Foto: junge Welt |
Ein Kommentar zum Ergebnis der
Koalitionsverhandlungen
Ja, es
gab Zugeständnisse an die SPD in den Koalitionsverhandlungen. Manche sind
zynisch und heuchlerisch. Der „Kompromiss“ in der Flüchtlingsfrage nimmt nichts
von der Zerschlagung des Asylrechts zurück und bleibt unmenschlich.
Das
Zugeständnis an die Personalsituation im Gesundheitswesen ist Kosmetik. Laut
ver.di-Berechnungen fehlen 162 000 Stellen. Das kann jeder nachvollziehen, der
sich in den letzten Jahren in einem Krankenhaus aufgehalten hat: 8 000
zusätzliche Stellen sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Von der
Privatisierung des Gesundheitswesens wird kein Stück zurückgenommen, die
Pharmaindustrie nicht angegangen.
Die
„Zugeständnisse“ bei der Rente drängen keinesfalls die Altersarmut zurück, wer
kann im Alter schon mit 48 Prozent seines früheren Nettoeinkommens leben? Frau
Merkel, Herr Seehofer, Herr Schulz sicher, für einen Durchschnittsverdiener
liegt das aber eher im Bereich von 1 000,- Euro im Monat. Trotzdem wird die SPD
das feiern und Frau Nahles es als Ergebnis von Verhandlungen „bis es quietscht“
verkaufen.
Insgesamt
zeigen diese Ergebnisse immerhin, dass man die SPD in der Regierung haben will.
Zugeständnisse wurden gemacht, damit der Mitgliederentscheid für die
GroKo-Beteiligung positiv ausgehen kann.
Foto: junge Welt |
Das ist
es, was mir die größten Sorgen macht. Immer dann, wenn die herrschende Klasse
die Sozialdemokraten intensiv in die Verwaltung ihres Staates, des „ideellen
Gesamtkapitalisten“, einbauen wollte, gab es dramatische Verschärfungen der
Aggressivität des deutschen Imperialismus – nach innen und/oder nach außen. Ich
erinnere an die Wiedererlangung der Fähigkeit Angriffskriege zu führen, bzw. an
die Agenda 2010. Wer wäre besserer Garant diese Agenda der sozialen Spaltung
und damit die
Rechtsentwicklung fortzuschreiben als das neue Dreigestirn der
SPD,
Scholz, Schulz und Nahles?
Die
Zugeständnisse an die SPD deuten darauf hin, dass Zugeständnisse an den nicht
ausgegrenzten, nicht prekär beschäftigten Teil der Arbeiterklasse gemacht
werden sollen. Dies dürfte auch erklären, warum es vor allem aus dem
Gewerkschaftsapparat Druck in Richtung „Große Koalition“ und frühzeitige Freude
über Teilergebnisse der Verhandlungen gab. An der Basis der Gewerkschaften war
die Euphorie verhaltener. Offensichtlich soll aber vor allem sie durch die
Verhandlungsergebnisse und den möglichen Eintritt der SPD in eine Bundesregierung
eingebunden werden.
Besonders
hinsichtlich der Frage Hochrüstung und Kriegspolitik habe ich große
Befürchtungen. Im Ergebnis der Sondierungsgespräche kam die NATO-Forderung, den
Rüstungshaushalt quasi zu verdoppeln (auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts) nicht
vor. Weil man sich da von der Grundtendenz einig ist, steht zu vermuten. Klar,
die SPD sagt „2 Prozent gehen gar nicht“, aber der Wehrbeauftragte der
Bundesregierung, der von der SPD kommt, bringt eine Steigerung auf 1,5 Prozent
ins Spiel, was immer noch eine Erhöhung des jährlichen Rüstungshaushalts um
knapp 20 Prozent bedeuten würde.
Hier spricht
die Koalitionsvereinbarung eine deutliche Sprache. Die Rüstungsindustrie soll „konsolidiert
und gefördert“, die Bundeswehr mit Drohnen ausgerüstet werden. Ebenfalls
vereinbart ist die Erweiterung der Truppenkontingente in Mali
und Afghanistan.
Die
Weiterführung eines massiven Demokratieabbaus und der Aufrüstung von Polizei
und Geheimdiensten war kein Streitpunkt und wird mit der Personalie Horst
Seehofer (CSU) als Innenminister forciert.
Einig war
man sich über die Militarisierung der EU, über PESCO und über Investitionen in
die „Eurodrohne“.
Deswegen
werden die Zugeständnisse an die SPD wohl vor allem darum gemacht, um wichtige
Teile der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den Kurs des deutschen Imperialismus
einzubinden.
Dass Hochrüstung, Kriegspolitik, Demokratieabbau und der Kurs die Ausbeutungsverhältnisse innerhalb der EU zugunsten einer deutsch (-französischen) Dominanz zu zementieren in der öffentlichen Diskussion keine Rolle spielen ist erschreckend.
Das gilt leider auch für viele Äußerungen aus den Gewerkschaftsapparaten. Offensichtlich
Dass Hochrüstung, Kriegspolitik, Demokratieabbau und der Kurs die Ausbeutungsverhältnisse innerhalb der EU zugunsten einer deutsch (-französischen) Dominanz zu zementieren in der öffentlichen Diskussion keine Rolle spielen ist erschreckend.
Das gilt leider auch für viele Äußerungen aus den Gewerkschaftsapparaten. Offensichtlich
wirken
hier kleinste Zuckerbrote, die aber auch nur kleinste Teile der Klasse
spüren werden.
Kein
Grund zur Freude und für SPD-Mitglieder, die an einer Sozialdemokratisierung
ihrer Partei interessiert sind, sicher ein Grund, im Mitgliederentscheid mit
„Nein“ zu stimmen. Das reicht nicht, kann aber ein Anfang sein.
Ohne
Druck der Straße, ohne Massenbewegung gegen Hochrüstung, gegen die
Verdopplung
des Rüstungshaushalts auf zwei Prozent des BIP nach
NATO-Kriterien,
gegen Kriegspolitik, Demokratie- und Sozialabbau sind
die Perspektiven
dieser möglichen Neuauflage der Großen Koalition
beängstigend.
Diesen
Druck zu entwickeln ist dringende Aufgabe aller Demokraten. Für
Sozialdemokraten ist ein Nein bei der Mitgliederbefragung ein erster Schritt.
Von
Patrik Köbele
DKP Parteivorsitzender
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen