Für das Grundrecht auf Streik, für Solidarität mit den 1000
Entlassenen der zum Helios/Fresenius-Konzern gehörenden Beschäftigten
der Damp-Gruppe und gegen die Tarifpolitik nach Gutsherrenart gingen am
Samstag 3500 Mitarbeiter aus norddeutschen Kliniken in Kiel auf die
Straße. Wut, Empörung - aber vor allem Kampfbereitschaft prägten das
Bild der Demonstration und Kundgebung, zu der die Gewerkschaften Ver.di
und NGG (Nahrung Genuss Gastronomie) aufgerufen hatten. Im Mittelpunkt
der Forderungen stand die Rücknahme der Massenkündigung der Damper
Mitarbeiter der Zentralen Service-Gesellschaft (ZSG) durch den
Helios-Konzern und das "Angebot" des Abschlusses eines
Überleitungstarifvertrages zu miserabeleren Bedingungen (z.B.
Lohneinbußen von 20 Prozent).
Für jeden fünften der bisherigen ZSG-Mitarbeiter wird es auch bei dem
neuen Helios-Dienstleister keinen Arbeitsplatz geben, da die Bereiche
"neu organisiert werden würden"(so Helios in einem Brief an die
Mitarbeiter). Zur Damp-Gruppe gehören elf Krankenhäuser und
Reha-Kliniken in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg
mit 5.600 Mitarbeitern. Helios verweigert sich seit Monaten in den
Tarifverhandlungen für die Damp-Gruppe einer konstruktiven Verhandlung.
Die Arbeitgeber wollen insbesondere den Beschäftigten der Rehakliniken
und der Servicegesellschaft die üblichen tariflichen Standards bei
Entgelt und Jahressonderzahlung sowie bei der Eingruppierung der
Fachpflege vorenthalten. Bei einer Urabstimmung sprachen sich daraufhin
86 Prozent der ver.di-Mitglieder für einen Streik aus. Daraufhin hatte
die Damp-Gruppe die Verträge mit der ZSG gekündigt, die dann wiederum
ihren rund 1000 Beschäftigten kündigte. Mit diesem offensichtlich
rechtswidrigen Schritt versucht Helios, den Streik der Beschäftigten zu
unterlaufen.
Den 1000 Mitarbeiten während der Tarifauseinandersetzung zu kündigen
sei unglaublich, rief Ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske den
Demonstranten in Kiel zu. "Das ist ein beispielloser Vorgang, den es in
der Bundesrepublik Deutschland seit 1947 nicht gegeben hat." Das sei ein
Frontalangriff auf das Streikrecht, der alle Gewerkschaften und
Arbeitnehmer betreffe. "Hier soll ein Exempel statuiert werden, um den
38.000 Mitarbeitern des Helios Konzerns zu zeigen, was passieren kann,
wenn man sich für seine Belange einsetzt", sagte Bsirske. "Das ist ein
Wink mit dem Zaunpfahl." Die Kündigungen und die Begleitschreiben des
Konzerns an die Mitarbeiter dienten offenkundig der Einschüchterung und
der Erpressung. Ziel der Rotstiftpolitik von Helios sei allein die
Steigerung der Rendite – auf dem Rücken der Mitarbeiter, aber auch zu
Lasten der Patienten und der Versorgungsqualität.
Unterstützung sicherte den Mitarbeitern auch Franz-Josef Möllenberg,
Vorsitzender der NGG, zu. Die Gewerkschaften ließen sich durch die
Arbeitgeber nicht spalten, man habe den Tarifstreit gemeinsam begonnen
und werde gemeinsam für das Streikrecht und die Rücknahme der
Kündigungen kämpfen. Es könne nicht zugelassen werden, dass sich Helios
den Kauf der Damp-Gruppe durch das Lohndumping bei den Mitarbeitern
finanzieren lasse.
Ziel der Gewerkschaften sei ein
Überleitungstarifvertrag für die Mitarbeiter der ZSG, in dem
Mitarbeiterrechte gewahrt werden und Löhne gesichert würden, die nicht
dazu führten, dass die Mitarbeiter so wenig verdienten, dass sie um
Aufstockerleistungen des Bundes bitten müssten, machte Möllenberg
deutlich.
Ellen Paschke, Mitglied des Verdi-Bundesvorstandes, forderte auf der
Kundgebung: "Krankenhäuser bilden die Grundlagen der Daseinsfürsorge und
gehören deshalb in die öffentliche Hand- sie dürfen keine
Spekulationsobjekte für Konzerninteressen sein". Die Streiks bei Helios
in der aktuellen Tarifrunde werden fortgesetzt und ausgeweitet, kündigte
sie an - trotz Streikbrechern, die vom Helios-Konzern 300 Euro
Tagesprämie, freie Kost und Logis und freies Kilometergeld erhielten.
Die Gewerkschaft werde deshalb ihre Aktivitäten ausweiten: ver.di wird
die Patienten in den Helios-Krankenhäusern informieren und
Solidaritätsunterschriften sammeln, es finden Mahnwachen vor allen
Helios-Kliniken statt und es werde geprüft, ob an allen
Helios-Standorten zu Warnstreiks aufgerufen werden soll.
Politik mache Fehler, räumte Ralf Stegner, SPD-Landesvorsitzender,
ein. Aber sie mache sie nicht zwei Mal, versicherte er mit Blick auf
zurückliegende Privatisierungen im Gesundheitswesen. Er versprach, im
Schleswig-Holsteinischen Landtag ein Tariftreuegesetz auf den Weg zu
bringen. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nicht vernünftig bezahlten,
dürften auch nicht in den Genuss öffentlicher Gelder kommen, so wie der
Helios Konzern, der für den Schleswiger Klinikbau 50 Millionen
eingestrichen habe, so Stegner. Und er schloss mit den Worten: "Wir
wollen keine marktkonforme Demokratie sondern demokratische Märkte" und
"Wir werden die Gesundheitskonzern in die Knie zwingen." Die UZ-Leser
unter den Kundgebungsteilnehmern rieben sich verwundert die Augen –
hatte Stegner vor seinem Aufritt noch kurz in die aktuelle Ausgabe der
Zeitung der DKP geguckt oder hatte ihm gar die Parteivorsitzende diese
Worte während der Demo ins Ohr geflüstert? Wir wissen es nicht. Es
bleibt abzuwarten ob diesen kraftvollen Worten Taten folgen werden. Die
Unterstützung der aktiven GewerkschafterInnen sind ihm gewiss.
In dem auf der Demonstration verteilten Solidaritätsschreiben des
DKP-Parteivostandes an die Beschäftigten der ZSG Damp heißt es u.a.:
"Das deutsche Arbeitskampfrecht verwehrt uns allen ein demokratisches
Streikrecht, wie es unsere Kollegen in Westeuropa kennen. Dennoch geht
es dem Kapital, vielen Politikern und Juristen noch zu weit.(...) Eure
willkürliche Entlassung empfinden nicht nur wir als einen brutalen
Erpressungsversuch. Der Privatisierung mit Ausgliederungen, Lohn- und
Sozialdumping sowie Unternehmerwillkür sind Riegel vorzuschieben. Die
Gesundheit Eurer Patienten und Eure berufliche Existenz dürfen nicht
weiter Spielball privater Profitinteressen sein. Einrichtungen des
Gesundheitswesens gehören in gesellschaftliche Hand unter demokratischer
Kontrolle und Mitbestimmung durch Euch und Eure Gewerkschaft!"
Die Verbreiterung der Solidartät mit den betroffenen Kolleginnen und
Kollegen und die Verteidigung des Streikrechts gegen die Angriffe des
internationalen Kapitals und der Politik müssen Aufgabe aller
Gewerkschafter, aller Demokraten sein - das war die Botschaft der Kieler
Demonstration.
text/fotos: gst
Quelle: www.kommunisten.de
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