Samstag, 24. Januar 2015

Hartz IV Bezieher sollen an die Front?

Bundeswehr wirbt verstärkt um Hartz IV-Bezieher im Jobcenter

Seit Abschaffung der Wehrpflicht Ende Juni 2011 führt die Bundeswehr verstärkt Propagandaveranstaltungen durch, um für sich als Arbeitgeber zu werben. De facto hat die Bundeswehr in großen Teilen der Bevölkerung kein gutes Image. 

Insbesondere der Afghanistan-Krieg sowie die Tatsache, dass die Bundeswehr auch zur militärischen Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen eingesetzt wird, bewerten viele Bundesbürgern kritisch. Folglich gilt sie als nicht sehr populärer Arbeitgeber. 

Um ihr Image aufzupolieren zieht die PR-Kolonne der Bundeswehr durch Schulen, Universitäten und andere Einrichtungen, um Nachwuchs zu rekrutieren. Auch Erwerbslose gelten dabei als Zielgruppe für solche Werbeveranstaltungen. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Links-Fraktion (18/3290) zeigt, wie attraktiv Hartz IV-Bezieher für die Bundeswehr zu sein scheinen: Im ersten Quartal sind mehr als 170 Propagandaeinsätze in Jobcentern geplant.

Bundeswehr-Propaganda verschleiert die Realität

Besonders kritisch sieht die Links-Partei dabei die Art der großangelegten Reklame. „In einschlägigen Werbeformaten versucht sie, durch die Betonung der Aspekte ‘Technik, Sport und Spaß’ Wirkung bei Jugendlichen zu erzielen. Die Wahrnehmung der Informationspflicht, welche die Bundesregierung in ihrer Antwort auf regelmäßige Kleine Anfragen der Fragesteller anführt, erschöpft sich letztlich in Reklame für die Bundeswehr“, heißt es in der Anfrage. Die Gefahr, bei einem Einsatz jemanden zu töten und selbst getötet oder verletzt zu werden, werde nicht thematisiert.

So sind stets erfolgreiche Kampfjet-Piloten oder adrette Marine-Offiziere in den Infobroschüren abgebildet. Über Soldaten, die in Folge eines Einsatzes aufgrund schwerer Verletzungen und/oder einer posttraumatischen Belastungsstörung arbeitsunfähig werden, ist nichts zu lesen. Dass die Bundeswehr damit jedoch ein irreführendes und falsches Bild von der Arbeit und den Gefahren zeichnet, denen Soldaten ausgesetzt sind, scheint weder die Bundesregierung, noch die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu stören, wenn sie regelmäßig Infoveranstaltungen der Bundeswehr in den Jobcentern zulässt. Und schlimmer noch: Vom wachsenden Druck, der auf Erwerbslose durch die Jobcenter aber auch durch die geringen Hartz IV-Regelsätze ausgeübt wird, und die Verzweiflung darüber, am Arbeitsmarkt nur schwer Fußfassen zu können, profitiert die Bundeswehr sogar noch.

Denn für einen „sicheren“ Arbeitsplatz nimmt manch ein Erwerbsloser, der seine Familie nicht mehr selbst versorgen kann, die Risiken in Kauf, die angesichts zahlreicher Konflikte und Krisenherde bestehen.

Traurige Bilanz

2013 wurden rund 2.370 deutsche Soldatinnen und Soldaten zu Auslandseinsätze geschickt. Davon litten insgesamt 1.602 nach ihrer Rückkehr an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Viele haben ein Leben lang mit den psychischen Folgen zu kämpfen. (ag)

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