Donnerstag, 25. Juni 2015

Kapitalismusrettung

Syriza-Regierung und »Institutionen«

Was gegenwärtig mit und in Griechenland exerziert wird, ist gewöhnlicher Kapitalismus. Die wichtigsten Akteure in Brüssel, Washington, Berlin, Paris und auch in Athen wissen das, wenn sie auch völlig anderes behaupten. Es ging um Profit, als deutsche, französische, britische, US-amerikanische und andere Banken, dazu Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds, das Land in eine ruinöse Wirtschaftspolitik trieben, die griechische Volkswirtschaft Schritt für Schritt zerstörten und dem Land Kredite aufdrängten, die sie nun mit Zins und Zinseszins zurückfordern. Das alles im Einvernehmen mit den bisherigen, mal von »Sozialisten«, mal von Konservativen geführten Regierungen in Athen, die ebenfalls im Interesse der Besitzer zusammengerafften Reichtums handelten.

Angesichts der immer hoffnungsloser werdenden Lage stimmte eine relative Mehrheit der griechischen Wähler bei den jüngsten Parlamentswahlen für eine Partei, die sich als »links« bezeichnet und den Menschen einen Bruch mit der bisherigen Politik sowie Arbeitsplätze, sichere Renten und einen gewissen Wohlstand versprach. Statt jedoch zu erklären, dass die immensen Schulden samt Zinsen nicht die Schulden des griechischen Volkes sind, wie es die Kommunisten forderten, gab dieselbe »linke« Partei den in- und ausländischen Kapitalisten die Zusicherung, dass ihre Profite erhalten bleiben. Erwartungsgemäß wurden so gut wie alle Wahlversprechen in kurzer Zeit gebrochen, den meisten Griechen geht es heute schlechter als noch vor einem halben Jahr, es brodelt im Land.

Die jetzt von der Syriza-Regierung vorgelegten »Reformpläne«, von denen der Vizechef der EU-Kommission Valdis Dombrovskis sagt, sie stimmten mit der Position der »Institutionen« weitgehend überein, gehen noch stärker zu Lasten der Arbeiter, der Rentner und der Arbeitslosen. Höhere Mehrwertsteuern, eine »Solidaritätssteuer« für alle Lohnbezieher mit Bruttoeinkommen ab 1.000 Euro, höhere Steuern auch für kleine Unternehmen, unabhängig von deren Wirtschaftlichkeit, die Abschaffung der Frührenten und die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters, steigende Kosten für Medikamente werden dafür sorgen, dass die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer werden. Während erhöhte Sozialabgaben 1,2 Milliarden Euro einbringen sollen, ist bei den Militärausgaben lediglich eine Kürzung um 200 Millionen Euro vorgesehen – gewöhnlicher Kapitalismus.

Die »Griechenland-Rettung«, um die sich EU, IWF und Syriza in diesen Tagen bemühen, ist nichts anderes als dessen Rettung. Folgerichtig war eine der Hauptlosungen der Protestdemonstration der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Dienstag abend in Athen: »Die Geschichte wird mit Klassenkampf geschrieben«. Im Unterschied zu Sozialdemokraten wollen Kommunisten nicht Arzt am Krankenbett des Kapitalismus sein.

Von Uli Brockmeyer
Der Autor ist Redakteur der Zeitung vumLëtzebuerger Vollek. Er hält sich zur Zeit in Athen auf.

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