Unsere
Antworten waren vielfältig, liefen aber immer auf dieselbe zentrale Aussage
hinaus, dass die PdL im Ganzen inzwischen kein klares antikapitalistisches
Profil mehr vertreten würde, sondern sich vielmehr dem Mainstream immer weiter
anpassen würde um in diesem System anzukommen.
Als
hätte es für diese unsere Position noch eines Beweises bedurft, so wurden
unsere Einschätzungen auf dem gerade in Hamburg zuende gegangenen
PdL-Wahlparteitag zur EU-Wahl auf die deutlichste Weise belegt.
Die Linkspartei-Politik im EU-Parlament wird die Parteirechte machen
Eine
Meinung zum Hamburger Parteitag der Linkspartei
Der Hamburger Parteitag der Linkspartei stand im Zeichen
der kommenden Wahlen zum Europaparlament. Ein Wahlprogramm wurde mit grosser
Mehrheit verabschiedet. Es wird demnächst online stehen. Die Kandidaten wurden
zum Teil in Kampfabstimmungen aufgestellt, bei denen die aussichtsreichen
vorderen Listenplätze fast ausschliesslich mit “Reformern” besetzt wurden. Die
Politik der Linkspartei im Europäischen Parlament wird die Parteirechte machen.
Der Metatext der Parteitagsmehrheit war: Wir wollen
“regierungsfähig” werden. Das “Projekt” heisst Rot-Rot-Grün. Die SPD hat
vorgegeben, dass die Linkspartei unter anderem die imperialistische deutsche
Aussenpolitik mitzutragen habe, wenn sie Ministerposten haben will. Mit dem
Hamburger Parteitag hat die Linkspartei einen grossen Schritt getan, diese
Auflage zu erfüllen.
Gysi gibt die Stichworte vor. “Wir wollen Europa
gestalten, und zwar gemeinsam”. Auch die Linkspartei muss “den Euro
retten”. Für Vorschläge zu eine “kleinen
EU-Armee zum Schutze der EU” sei er zu haben. Gysi schlägt deutlich
anti-USamerikanische Töne an (Ich möchte, dass die Hasenfüßigkeit gegenüber den
USA endlich aufhört …”) und setzt den USA “Europa” entgegen – im Klartext: Die
EU als imperialer Block in der weltweiten Staatenkonkurrenz. Das bleibt von der
“alternativen EU” in der Praxis.
Die Linkspartei habe als “stärkste Oppositionskraft …
eine grössere Verantwortung”. Deshalb dürfe sie nicht nur “das linke
Wählerinnen- und Wählerpotential ansprechen”, sondern auch die “Wählerinnen und
Wähler von CDU/CSU und SPD”. Die “Wählerinnen und Wähler ansprechen” meint
unverkennbar, die Linkspartei mainstreamig machen, das “Ankommen” im
bürgerlichen Politikbetrieb vollenden, die Linkspartei zu einer Partei unter
anderen zu machen, die einige “Alleinstellungsmerkmale” pflegt, um sich eine
Wählerklientel zu sichern, sich aber in den grossen Konsens der politischen
Elite der BRD einfügt.
Bernd Riexinger beschwört in seiner Rede die sozialen
Anliegen der Linkspartei. Die Spitzenkandidatin Gabi Zimmer und die
Kovorsitzende Katja Kipping tun desgleichen. Die Worte klingen an vielen
Stellen gut. Aber die schönsten Reden und Programme sind Makulatur, wenn das
praktische Ziel ist, 2017 mit der SPD und Grünen an die Regierung zu kommen.
Mit der SPD für Solidarität und soziale Gerechtigkeit ? Mit der Partei, die
Hartz IV und die Deregulierung des Arbeitsmarkts, Hungerlöhne und Hire and Fire
in Gang gebracht hat ? Mit der SPD und den Grünen für Frieden, – mit Parteien,
die sich im Jugoslawienkrieg, bei der Besetzung Afghanistan und diversen
Interventionen in aller Welt hervorgetan haben, die unter dem verlogenen
Vorwand von “Hilfe” und “Durchetzung der Menschenrechte” die alte deutsche
Interventions- und Kriegspolitik wieder aufnehmen ? Mit den grünen
Bürgerkriegshetzern, die sich unverfroren in der Ukraine einmischen, für
Frieden und ein “solidarisches Europa” ?
Rot-Rot-Grün bedeutet, dass die Linkspartei ihre
antimilitaristischen Positionen aufgeben und sich in die deutsche
Expansionspolitik einreihen muss. Damit wäre die letzte Bastion geschleift, die
die Linkspartei grundlegend von den übrigen Parlamentsparteien unterscheidet.
Und genau darum geht es. Wer Gysis Rede aufmerksam liest, wird finden, dass das
vorbereitet wird.
Der Parteitag hat einige wohlklingende Resolutionen
verabschiedet, darunter eine tadellose zur Solidarität mit Kuba und
Lateinamerika. Aber es werden die Parteirechten um Gabi Zimmer sein, die sie im
Europaparlament vertreten.
Gabi Zimmers “Solidarität” mit Kuba erhellt aus ihrem
Verhalten zu antikubanischen Initiativen. Die junge welt notiert dazu im Juli
2013: “Die Ehrung eines erklärten kubanischen Konterrevolutionärs durch Frau
Zimmer ist konsequent. Die frühere PDS-Vorsitzende setzte sich 2003 unter dem
Titel »Castro, Mauer auf!« in der taz für die Einreise von Claudia Roth (Grüne)
nach Kuba ein. Mit Rückblick auf die DDR vermutete die Sozialistin in der
kubanischen Führung »Altersstarrsinn« und »Verweigerungshaltung« und nannte en
passant Hugo Chávez »Polithasardeur«. Folgerichtig gehörte sie im Februar 2006
zu den drei PDS-Europaabgeordneten, die einer antikubanischen Resolution
zustimmten.”
Mit den künftigen Linksparteivertretern imEU-Parlament
“voran zu einem demokratischen, einem sozialen, einem ökologischen Europa –
einem Europa des Friedens und der sozialen Rechte. ” ? (Katja Kipping) – Die
Botschaft hör´ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
ai
Quelle: http://news.dkp.de/2014/02/die-linkspartei-politik-im-eu-parlament-wird-die-parteirechte-machen/
Quelle: junge Welt |
Selbstzensur
Nach
Hamburger Linke-Europaparteitag
Von Andreas Wehr
(Quelle: junge Welt vom 17.02.2014)
Die bürgerlichen Medien zeigten sich am Ende doch noch
gnädig: Die Linke ist nicht »europafeindlich«. So bewerteten sie das in Hamburg
beschlossene Europawahlprogramm der Partei. Noch davor hatten sie ihr die
Schelle der »Europafeindlichkeit» umgebunden.
Grund war jener Satz im Entwurf des Programms, der zwar Selbstverständliches wiedergab, SPD, Grüne und Medien aber wohl gerade deshalb maßlos empörte. Er lautete: »Spätestens seit dem Vertrag von Maastricht wurde die EU zu einer neoliberalen, militaristischen und weithin undemokratischen Macht, die nach 2008 eine der größten Krisen der letzten 100 Jahre mit verursachte.«
Das wollte man nicht hören, und das hört man nun auch nicht mehr von der Linkspartei.
Nachdem auch Fraktionschef Gysi in den Chor der Kritiker eingestimmt hatte, entfernte der Parteivorstand diesen Satz aus dem zuvor von ihm selbst geschriebenen Programm. So etwas nennt man Selbstzensur!
Um die Sache noch schlimmer zu machen, strich man kurz vor dem Parteitag sogar die gesamte Präambel, enthielt sie doch noch immer zu viele kritische Aussagen, und ersetzte sie durch eine Fassung aus der Feder des Forums demokratischer Sozialismus, in der der neoliberale, undemokratische und militaristische Charakter der EU regelrecht verniedlicht wird. »Die EU hat ihr Ziel, Frieden – auch sozialen – zu schaffen und zu erhalten, aus den Augen verloren«, heißt es nun. Harmloser, aber auch alberner kann man es kaum noch formulieren.
Grund war jener Satz im Entwurf des Programms, der zwar Selbstverständliches wiedergab, SPD, Grüne und Medien aber wohl gerade deshalb maßlos empörte. Er lautete: »Spätestens seit dem Vertrag von Maastricht wurde die EU zu einer neoliberalen, militaristischen und weithin undemokratischen Macht, die nach 2008 eine der größten Krisen der letzten 100 Jahre mit verursachte.«
Das wollte man nicht hören, und das hört man nun auch nicht mehr von der Linkspartei.
Nachdem auch Fraktionschef Gysi in den Chor der Kritiker eingestimmt hatte, entfernte der Parteivorstand diesen Satz aus dem zuvor von ihm selbst geschriebenen Programm. So etwas nennt man Selbstzensur!
Um die Sache noch schlimmer zu machen, strich man kurz vor dem Parteitag sogar die gesamte Präambel, enthielt sie doch noch immer zu viele kritische Aussagen, und ersetzte sie durch eine Fassung aus der Feder des Forums demokratischer Sozialismus, in der der neoliberale, undemokratische und militaristische Charakter der EU regelrecht verniedlicht wird. »Die EU hat ihr Ziel, Frieden – auch sozialen – zu schaffen und zu erhalten, aus den Augen verloren«, heißt es nun. Harmloser, aber auch alberner kann man es kaum noch formulieren.
Die Rücknahme der eigenen Programmatik verfolgt den
Zweck, Die Linke paßförmig für eine künftige Zusammenarbeit mit SPD und Grünen
auch auf Bundesebene zu machen. Ob es je dazu kommt, ist ungewiß. Gewiß ist
aber jetzt schon, daß diese Anpassung an den europapolitischen deutschen
Mainstream eine in Teilen desorientierte und entmutigte Partei hinterläßt. Es
wird nicht einfach sein, mit diesem Programm einen offensiven und
innerparteilich geschlossenen Europawahlkampf zu führen.
Zusätzlich erschwert wird der Wahlkampf durch die
Personalentscheidungen des Parteitags. Der linke Flügel konnte mit Sabine
Lösing und Fabio de Masi nur zwei seiner Kandidaten auf den ersten neun
aussichtsreichen Plätzen durchbringen. Der Vertreter der Friedensbewegung,
Tobias Pflüger, und die Repräsentantin des Gewerkschaftsflügels und gegenwärtige
Europaabgeordnete Sabine Wils fielen in mehreren Wahlgängen durch. Vor fünf
Jahren, auf dem Europaparteitag in Essen, war das Verhältnis zwischen den
Flügeln noch ausgewogen. Diesmal nutzten aber die Ostlandesverbände ihre
Delegiertenübermacht zum Durchmarsch. Am Rande des Parteitags war daher häufig
zu hören, daß man sich wieder in der Zeit vor der Fusion von PDS und WASG 2007
befände und auf den Stand einer Ostpartei zurückgeworfen sei.
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