013 meldeten Forscher der Bundesagentur, dass rund fünf Millionen
Arme auf Hartz IV verzichten, obwohl es ihnen zustünde, wohl aus Angst vor
Schikanen. Die Universität Halle-Wittenberg fand 2014 heraus, dass ein Drittel
der Betroffenen unter einer psychischen Krankheit leidet. Laut DGB sind 1,1
Millionen Leistungsbezieher verschuldet. Hilfe bekommen die wenigsten. Dafür
ist das Gesetz auch nicht gedacht. Es soll disziplinieren, marktkonform
erziehen – schwarze Pädagogik für Erwachsene. Eine Änderung ist nicht in Sicht.
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