Arbeitskämpfe bei der Post und den Sozial- und
Erziehungsdiensten: Arbeitgeber zeigen sich kompromisslos und sind unwillig zu
verhandeln
Anfang
Mai begann in einem sehr kleinteilig organisierten Bereich eine harte
Tarifauseinandersetzung: Beschäftigte aus den Kitas, im sozialen Bereich, in
den Jugendämtern, der Psychiatrie, der Behinderten-, Familien und Drogenhilfe
haben einen unbefristeten Streik ausgerufen, an dem zwischen 25 und 30 Prozent
der Beschäftigten teilnahmen. Dieser Streik im Sozial- und Erziehungsdienst ist
nicht nur eine gewerkschaftliche Auseinandersetzung, sondern er wurde auch über
die Gewerkschaft hinaus gesellschaftlich flankiert.
Harte
Tarifauseinandersetzungen gibt es auch für die rund 140 000 Beschäftigten bei
der Post. Die Kolleginnen und Kollegen befinden sich seit Anfang Juni ebenfalls
im unbefristeten Streik. Um eine erwartete Steigerung des Gewinns von drei auf
rund fünf Milliarden Euro zu erreichen, hat die Deutsche Post AG Anfang des
Jahres 49 Regionalgesellschaften gegründet, in denen vornehmlich bisher
befristet beschäftigte Postbeschäftigte eingestellt wurden. Zwar werden sie
fest angestellt, die Entgelte liegen aber 20 Prozent unter dem bisher geltenden
Tarifvertrag. Dass mit der Gründung der Regionalgesellschaften auch bestehende
Vereinbarungen zwischen ver.di und der Post AG zur Beschäftigungssicherung
verletzt werden, interessiert weder den Postvorstand noch die Bundesregierung,
die mit 21 Prozent Aktienbesitz immerhin einer der Hauptanteilseigner ist.
Foto: ver.di |
Vor
diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Post auch Streikbrecher
neuer Art kreiert: So „helfen“ neben Beamten inzwischen auch Beschäftigte der
Firmenkunden der Post bei der Sortierung der aufgrund des Streiks
liegengebliebenen Postsendungen.
Bemerkenswert
ist bei diesen beiden Auseinandersetzungen, dass sich die Arbeitgeber so gut
wie gar nicht bewegen. Es scheint beinahe, als ob das Kapital Exempel
statuieren will, die auf zukünftige Tarifauseinandersetzungen richtungsweisend
wirken sollen: Arbeit soll billig bleiben, nicht zuletzt wegen der immer wieder
beschworenen Wettbewerbsfähigkeit. Outsourcing zum Zwecke des Lohndumpings und
der Tarifflucht soll endgültig gesellschaftsfähig werden.
Die
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di steht hier vor einem Scheideweg,
den die FAZ am 26.06.15 in folgende Frage gekleidet hat, nämlich „… ob ver.di
noch die Traditionen einer kompromissorientierten Sozialpartnerschaft pflegen
will oder ob die Idee einer gesellschaftlichen ‚Gegenmacht‘ … die Oberhand
gewinnt. Neben dem Kita-Streit ist die fast grenzenlose Eskalation des
Tarifstreits um die Unternehmensstruktur der Deutschen Post ein Symptom
dafür…“.
Die
Antwort auf diese Frage kann im Konkreten nur lauten: Nein zum
Schlichtungsergebnis im Sozial- und Erziehungsdienst bei Veränderung der
Streiktaktik. Nein zum Lohndumpingprogramm der Post AG.
Um zu
einem Erfolg zu kommen, sind die Beschäftigten nicht nur
gewerkschaftsübergreifend in ihren Kampfmaßnahmen zu unterstützen, sondern
bedürfen der Hilfe aus der Gesellschaft, also von Eltern, Nachbarn, Postkunden
– letztlich von allen, die nicht wollen, dass Tarifkämpfe zum kollektiven
Betteln verkommen. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Sozial- und
Erziehungsdienst und der Post können dabei auf die Unterstützung der
Kommunistinnen und Kommunisten zählen.
Von Olaf Harms
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen