Sonntag, 22. Februar 2015

Herzlichen Glückwunsch liebe Marianne!

Endlich trifft es selbst in diesem Lande einmal die Richtige!

Unsere Wedeler Genossin Marianne Wilke erhält am 30. März 2015 in Kiel das „Bundesverdienstkreuz am Bande“ für ihr herausragendes und konsequentes antifaschistisches Wirken.

Die DKP Lübeck / Ostholstein gratuliert dazu herzlich!

Aus diesem Anlass dokumentieren wir hier das Glückwunschschreiben der VVN-BdA zu Mariannes 85. Geburtstag am 29. Juli 2014.


Herzlichen Glückwunsch liebe Marianne zum 85. Geburtstag,

“Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel”

aus dem “Schwur von Buchenwald”

Liebe Marianne,

Der Schwur von Buchenwald, gesprochen von den überlebenden Häftlingen des Konzentrationslagers Buchenwald am Grabe ihrer ermordeten Kameraden, ist für dich von Jugend an Leitlinie deines Lebens. Selbst nur durch glückliche Fügung und Hilfe von Freunden dem KZ Neuengamme entronnen, hast du dir fortan gemeinsam mit Günther und euren Söhnen Jens und Dirk die Forderung „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ zur Aufgabe gemacht. Als Antifaschistin und Kommunistin ist es für dich selbstverständlich, dich politisch zu engagieren. Der Schwerpunkt deines Engagements galt immer der VVN und später der VVN-BdA, wo du dich als Kreisvorsitzende der KV Pinneberg und später als unsere Landesvorsitzende alten und neuen Nazis entgegen stelltest.

Über deine Kindheit und Jugend berichtest du seit vielen Jahren immer wieder in Schulen und Jugendeinrichtungen sowie jedes Jahr im Internationalen Jugendcamp der KZ-Gedenkstätte Ahrensbök. Auf dem Hamburger Kirchentag und dem Jahrestreffen der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste in Berlin hast du mit Jugendlichen gemeinsam bei einem Theaterprojekt mitgewirkt, das deine Jugend im Faschismus zum Gegenstand hatte. Auch das Fan-Projekt des FC St.Pauli hat dich für November dieses Jahres eingeladen. Das alles sind Beispiele, die zeigen, wie unverzichtbar du für uns alle bist. Häufig schließt du deine Ausführungen mit einem Zitat der Musikgruppe „Die Ärzte“:

„Es ist nicht deine Schuld , dass die Welt so ist, wie sie ist, es wär´ nur deine Schuld, wenn sie so bleibt!“

Liebe Marianne, wir wollen noch viele Jahre mit dir gemeinsam für eine andere Welt, für eine Welt ohne Faschismus und Krieg, ohne Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung von Minderheiten eintreten.

Alles Gute wünschen dir alle Antifaschistinnen und Antifaschisten, insbesondere natürlich deine Schleswig-HolsteinerInnen.


Foto: Wedel-Schulauer Tageblatt
Marianne Wilke: Gegen Krieg und Faschismus

Aus „Wedel-Schulauer Tageblatt“ vom 15. März 2013

Marianne Wilke, geborene Lehmann, wurde am 29. Juli1929 in Hamburg geboren. Der Vater von Marianne Wilke war Reedereikaufmann, die Mutter war Hausfrau. Marianne Wilke hatte einen jüngeren Bruder. Ihre Großeltern väterlicherseits waren Juden. Da ihre Mutter Nichtjüdin war, galten sie und ihr Bruder als Halbjuden. Ein Bruder ihres Vaters wurde deportiert und ermordet, ebenso seine Eltern. Der andere Bruder fand Asyl in England. Mit der Familie bzw. deren Nachkommen bestehen feste familiäre Bande.

Marianne Wilke wurde 1936 in Hamburg-Eimsbüttel eingeschult und besuchte diese Schule bis 1943. Ihrer Lehrerin war es zu verdanken, dass sie diese Schule besuchen konnte und nicht als Halbjüdin gemeldet wurde. Da sie als Jüdin keine weiterführende Schule besuchen durfte, sollte sie dann 1943 in einer Fischfabrik arbeiten. Wieder war es ihrer Lehrerin zu verdanken, dass sie bei einer Freundin dieser Lehrerin bis Kriegsende 1945 als Hausmädchen angestellt war.

Zum noch verbliebenen Freundeskreis der Eltern gehörten drei Lehrerinnen, die die Kinder mit Büchern versorgten. Bücher waren Ersatz für Freunde, die jüdische Kinder in dieser Zeit kaum hatten. Nach Kriegsende konnte Marianne Wilke wieder die Schule besuchen. Sie ging noch ein halbes Jahr zur Mittelschule, besuchte ein Jahr die Förderklasse und danach das Gymnasium. Ab 1950 besuchte sie das Fröbelseminar. 1951 machte sie ihren Abschluss.

Aufgrund ihrer negativen Erfahrungen mit Erwachsenen in der Zeit des Dritten Reiches stand für sie fest, dass sich ihre berufliche Tätigkeit unbedingt mit Kindern beschäftigen sollte.

1951 beteiligte sie sich an der "Aktion Helgoland", an der 99 Jugendliche aus acht verschiedenen Jugendorganisationen teilnahmen, um gegen den Bombenabwurf auf Helgoland aufzutreten. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei. 1952 hat Marianne Wilke geheiratet und im selben Jahr wurde Sohn Ralf geboren, 1958 Sohn Jens und 1961 Sohn Dirk. Marianne Wilke hat vier Enkelkinder und eine Urenkelin.

Seit 1970 engagiert sie sich bei der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) und war 13 Jahre Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein. Bis heute ist sie aktiv im Landesvorstand und in der starken Wedeler Gruppe. Außerdem engagiert sie sich im Arbeitskreis gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit der Stadt Wedel, der von Bürgermeister Balack ins Leben gerufen wurde. Für ihr ehrenamtliches Engagement wurde sie 2002 mit der Ehrennadel ausgezeichnet.

Geprägt von ihren Erlebnissen im Dritten Reich hat Marianne Wilke ihr ganzes Leben unter den Schwur der überlebenden Häftlinge des KZ Buchenwald gestellt: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus.



Schwur von Buchenwald

Ansprache in französischer, russischer, polnischer, englischer und deutscher Sprache auf der Trauerkundgebung des Lagers Buchenwald am 19. April 1945:

Kameraden!

Wir Buchenwalder Antifaschisten sind heute angetreten zu Ehren der in Buchenwald und seinen Außenkommandos von der Nazibestie und ihrer Helfershelfer ermordeten



51.000 Gefangenen!



51.000 erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet - abgespritzt -



51.000 Väter, Brüder - Söhne starben einen qualvollen Tod, weil sie Kämpfer gegen das faschistische Mordregime waren,



51.000 Mütter und Frauen und hunderttausende Kinder klagen an:



Wir leben gebliebenen, wir Zeugen der nazistischen Bestialitäten sahen in ohnmächtiger Wut unsere Kameraden fallen. Wenn uns eines am Leben hielt, dann war es der Gedanke:



Es kommt der Tag der Rache!



Heute sind wir frei!



Wir danken der verbündeten Armeen, der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und der gesamten Welt Frieden und das Leben erkämpfen. Wir gedenken an dieser Stelle des großen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiators des Kampfes um eine neue demokratische, friedsame Welt



F.D. Roosevelt.



Ehre seinem Andenken!

Wir Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, - Slowaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn, kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung. Uns beseelte die Idee: Unsere Sache ist gerecht - Der Sieg muss unser sein!



Wir führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum! Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:



Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der

letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!



Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neue Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.



Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:



WIR SCHWÖREN!

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