Aufruf der DKP zum 70. Jahrestag der Befreiung
vom deutschen Faschismus
(Beschlossen auf der 12. Parteivorstandstagung,
14./15.3.2015)
Am 8. Mai
2015 jährt sich zum 70. Mal der Tag der Befreiung Deutschlands und Europas vom
deutschen Faschismus. Es brauchte 40 Jahre bis 1985 der Präsident der
Bundesrepublik das verpönte Wort „Befreiung“ über die Lippen bekam.
Richard von
Weizsäcker, der selbst Offizier der faschistischen deutschen Aggressionsarmee
war, erklärte damals: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle
befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft. (…) Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933
trennen. (…) wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges
deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere
Zukunft barg.“ Das war fast eine Sensation.
Es war
kein Zufall, dass die historische Bedeutung des 8. Mai 1945 als Tag der
Befreiung von Faschismus und Krieg in Westdeutschland lange verschwiegen wurde.
Denn in seinen ökonomischen und politischen Grundstrukturen, sowie in seinen
politischen, intellektuellen und später auch militärischen Eliten wurzelte die
westdeutsche BRD fest im faschistischen Vorgängerstaat.
Dieses
Verschweigen fand auch in einem Großteil der unmittelbaren Nachkriegsgeneration
einen Widerhall, da das deutsche Volk, verblendet durch die faschistische
Ideologie und verängstigt durch die brutale Unterdrückung und Willkür der
faschistischen Terrorherrschaft, nicht die Kraft aufgebracht hatte, sich selber
der faschistischen Unterdrücker zu entledigen, so wie es viele andere
europäische Völker geschafft haben. Dies bedurfte des heldenhaften Kampfes der
Sowjetarmee im Bündnis mit den anderen Armeen der Antihitlerkoalition. Vor den
Hintergrund der antikommunistischen Staatsdoktrin fiel es vielen Deutschen
schwer, ausgerechnet die von der KPdSU geführte Sowjetmacht als Befreier zu akzeptieren.
Der Kapitalismus, die Wurzel des Faschismus
„Das
kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen
Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem
furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge
einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus
erfolgen.“ Dies waren die einleitenden Sätze des Ahlener Programms der CDU von
1947.
Welcher
Politiker aus CDU/CSU, SPD, FDP oder Grünen, würde solche Sätze heute noch über
die Lippen bringen? Heute wird alles getan um vergessen zu machen, dass die
Errichtung der faschistischen Diktatur mit den Eigentums- und
Besitzverhältnissen des Kapitalismus zu tun hat. Diese sind bis heute die Basis
für das Streben des deutschen Monopolkapitalismus/Imperialismus nach Eroberung
von Rohstoffquellen, von Absatzmärkten, von Kolonien und Anteilen am
kapitalistischen Weltmarkt.
Die
Kommunisten schätzten auf dem VII. Kongress ihrer III. Internationale 1935 ein,
dass der Faschismus an der Macht die terroristische Diktatur der am meisten
reaktionären, der brutalsten und chauvinistischsten Kräfte des Groß- und
Finanzkapitals ist. Die Reichtümer und Bodenschätze der Ostukraine und vor
allem Russlands locken den deutschen Imperialismus, seine Industrie-,
Handelsmonopole und Banken heute genauso wie vor 80 Jahren. So erklärt sich
auch die Unterstützung Deutschlands für die heutige Regierung der Ukraine – an
die Macht geputscht mit Hilfe von Faschisten.
In dieser
Verbindung zu dem reaktionärsten Sektor des Groß- und Finanzkapitals liegen die
Wurzeln von Militarismus und Krieg, den Zwillingsbrüdern des Faschismus.
Der antifaschistische Neuanfang im Osten
Deutschlands
In
Deutschland wird heute das Verschweigen und Verdunkeln der Ursachen des
Faschismus mit einem besonders perfiden Propagandatrick unterfüttert. Die
Parolen von der „Ablösung einer Diktatur durch eine andere“, vom „Unrechtsstaat
DDR“ sollen die die historische Besonderheit und Schuld des Faschismus
verschleiern.
In der
DDR waren es gerade die aus Konzentrationslagern und Gefängnissen befreiten und
aus dem Exil zurückgekehrten Antifaschisten, Sozialdemokraten, Kommunisten und
christlichen Widerstandskämpfer, die gemeinsam mit der sozialistischen
Sowjetunion, die den Hauptanteil an der Befreiung geleistet hat, einen neuen
demokratischen und antifaschistischen Staat aufbauten. Nur in der DDR wurde
gemäß der Beschlüsse der Konferenz der Siegermächte von Potsdam Ernst gemacht
mit der Verurteilung von Nazi- und Kriegsverbrechern. Hier wurden die Kriegs-
und Rüstungsgewinnler bestraft und enteignet. Hier wurde im Zuge einer
demokratischen Kulturrevolution das Schul- und Bildungswesen von Faschisten
gesäubert. Hier besetzten nicht wieder alte Nazis die Führungspositionen in den
Verwaltungen und in der Polizei.
Und erst
nachdem im kapitalistischen Westen mit Unterstützung der kapitalistischen
Besatzungsmächte eine von Hitlers Generälen geführte Bundeswehr geschaffen
wurde, wurde „im Osten“ eine Nationale Volksarmee als Verteidigungsarmee
aufgebaut, an deren Spitze Antifaschisten und Kämpfer aus dem spanischen
Befreiungskampf gegen den Franco-Faschismus standen.
Verantwortung übernehmen für neue Kriege?
Die
faschistischen Aggressoren standen für die Ideologie und die Macht der Feinde
aller demokratischen Freiheiten, für Rassismus, Pogrome und imperialistische
Aggression. Die Überfallenen verkörperten die sozialistische Oktoberrevolution
von 1917, den Sturz der kapitalistischen Ausbeutung und die Absage an
imperialistische Kriege.
Aus
diesem Grundwiderspruch zwischen der faschistischen Variante des
Monopolkapitalismus und der politischen Macht der Werktätigen resultierte auch
die besondere Unmenschlichkeit der Kriegsziele der deutschen Aggressoren.
Darauf verwies der sowjetische Oberkommandierende und Vorsitzende des
Staatlichen Verteidigungskomitees, J. W. Stalin, im belagerten Moskau am 24.
Jahrestag der Oktoberrevolution in seiner Rede auf dem „Roten Platz“. Er
zitierte vor den sowjetischen Armeeeinheiten aus einem Appell des deutschen
Oberkommandos an die deutschen Soldaten. Darin hieß es: „Habe kein Herz und
keine Nerven, man braucht sie im Kriege nicht. Vernichte in dir Erbarmen und
Mitleid – töte jeden Sowjetrussen, mach nicht halt, auch wenn du eine Greis
oder eine Frau, ein kleines Mädchen oder einen Jungen vor dir hast – töte, denn
dadurch rettest du dich vorm Untergang, sicherst die Zukunft deiner Familie und
erwirbst dir ewigen Ruhm.“
Und heute?
Das
diesjährige Gedenken an die Befreiung von Faschismus und Krieg fällt in eine
Etappe, in der aus Sicht der 1945 geschlagenen politischen und ökonomischen
Eliten der deutsche Imperialismus wieder die globale Karte spielen und weltweit
„Verantwortung“ übernehmen soll. Dazu riefen bereits vor einem Jahr die
politischen Spitzen der BRD, Bundespräsident Joachim Gauck,
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Walter
Steinmeier auf. Und dazu gehört auch die Neuauflage des alten „Drangs nach dem
Osten“. Deutsche Soldaten werden wieder darauf trainiert, wie einst unter „dem
Führer“, blitzschnell „zurückzuschießen“ und militärische Schläge gegen
Russland mit „schnellen Einsatzgruppen“ der NATO auszuführen.
Die Rolle und Aufgabe der deutschen Kommunisten
gestern und heute
Der
Widerstand der Kommunisten war nach der Errichtung der faschistischen Diktatur
nie zum Erliegen gekommen. Ein britischer Historiker schrieb: „Der Preis an
Menschenleben war ungeheuer hoch. Von den 300.000 Mitgliedern, die die Partei
1932 hatte, waren schätzungsweise 150.000 verhaftet und verfolgt worden; an die
25.000 bis 30.000 waren ermordet oder hingerichtet worden oder infolge von
Misshandlungen in Konzentrationslagern gestorben. Die Verluste überstiegen bei
weitem die jeder anderen Widerstandsgruppe oder Partei in Deutschland.“
Es waren
nach Kriegsende Kommunistinnen und Kommunisten, die sich an vielen Orten
zusammen mit anderen Antifaschisten an die Spitze des Wiederaufbaus stellten.
Nicht nur in der sowjetischen, sondern auch in der amerikanischen, britischen
und französischen Besatzungszone wurden Kommunistinnen und Kommunisten an
verantwortliche Positionen in den Kommunen und auf Minister- und
Staatssekretärsposten in den ersten Landesregierungen eingesetzt.
Mit den
Beschlüssen der Potsdamer Konferenz der vier Siegermächte im Sommer 1945 gab es
die Chance für ein entmilitarisiertes, demokratischeres und antifaschistisches
Deutschland. Doch diese Entwicklungschance wurde mit Beginn des vom
amerikanischen und britischen Imperialismus entfachten Kalten Krieges, der
Spaltung Deutschlands und mit der Errichtung eines westdeutschen Separatstaates
und dessen Remilitarisierung bewusst blockiert und vertan.
Aber 40
Jahre antifaschistischer und sozialistischer Entwicklung in der Deutschen
Demokratischen Republik und 70 Jahre Kampf der Kommunisten und Antifaschisten
in beiden deutschen Staaten und in dem seit 1989 „wiedervereinigten“
Deutschland haben dennoch ihre Spuren im Bewusstsein vieler Menschen
hinterlassen.
Dass sich
in diesen Wochen und Monaten in relativ kurzer Zeit in vielen Städten unseres
Landes breite Protestbewegungen gegen die Aufmärsche von Rassisten und
Neofaschisten entwickelt haben, belegt eine starke Verwurzelung
antifaschistischer Gesinnung in weiten Bevölkerungskreisen. Auch dass die
Anti-Russland-Kampagne nicht die gewünschte Breitenwirkung erzielt hat, ist ein
Beleg dafür, dass das antifaschistische Vermächtnis lebendig ist.
Für
diesen Antifaschismus und Antimilitarismus steht auch die DKP. Wir betrachten
die Losung „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ als unseren Auftrag.
Der
Schwur von Buchenwald und die damit verbundenen Verpflichtungen sind heute so
aktuell wie 1945. Die Lehre ist, die gesellschaftlichen Ursachen für Krieg und
Faschismus zu beseitigen. Die DKP ist – wie auch andere Antifaschistinnen und
Antifaschisten – dem Schwur von Buchenwald im Kampf um eine neue Welt des
Friedens, der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet.
In diesem
Schwur heißt es unter anderem: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen
Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der
Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren
Angehörigen schuldig.”
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