Lucas Zeise zum deutschen Mythos von Europa
Die
Herren Schulz und Gabriel wollen Europa zum eigentlichen Zweck der neuen
deutschen Regierung machen. „Es ist Aufgabe der SPD, die zentrale Rolle
Deutschlands bei der Gestaltung Europas anzumahnen und den fortschrittlichen
Kräften in Europa die Hand zu reichen.“
So
formulierte der SPD-Parteivorstand, um den Delegierten des Parteitages den Weg
in eine erneute Koalition mit der CDU/CSU schmackhaft zu machen. Schulz
kündigte sogar an, er wolle die EU bis 2025 in die Vereinigten Staaten von
Europa umwandeln. Das soll kühn wirken, was es ja auch ist.
Die SPD
benutzt Europa als Rechtfertigung für eine ungeliebte Regierungsbeteiligung.
Noch scheint die EU so beliebt bei einem Teil des Volkes, dass die Partei
glaubt, das könnte funktionieren. Zur Rechtfertigung der EU wird das große
Thema Frieden herbeigezaubert.
Die
Europäische Union (vormals Wirtschaftsgemeinschaft) ist wie die NATO ein Kind
des Kalten Krieges. Die lange Periode von 1945 bis 1998 ohne Krieg in Europa ist
ebenfalls Produkt dieser Konstellation, die die imperialistischen Mächte
veranlasste, nicht nur auf den Krieg untereinander zu verzichten, sondern auch
ökonomisch ein Stück weit zu kooperieren, um den Sozialismus einzudämmen und
zurückzudrängen.
Die Zeit
des erzwungenen Friedens zwischen den Imperialisten ist seit 1990 vorbei. Haben
wir es mit einem Wunder zu tun, wenn wir feststellen, dass die alten
imperialistischen Staaten auch heute noch untereinander Frieden halten und
Krieg und Subversion aber nur zur Unterwerfung neuer Rivalen oder unbotmäßiger
Regierungen aus der früheren 3. Welt einsetzen?
Der am
Ende des 2. Weltkrieges unter Führung der USA organisierte „Westen“ besteht
nach wie vor. Die EU, obgleich ökonomisch schärfster Konkurrent der USA, wird
von diesen nicht bekämpft. Sie tolerieren auch wohlwollend die führende Rolle,
die der deutsche Imperialismus in der EU spielt.
Das
EU-Regime des freien Kapitalverkehrs und des Wettbewerbs der Staaten
untereinander ist für die deutschen Konzerne von unschätzbarem Wert. Umgekehrt
stellt Deutschland die führende Rolle der USA innerhalb des „Westens“ nicht in
Frage. Auch der von Präsident Trump unter der Parole „America first!“ mit einer
Steuerreform angekündigte Handelskrieg ist nach der Intervention der EU-Europäer
unterblieben. Die Aufregung über ein Ende des transatlantischen Neoliberalismus
war verfrüht.
Militärisch
läuft alles wie von langer Hand geplant: Im Ziel, verstärkt aufzurüsten und
Russland zu bedrohen, sind sich alle Seiten einig. Auch die Kriege gegen und in
Afghanistan, Libyen, Syrien und Nordafrika werden gemeinsam geplant und
arbeitsteilig betrieben – wenn auch nicht immer gewonnen.
Friedrich
Engels hat vor 130 Jahren die Lage in Europa beschrieben und den Weltkrieg
erstaunlich präzise vorhergesagt, der 26 Jahre später begann.
Auch
heute geht es um die Weltherrschaft. Die europäischen Imperialisten, vor allem
Deutschland, stehen dabei fest an der Seite der USA, deren Dominanz von
Russland, vor allem aber dem ökonomisch immer stärker werdenden China in Frage
gestellt wird. Der dritte Weltkrieg wird vorbereitet.
Von Lucas Zeise
Aus „unsere zeit (UZ) – Zeitung der DKP“ vom 12. Januar 2018
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