Debatte: Reichen Blockaden, Outings und
Demonstrationen, um den Zulauf für rechte Kräfte zu stoppen? Gesellschaftliches
Terrain wird anders gewonnen.
»Ein
Faschist, der nichts ist als ein Faschist, ist ein Faschist. Ein Antifaschist,
der nichts ist als ein Antifaschist, ist kein Antifaschist.«
(Erich Fried)
In
Griechenland kam die offen terroristisch agierende Neonazipartei Chrysi Avgi
(Goldene Morgendämmerung) bei den Parlamentswahlen am Wochenende auf 6,3
Prozent, in Österreich ist die islamophobe rassistische FPÖ längst zur
etablierten Größe im bürgerlichen Politspektakel geworden, in Frankreich wächst
der Front National seit Jahren, und wenn man sich die Stärke neofaschistischer
Gruppen in Polen oder der Ukraine ansieht, wird einem angst und bange.
Hier ist
seit kurzer Zeit eine Art nachholende Entwicklung zu beobachten. Nachdem Redner
der »Montagsmahnwachen für den Frieden« den Unterschied zwischen links und
rechts für überholt erklären wollten, trat bei den Aufmärschen der »Hooligans
gegen Salafisten« (Hogesa) sowie diversen »Nein zum Heim«-Demonstrationen und
schließlich bei denen der »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes« (Pegida) ein rassistisches, nationalistisches Milieu zutage, das
Anknüpfungspunkte für organisierte Neonazis bietet. Für neoliberale rechte
Parteien wie die »Alternative für Deutschland« und »Pro Deutschland« sowieso.
Für Antifaschistinnen
und Antifaschisten stellt sich die drängende Frage: Was tun? Zurückgegriffen
wird auf Konzepte, wie wir sie aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten
kennen: möglichst breite Bündnisse, Gegendemonstrationen, Blockaden, hin und
wieder ein »Outing«, um die Köpfe hinter den rechten Mobilisierungen unter
Druck zu setzen. Falsch ist das alles nicht. Aber es wird nicht reichen.
Denn all
diese Mittel zielen darauf ab, den organisierten Ausdruck rechter
Mobilisierungen zu unterdrücken. Im Kampf um das gesellschaftliche Terrain
bringen sie keinen Meter Fortschritt. Den kann es nur geben, wenn reale
Gegenmacht in Wohngegenden, Betrieben und gesellschaftlichen Milieus
hergestellt wird. Dafür braucht es mehr als antifaschistische Gegenproteste, es
braucht eine radikale Linke, die den alltäglichen Bedürfnissen der arbeitenden
Klasse gerecht wird.
Dieser
Ansatz ist nicht neu, im Gegenteil. Er ist der älteste in der
antifaschistischen Bewegung überhaupt. »Antifaschistische Aktion«, so ein
Artikel des KPD-Politikers und Widerstandskämpfers Theodor Neubauer von 1932,
»das heißt Kampf gegen jeden Pfennig Lohn- und Unterstützungsabbau, gemeinsame
Aktion von Betriebsarbeitern und Arbeitslosen gegen die Hungerdiktatur.«
Antifaschistische Aktion, so Neubauer, sei auch »die Organisierung des
Massenkampfes für die Verteidigung der Lebensinteressen der Werktätigen« und
nicht zuletzt auch »rote Einheitsfront im Kampf gegen die Gefahr des
imperialistischen Weltkriegs«.
Unsere
Sprache hat sich geändert, aber antifaschistische Aktion muss auch heute mehr
als der Kampf gegen Neonazis auf der Straße sein: Der Kampf um das »Recht auf
Stadt«, gegen Gentrifizierung und Mietsteigerung, der gemeinsame Kampf mit
Beschäftigten wie denen bei Amazon oder der »Mall of Berlin«.
Denn
hier, nicht in reaktiven Gegenprotesten, wird gesellschaftliches Terrain
gewonnen. Hier entsteht Gegenmacht, hier beginnt die Politisierung größerer
Menschenmassen. Dies ist Voraussetzung für eine weitere von Neubauer genannte
Kampfform, die wir angesichts der zunehmenden Angriffe auf Flüchtlinge dringend
brauchen: »Antifaschistische Aktion, das heißt Organisierung des roten
Selbstschutzes der Massen gegen den Terror des Faschismus.« Nicht zuletzt muss
es der Kampf gegen die aggressive Außenpolitik Deutschlands sein – nicht nur,
aber zum Beispiel in der Ukraine.
»Wer vom
Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen.«
Max
Horkheimer (1939)
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