Montag, 4. März 2013

Patrik Köbele: »Wir müssen auf die Straße!«


Nach seiner Wahl zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) hat sich Patrik Köbele im Gespräch mit der Tageszeitung »junge Welt« dafür ausgesprochen, den Diskussionsprozess in der Partei fortzusetzen.

Interview: Thomas Eipeldauer, Mörfelden

Patrik Köbele ist neuer Vorsitzender der DKP (Deutsche Kommunistische Partei)

Vor welchen Aufgaben steht die DKP?

Aus meiner Sicht ist es so, daß die gegenwärtigen Herausforderungen nach einer kommunistischen Partei in Deutschland geradezu schreien.


Wir haben die Situation, daß der deutsche Imperialismus es gut geschafft hat, durch seine Politik der Ausbeutung der Peripherie der EU zu vermitteln, es gäbe hierzulande diese Krise gar nicht so drastisch. Zum Teil läßt sich leider auch die Arbeiterbewegung in dieses Denken einbinden. Eine unserer zentralen Aufgaben in den nächsten Monaten wird sein, das aufzubrechen. Wir müssen es schaffen, daß die Arbeiterklasse hier für ihre eigenen Interessen kämpft, und es damit erreicht, daß sich die Expansionsmöglichkeiten des deutschen Imperialismus nach außen verschlechtern. Das ist eine riesige Verantwortung, der sich aus meiner Sicht außerhalb der kommunistischen Partei niemand stellt.

Die zweite zentrale Aufgabe, die ich sehe: Wir müssen es in der Interessenvertretungspolitik in Kommunen schaffen, daß es Bewegungen von Menschen für ihre Interessen gibt. Da geht es um Wohnen, aber auch um das ganze Abwälzen der Krise über die kommunalen Haushalte auf die Menschen. Gegen den sozialen Kahlschlag, gegen steigende Mieten – da müssen wir auf die Straße. Hier gibt es unabhängig von den Differenzen auch durchaus Einigkeit in der Partei. Wir müssen es jetzt schaffen, daß der Parteitag trotz der Differenzen Impulse dafür gibt.

Man hat in Mörfelden gesehen, daß es in vielen Fragen Übereinstimmung gibt. Viele Losungen – etwa die zur Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich – waren unstrittig. Inwiefern ist es gelungen, die Situation zu überwinden, daß die DKP sich hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt?

Der Parteitag wird das sicherlich nicht völlig überwinden. Daran müssen wir noch arbeiten. Die Resultate des Parteitags sind ambivalent. Er gibt sicherlich Impulse, zeigt aber gleichzeitig auch, daß es noch einen riesigen Diskussionsbedarf gibt. Und es ist ja keinesfalls so, daß nach diesem Parteitag der Diskussionsprozeß abgebrochen werden soll. Das wäre eine Tragödie für uns, und das wird auch nicht passieren. Aber wir müssen die notwendige Diskussion verbinden mit der Orientierung: Genossinnen und Genossen, wir müssen auf die Straße! Ich bin der Ansicht, daß man die theoretischen Differenzen nur in einer Kombination von Theorie und Praxis überwinden kann.

Nochmal zurück zur Europapolitik und zur Erschwerung der Bedingungen, unter denen es der deutsche Imperialismus so gut schafft, die eigene Arbeiterklasse zu befrieden: Wird der Schwerpunkt eher bei den bundes- bzw. europaweiten Mobilisierungen wie »Blockupy« liegen oder auf der betrieblich-gewerkschaftlichen Ebene?

Ich würde das nicht gegeneinanderstellen. Niemand in unserer Partei ist gegen eine europaweite Koordinierung von Protesten. Es wäre zum Beispiel wunderbar gewesen, wenn beim Versuch, auf europäischer Ebene einen Generalstreik zu organisieren, in Deutschland mehr gelaufen wäre. Da war es ja eher ein bißchen so: Europa brennt und Deutschland pennt. Allerdings setzt eine Koordinierung europaweiter Aktivitäten voraus, daß es in unserem Land auch mehr gibt.

Bei der Koordinierung der europaweiten Proteste gibt es unter den kommunistischen Bruderparteien der DKP offen gegeneinander stehende Strömungen. Die französische und die griechische Partei etwa verfolgen sehr unterschiedliche Programmatiken und Strategien. Wie sehen Sie die Möglichkeit der DKP, sich zu positionieren?

Auch das wird die Partei noch beschließen müssen. Es gibt im Prinzip zwei, sich in der DKP gegenüberstehende Linien: Die einen orientieren auf eine Vollmitgliedschaft in der Partei der Europäischen Linken. Ich halte das für falsch. Es ist vielmehr notwendig, den Diskussionsprozeß über das Verhältnis zur Europäischen Linken weiterzuführen. Das setzt aber voraus, daß man den Beobachterstatus, den die DKP momentan innehat, auch als realen Beobachterstatus handhabt.

Quelle: Junge Welt 4.3.2013


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schön, dass ihr diese Meldung bringt. Leider warte ich -trotz "Anmahnung"- bisher vergeblich auf diese Meldung (zumindst als Linkverweis) auf "kommunisten.de". Das ist nicht gut für die neue Arbeitsperiode. Mann kann doch den neugewählten Parteivorsitzenden nicht, nur weil es inhaltlich unterschiedliche Positionen gibt, einfach ignorieren. Wir brauchen doch, trotz Differenzen, ein geschlossenes Auftreten. Die Partei ist doch kein Versandhauskatalog, wo grad jeder sich raussucht, was ihm/ihr gefällt.

Admin hat gesagt…

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