Wahlplakakt der KP, Quelle: junge Welt |
Vor 80 Jahren gewann das Bündnis aus
Sozialisten, Kommunisten und liberalen Kräften die spanischen Parlamentswahlen
Am 16.
Februar 1936 gewann in Spanien die »Frente Popular« – ein Bündnis aus
Sozialisten, Kommunisten und bürgerlich-liberalen Republikanern – die
Parlamentswahlen. Unterstützt wurden sie von Anarchisten und Anhängern der
katalanischen Unabhängigkeitsbewegung. Das Mehrheitswahlrecht in Spanien
begünstigte es, dass sich Parteien in Koalitionen zusammenschließen.
Mitte der
1930er Jahre sorgte zudem der Aufstieg faschistischer und nationalistischer
Bewegungen in Europa dafür, dass sich auch in Spanien die antifaschistischen
Kräften verbündeten. Im Nachbarland Portugal hatte 1933 António Salazar den
faschistischen »Estado Novo«, den »Neuen Staat«, ausgerufen. Im gleichen Jahr
war Hitler in Deutschland die Macht übertragen worden, und in Italien herrschte
Mussolini bereits seit 1925. Wie real die faschistische Bedrohung in Spanien
war, sollte sich mit dem Putsch unter General Francisco Franco nur ein halbes
Jahr nach dem Sieg der Volksfront zeigen.
Kommunisten,
Anarchisten und auch Teilen der Basis der Sozialisten gingen diese Forderungen
nicht weit genug. Es wurde kritisiert, dass die Säulen, auf die sich die
Herrscher in Spanien bisher weitgehend gestützt hatten – Klerus, Militär und
Großgrundbesitzer – unangetastet blieben. Trotz inhaltlicher Differenzen wurde
die Frente Popular Mitte Januar 1936 gegründet (siehe jW-Geschichte vom
16.1.2016). Ihr gehörten im wesentlichen die Sozialistische Arbeiterpartei
(PSOE), die Kommunistische Partei (PCE), die Republikanische Union (UR) sowie
die Republikanische Linke (IR) an. Bedeutend für den Wahlsieg der Volksfront
war die Unterstützung der links-bürgerlichen Republikanischen Linke Kataloniens
(ERC), die ihren inhaftierten Präsidenten Lluís Companys als Spitzenkandidaten aufstellte.
Unterstützung kam zudem vom Gewerkschaftsverband UGT sowie aus dem
anarchistischen Lager. Die zu dieser Zeit starke anarchistische Gewerkschaft
CNT hatte erstmals nicht zum Wahlboykott aufgerufen, auch weil viele ihrer
Anhänger eingekerkert waren.
Alte Regierung gibt auf
Feier der Volksfront Madrid, Quelle: AntifaAktion Düren |
Der
Wahlsieg war deutlich. Die Volksfront errang 263 der 473 Sitze im Parlament.
Die in der Frente Nacional (Nationale Front) zusammengeschlossene Rechte kam
auf 132 Mandate. Die Zentrumspartei war auf 32 Sitze geschrumpft. Stärkste
Fraktion wurden die Sozialisten der PSOE (99 Mandate), gefolgt von der
Rechtsformation CEDA (88), den Linksrepublikanern (87), der Republikanischen
Union (37) und der ERC (21). Die PCE steigerte die Zahl der Abgeordneten von
einem auf 17. Unter ihnen waren ihr Generalsekretär, José Díaz, und Dolores
Ibárruri, die spätere Präsidentin der Partei.
Das
Ergebnis der Wahl war für die Gewinner wie für die Verlierer überraschend.
Provinzgouverneure traten zurück, ohne die Ernennung eines Nachfolgers abzuwarten,
und obwohl das Programm der Volksfront ein gemäßigtes war, hatte ihr Sieg
revolutionäre Bedeutung. Dies spürte auch die Rechte. Die abgewählte Regierung
weigerte sich, die Wahl anzuerkennen und verhängte den Notstand. Dies bewirkte
eine Verstärkung der revolutionären Stimmung unter den Anhängern des
antifaschistischen Blocks. Es kam zu Massendemonstrationen, und vielerorts
wurden Gefängnisse gestürmt und Arbeiter befreit, noch bevor entsprechende
Dekrete erlassen worden waren.
Unter dem
Druck der Straße gab die reaktionäre Regierung auf und gemäß dem Abkommen der
Volksfront-Organsiationen bildeten nur die republikanischen Parteien eine
Regierung – ohne Sozialisten, Kommunisten und ERC. Im Mai wurde der
Linksrepublikaner Santiago Casares Quiroga Regierungschef, sein Parteikollege
Manuel Azaña Staatspräsident.
Die Bevölkerung drängt
Während
die neue Regierung zentrale Reformen in Angriff nahm, ging die revolutionär
eingestellte Basis zur direkten Aktion über. Auf dem Land warteten die Bauern
gar nicht erst auf Maßnahmen ihrer Regierung. Ausgehend von der autonomen Region
Extremadura startete eine Welle von Landbesetzungen, und so mancher
Großgrundbesitzer wurde von seinem Gut verjagt. Derlei Aktivitäten zwangen die
Regierung, ihre vorgesehene Agrarreform unverzüglich durchzuführen. Bis Juni
1936 wurden fast 800.000 Hektar Land verteilt, davon waren 100.000 Hektar aus
dem Besitz des Grundadels ohne Vergütung konfisziert worden. Vielen ging auch
die Entmachtung des Klerus nicht schnell genug, und im ganzen Land wurden
Kirchen und Klöster in Brand gesetzt. Binnen weniger Monate ließ die Regierung
7.000 weltliche Schulen errichten. So wurde das Bildungswesen zumindest
teilweise aus den Händen des Klerus gerissen. Auch die Katalanen nahmen ihre
Zukunft selbst in die Hand, ohne auf Weisung aus Madrid zu warten. Sie
proklamierten erneut ihre Autonomie und setzten die Regionalregierung wieder
ein. Für Galicien und das Baskenland wurden eigene Autonomiepläne verwirklicht.
Die
spanische Rechte blieb nicht tatenlos. Getrennt agierend verband Oligarchen,
Adel, Kirche, Monarchisten, Militärs und die Rechtsparteien jedoch das Ziel,
das Land zu destabilisieren und die Volksfront zu stürzen. Die berüchtigte
Guardia Civil, eine staatliche paramilitärische Einheit, ging gegen
revolutionäre Bauern vor. Konzernherren schlossen ohne ersichtlichen Grund zahlreiche
Fabriken. Offener Straßenterror traf Kommunisten, Sozialisten und Liberale.
Kein Tag verging ohne Tote. Frühzeitig wurde die faschistische Bewegung aus
Deutschland unterstützt. Die NSDAP verfügte im April 1936 bereits über 50
Stützpunkte im ganzen Land.
Im
Parlament und auf der Straße warnten insbesondere die Kommunisten vor den
Faschisten innerhalb des Militärs. Die bürgerlichen Republikaner in der
Regierung nahmen die Warnungen nicht ernst genug. Am 17. Juli 1936 putschte
General Francisco Franco.
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