Donnerstag, 7. Februar 2019

Fake News ohne Ende zu Venezuela


Nie eröffnete Brücke zwischen Venezuela und Kolumbien, Foto: junge Welt
Die deutschen Mainstream Medien verbreiten seit Tagen dramatische Geschichten zur aktuellen Entwicklung in Venezuela – nur mit den Fakten nehmen sie es dabei nicht so genau.

Ob es um angeblich wenige Pro-Maduro Demonstranten am vergangene Wochenende in der ARD oder um eine angeblich gerade von Maduro gesperrte Brücke geht auf der Hilfslieferungen für „das verhungernde Volk Venezuelas“ geliefert werden sollten: Deutsche Mainstream-Medien verbreiten ungefiltert Propaganda-Märchen.

Obwohl im Land seit einiger Zeit eine Debatte über Fake News versus seriösem Journalismus geführt wird, fragt man sich, warum ausgerechnet diejenigen Medien, die von seriösem Journalismus reden, im Fall Venezuelas (wie schon zuvor z. B. im Ukraine-Konflikt, der Krim oder den Berichten zu Syrien) jeglichen seriösen Journalismus beiseitelassen.

Wir veröffentlichen zum Beleg – wieder einmal – Beiträge der einzigen deutschen Tageszeitung, die nicht der einseitigen Mainstream-Propaganda unterliegt, sondern Berichte erst auf ihre Faktenlage überprüft, bevor sie sie veröffentlicht: der „jungen Welt“:


¡No Pasarán!
Fake News gegen Venezuela: Geschlossene Grenzbrücke war nie offen. Warnung vor US-Militärintervention

Große Aufregung um zwei Container und einen Lkw-Anhänger, die quer auf einer Brücke über den Rio Táchira stehen. Venezuelas Regierung habe den Grenzübergang zur kolumbianischen Stadt Cúcuta geschlossen, um die Lieferung »humanitärer Hilfe« zu verhindern, empörte sich US-Außenminister Michael Pompeo in der Nacht zum Donnerstag über Twitter.

Tatsächlich jedoch war die Las-Tienditas-Brücke noch nie offen. Ihr Bau war 2013 in Angriff genommen worden, um die zwei existierenden Grenzübergänge in San Antonio und Ureña zu entlasten, die täglich von mehr als 50.000 Menschen in beide Richtungen passiert werden. Sie wurde 2016 fertiggestellt, aber nie eröffnet. Die einzigen regelmäßigen Nutzer waren Schmuggler, die nachts billiges Benzin aus Venezuela nach Kolumbien schafften.

Trotzdem hatte der kolumbianische Fernsehsender NTN 24 am Dienstag angekündigt, dass über diese Brücke die »humanitäre Hilfe« nach Venezuela transportiert werde. Diosdado Cabello, Präsident der Verfassunggebenden Versammlung Venezuelas, warnte am Mittwoch (Ortszeit) in seiner wöchentlichen Fernsehsendung »Con el Mazo Dando«, dass das der Beginn eines irregulären Krieges sei. Ansonsten handle es sich um eine »Show«. Die Opposition habe angekündigt, Waren für 20.000 Menschen ins Land bringen zu wollen – während die Regierung von Präsident Nicolás Maduro jeden Monat sechs Millionen Lebensmittelpakete zu subventionierten Preisen vertreibe.

Gegenüber dem US-Sender CNN behauptete Puerto Ricos Vizeregierungschef Luis Rivera Marín am Donnerstag, dass erste Lieferungen bereits in Venezuela angekommen seien. Man habe »einige Fenster« ausgemacht und diese genutzt, sagte er. Weitere Lieferungen würden folgen. Bestätigt wurde das von anderer Seite bislang nicht. 

Allerdings berichtete die örtliche Tageszeitung El Carabobeño am Mittwoch, dass am Vortag auf dem internationalen Flughafen der Stadt Valencia eine aus Miami stammende Lieferung von Kriegswaffen entdeckt worden sei. Die Nationalgarde präsentierte das beschlagnahmte Arsenal, das für terroristische Gruppen bestimmt gewesen sei.

Beobachter in Venezuela werten all das als Anzeichen dafür, dass die ursprünglichen Putschpläne der USA und ihrer Verbündeten nicht aufgegangen sind. Offenbar hätten sie fest damit gerechnet, dass Maduro zum jetzigen Zeitpunkt bereits gestürzt oder zumindest relevante Teile des Militärs auf die Seite der Opposition gewechselt wären. Tatsächlich aber bröckelt im Land die Unterstützung für den selbsternannten »Übergangspräsidenten« Juan Guaidó. 

In Moskau rechnet man deshalb mit einer direkten Militärintervention der USA in Venezuela. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte am Donnerstag, man müsse zu dem Schluss kommen, dass Washington den Einsatz von Gewalt bereits beschlossen habe. Wenn die USA wirklich daran interessiert seien, dass es den Menschen in Venezuela besser gehe, müssten sie die gegen das Land verhängten Sanktionen aufheben.

Im US-Senat scheint derweil der Versuch zu scheitern, einen von beiden großen Parteien gemeinsam eingebrachten Antrag zur Unterstützung der Opposition in Venezuela zu verabschieden. Wie NBC News am Donnerstag berichtete, wollen die Demokraten darin einen Einsatz des US-Militärs ausschließen. Dagegen wehrt sich der ultrarechte Republikaner Marco Rubio. Er sagte, dass die USA bereits Diplomaten und »anderes Personal« in Venezuela hätten, zu deren Schutz eine militärische Intervention möglich bleiben müsse.

Von Modaira Rubio (Caracas) und André Scheer



Caracas, 02.022019 - Zehntausende für Maduros, Foto: junge Welt
Nachschlag: Friedliche Demos
The Real News | Online

Am Sonntag hieß es in den ARD-Abendnachrichten, dass es sich bei Pressemeldungen über eine riesige Demonstration der Anhänger des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro am Vortag in Caracas um reine Propaganda handele. 

Es stimme keineswegs, dass sich Massen von Menschen auf der Avenida Bolívar versammelt hätten, um gegen die ausländische Einmischung und den laufenden Putschversuch zu protestieren. Der gleichzeitige Aufmarsch der Opposition sei erheblich größer gewesen. 

Auch habe es sich bei den Pro-Maduro-Demonstranten lediglich um Parteivolk gehandelt, das aus dem ganzen Land herangekarrt worden sei. Als Beweis dienten wackelige Aufnahmen unbekannter Herkunft. 

Diese Behauptungen widerlegt das US-Internetfernsehen The Real News. Problemlos konnte der Korrespondent sich vor Ort einen Überblick verschaffen. 

Resümee: Beide Kundgebungen waren von Zehntausenden besucht. Besonders auffällig: die friedliche Atmosphäre und die nahezu komplette Abwesenheit von Polizei. (jt)

Aus „junge Welt“ vom 08.02.2019



Anmerkung DKP Lübeck / Südost-Holstein:

Hat sich einmal jemand gefragt warum Frankreich am heutigen Tag die diplomatischen Beziehungen zu Italien zumindest zeitweilig mit der Begründung aussetzt, dass der Kontakt eines italienischen Regierungsmitgliedes zu den „Gelbwesten“ eine „Einmischung in die inneren Angelegenheiten Frankreichs“ sei - dieselbe französische Regierung sich aber im Falle Venezuelas mit anderen EU-Staaten (darunter Deutschland) nicht davor scheut den selbsternannten Putschisten Guaido als „legitimen Präsidenten Venezuelas“ anzuerkennen?

Ist das keine Einmischung in innere Angelegenheiten Venezuelas?
 

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