Donnerstag, 18. April 2013

Kapitalistische Krise und Alternativen der Kommunisten

In Remich fand am Wochenende 13./14.04.2013 die 8. Internationale Konferenz von DKP, KPL, NCPN und PTB statt
 
Im Bildungszentrum der Salariatskammer in Remich fand am Wochenende die 8. Internationale Konferenz der Kommunisten aus Belgien (PTB), Deutschland (DKP), Luxemburg (KPL) und den Niederlanden (NCPN) statt. Im Mittelpunkt der seit 2006 jährlich stattfindenden Konferenz standen die kapitalistische Krise, ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft, die soziale Entwicklung und das Arbeitsrecht und auf einzelne Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche im Besonderen, sowie die Alternativen der Kommunisten.

Um Krisentheorie und Krisenanalyse ging es im ersten Teil der Konferenz am Samstagvormittag. Im Beitrag von Beate Landefeld, die zum Herausgeberkreis des DKP-Theorieorgans »Marxistische Blätter« gehört, wurden die »Etappen des neoliberalen Umbaus in der BRD« dargestellt und die sogenannte Stabilitätspolitik als »Geschäftsmodell« der deutschen Regierungen seit 1992 beleuchtet. Unter Berufung auf Lenins Imperialismusanalyse wurde geschlußfolgert, »daß ein demokratisches Europa nicht ‚von oben’ entstehen wird, sondern daß es wahrscheinlicher ist, daß demokratische Veränderungen in einzelnen Ländern, die diesen Ländern eine Entwicklungsmöglichkeit erhalten, zum Bruch mit der EU führen und namentlich den Zerfall der Eurozone beschleunigen werden«.

Mit »Das Europa der Austerität« war der Beitrag des belgischen Ökonomen Henri Houben (PTB) überschrieben. Houben erklärte, den ersten Katalog von Austeritätsmaßnahmen habe es bereits mit der von Ronald Reagan in den USA und Margaret Thatcher in Großbritannien begonnenen, doch Anfang der 80er Jahre auch von sozialdemokratischen Regierungen in Westeuropa vollzogenen »Abkehr vom Keynesianismus« gegeben. Den zweiten Austeritätskatalog zu ihren Lasten verdankten die Lohnabhängigen dem maßgeblich von der Kapitallobby »European Round Table« ersonnenen und 1991 vollendeten Umbau der Zollunion EG zur Europäischen Union mit ihren Maastricht-Kriterien. Obwohl elf von damals 15 EU-Staaten sozialdemokratisch regiert wurden, wurde im Jahr 2000 die sogenannte Lissabon-Strategie verabschiedet, die vorsah, die EU mittels eines dritten Austeritätspakets und innerhalb von zehn Jahren »zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt« zu machen. Dieses Ziel wurde zwar nicht erreicht, dennoch wurde die in »Europa 2020« umgetaufte Strategie um zehn Jahre verlängert. Die ökonomischen Aussichten für dieses Jahr seien weiterhin schlecht, alles deute auf eine Vertiefung der Krise hin, so Henri Houben in seinem Ausblick.

In Ergänzung des Beitrags von Beate Landefeld sprach abschließend der stellvertretende DKP-Vorsitzende Hans-Peter Brenner zur Rolle des Finanzkapitals in der aktuellen kapitalistischen Krise. Dem mit »Linkssozialdemokratische oder marxistisch-leninistische Krisenanalyse?« überschriebenen Beitrag lag erklärtermaßen »eine anregende Analyse der portugiesischen Kommunisten (PCP) zur Krise und zum Charakter der EU zugrunde. In der Diskussionsrunde zum ersten Teil erklärte KPL-Präsident Ali Ruckert, in der Krise sollten Kommunisten auch reformistische Forderungen stellen; sie sollten diese aber stets mit Forderungen verbinden, die über den Kapitalismus hinausweisen. Herwig Lerouge (PTB) stellte fest, daß die vier Parteien den Charakter der kapitalistischen Krise ähnlich einschätzen und daß sie die Analyse der EU als imperialistisches Konstrukt teilen.

Der zweite Teil »Die Krise des Kapitalismus und die Aufgaben der Kommunisten« wurde von Uli Brockmeyer eingeleitet, der schriftlich eingereichte Konferenzbeiträge von Eugene Mc Cartan, Generalsekretär der KP Irlands, und Samuel Meegens, Generalsekretär der Gewerkschaft CGT im nordfranzösischen Tourcoing, sowie die Dokumente zu den rezenten Parteitagen von PCP und griechischer KKE zusammenfaßte. Es folgten Einschätzungen zur jüngsten wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in Belgien (Herwig Lerouge), Luxemburg (Ali Ruckert und KPL-Vizepräsident Gilbert Simonelli), Deutschland (Volker Jung) und den Niederlanden (Wil van der Klift).

Im dritten Konferenzteil gab Carlo Steffes, der die Abteilung »Santé au Travail« im Gesundheitsministerium leitet, einen Überblick über die Funktionsweise des Gesundheitssystems in Luxemburg, die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Arbeitsmedizin und den wachsenden Einfluß der EU auf die Gesundheitspolitik ihrer Mitgliedsländer. Der Psychotherapeut Hans-Peter Brenner machte die Gesundheitspolitik als »Teil der sozial-reaktionären ‚Wende’« in der BRD aus, Maarten Muis (NCPN) berichtete über die weitgehende Privatisierung des niederländischen Gesundheitssystems und Mitarbeiter des Universitätsklinikums Löwen – darunter Tine Van Rompuy, die Schwester des EU-Ratspräsidenten – informierten über gewerkschaftliche Kämpfe im größten Krankenhaus Belgiens.

Zur Situation im deutschen, luxemburgischen und niederländischen Einzelhandel sprachen Olaf Harms (DKP), Marceline Waringo (KPL) und Levin Zühke-van Hulzen (NCPN). Dabei wurde deutlich, daß die Lage der Verkäufer in den Niederlanden, wo noch nicht einmal fünf Prozent gewerkschaftlich organisiert sind, am schlechtesten ist, die Profitmaximierungsstrategien des Klassenfeinds sich aber in allen drei Ländern gleichen.

Im Rahmen der Konferenz berichtete ihr neuer Vorsitzender Patrik Köbele über die bisherigen Ergebnisse des 20. Parteitags der DKP und Hans-Peter Brenner schlug angesichts der EU-Wahlen im nächsten Jahr vor, daß sich die vier Parteien Gedanken über eine gemeinsame Initiative machen.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek, 16. April 2013

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