Fidel Castro, Revolutionär, Staatsmann,
marxistischer Theoretiker und Symbol für das sozialistische Kuba, wird am 13.
August 90 Jahre alt
Lieber
Genosse Fidel,
die
Deutsche Kommunistische Partei sendet Dir die herzlichsten Grüße und besten
Wünsche zur Vollendung Deines 90. Lebensjahres!
Schon als
junger Mann hast Du Dich in den Dienst Deines kubanischen Volkes gestellt,
indem Du an der Spitze der Bewegung gegen den Diktator Batista gestanden hast.
Dabei hast Du revolutionäre Weitsicht und Geduld bewiesen, und wie Du in Deiner
Verteidigungsrede nach dem Sturm auf die Moncada-Kaserne vorhergesagt hast, hat
Dich die Geschichte freigesprochen. Der Widerstand gegen die Diktatur war
berechtigt und hat dem Volk Kubas die Freiheit und Souveränität gegeben, die
ihm bürgerliche und Marionettenregierungen in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts nicht geben konnten.
Immer
wieder hast Du die Aufmerksamkeit auf die Dramatik der drohenden Zerstörung der
natürlichen Existenzgrundlagen gerichtet, und damit demonstriert, dass der
Kampf um einen sozialistischen Entwicklungsweg und die Klasseninteressen des
Proletariats aufs engste mit dem Kampf um das Überleben der Gattung Mensch
verbunden ist.
Kuba hat
eine internationale Solidarität entwickelt, wie es in der Weltgeschichte nicht
häufig vorkam. Kuba war der entscheidende ausländische Faktor, dass das südliche
Afrika von Kolonialismus und Apartheid befreit wurde, aber auch in anderen
Regionen der Welt war Dein Land initiativ. Heute sind Lehrerinnen und Lehrer,
Ärztinnen und Ärzte in aller Welt unterwegs um die kapitalistischen Verbrechen
an der Sozialpolitik der Staaten zu beheben. Kuba bleibt ein Leuchtturm des
Internationalismus!
In deinen
Arbeiten und Ausführungen hast du immer wieder wichtige Beiträge für den Kampf
der Kommunistischen Parteien um die Wahrung und Wiederherstellung ihrer
marxistisch-leninistischen Identität geleistet. Nicht zuletzt mit Deiner Rede
zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, in der Du erklärtest, dass 27
Millionen Sowjetbürger im Großen Vaterländischen Krieg auch für das Recht
gestorben sind „Marxist-Leninist zu sein, Kommunist zu sein und die
Vorgeschichte zu verlassen“.
Die DKP
pflegt enge Beziehungen zur Kommunistischen Partei Kubas, die 1965 neu
gegründet worden ist. In den Neunzigerjahren sind in Kooperation zwischen PCC
und DKP in der Provinz Matanzas mehrere Arztpraxen und Gesundheitszentren
entstanden. Damit wollten wir dem kubanischen Volk ein wenig von seinem
Internationalismus zurückgeben und es gleichzeitig in den schweren Jahren der
Sonderperiode unterstützen. Die DKP bleibt an der Seite der Kubanischen Revolution!
Nach
Deiner Erkrankung vor zehn Jahren hast Du die Ämter niedergelegt, aber Dich
nicht aus der Politik zurückgezogen. Revolutionäre gehen nicht in den Ruhestand
…
Für Deine
feste Entschlossenheit, für Dein revolutionäres Beispiel, für Deine klugen
Reden vor nationalen und internationalen Gremien, für dieses Leben im Dienst
des Sozialismus danken wir Dir.
Mit
kommunistischen, internationalistischen und immer solidarischen Grüßen
Patrik
Köbele (Vorsitzender der DKP)
Wera
Richter (Stellvertretende Vorsitzende der DKP)
Hans-Peter
Brenner (Stellvertretender Vorsitzender
der DKP)
Das Werk aller
Wie lässt
sich eine kommunistische Persönlichkeit von ihrer Umgebung trennen? Gar nicht,
wenn sie sie so stark beeinflusst hat, wie es bei Fidel Castro und dem
revolutionären Kuba der Fall ist.
Als vor
genau zehn Jahren der gesundheitlich bedingte Rückzug Fidels von allen Ämtern
in Staat und Partei bekannt wurde, ergab sich die Frage, wie sich Kubas
Parteiführung angesichts dieser Herausforderung aufstellen würde. Der Sorge um
Fidel selbst, verbunden mit den anstehenden Feiern zu seinem runden Geburtstag,
wurde mit einem trotzigen „Fidel: 80 más“ (Fidel: noch einmal 80 Jahre) auf
vielen Plakaten an den Straßen der Hauptstadt Ausdruck verliehen. Der
Revolutionsführer genießt – sogar bis in Kreise der nicht terroristischen,
nicht auslandsfinanzierten Opposition – eine hohe Anerkennung in der
kubanischen Gesellschaft, wenn auch die kapitalistischen Medien sich allein der
Minderheit im Land bedienen, wenn es um den Beweis des Gegenteils geht.
Die
Übergabe der Ämter an seinen Bruder Raúl Castro, später durch Wahlen in Staat
und Partei bestätigt, zeigte, dass die Kontinuität der Revolution gewahrt
blieb. Nuancenhafte Änderungen des Kurses gingen jeweils auf das (ebenfalls in
Kontinuität fortgeführte) Prinzip zurück, alles dann zu ändern, wenn es der
Moment erfordert oder ermöglicht – und sind keineswegs Zeichen für Differenzen
zwischen den Brüdern. Daher ist auch das damals in Mode gekommene Ausmachen von
„Fidelistas“ und „Raulistas“ eine interessegeleitete äußere Wahrnehmung, die
von „amerika21“ bis „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ inzwischen weitgehend in
der Versenkung verschwunden ist.
Wie lässt
sich eine kommunistische Persönlichkeit aus ihrer Umgebung herausheben? Am
besten nicht, wenn sie tatsächlich eine ist. Fidel Castro hat nie Wert auf
einen Kult um seine Person gelegt, und deshalb sind Geburtstagsglückwünsche für
den Menschen und anlässlich dessen für seine Leistung angemessen, aber
Verehrung nicht. Kein Gebäude, kein Platz auf Kuba ist zu Lebzeiten nach ihm
benannt.
Es sei
denn, die gleiche Verehrung gälte in gleicher Weise auch den Revolutionärinnen
und Revolutionären, die sich – zeitlich parallel zur Kubanischen Revolution –
ebenfalls in Theorie und vor allem Praxis für die Überwindung des Kapitalismus
eingesetzt haben und dafür in so vielen Ländern der Erde ihr Leben lassen
mussten. Ob in Vietnam, Indonesien, Kolumbien, Griechenland, dem Kongo,
Nicaragua, Angola, Laos, El Salvador, Burkina Faso, Portugal, der Türkei,
Palästina, Spanien, den Philippinen, Guatemala oder wo auch immer.
Sie
hatten nicht das Glück zu überleben. Womöglich waren ein paar von ihnen von
Intellekt und Charisma auch dazu bestimmt gewesen, die Unabhängigkeit ihres
Landes und dessen soziale Umwälzung zu erreichen und zu verteidigen. Alle, die
sich auf die eine oder andere Art ehrlich und unbedingt für den Sozialismus als
Prinzip und als Praxis für die gesellschaftliche Ordnung gegen die anarchische
Gesellschaftsformation des Kapitalismus einsetzen, verdienen die gleiche
Anerkennung, denn sie tun es unter unterschiedlichen Bedingungen auch – mit den
Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen.
Fidel
weiß das – nichts geht von allein und nichts geht allein. Wer die Zukunft
erkämpfen will, braucht Genossinnen und Genossen, und das Werkzeug für die
sozialistische Revolution ist die Kommunistische Partei.
Letzteres
galt auf Kuba nur bedingt. Fidel Castro ist fast auf den Tag genau ein Jahr
jünger als der Vorläufer der Partei, der er so lange vorstand. Am 16. August
1925 hatten Carlos Baliño und Julio Antonio Mella die erste Kommunistische Partei
Kubas in Havannas Stadtteil Vedado gegründet. „Obwohl die Partei fast alle
Jahre ihrer Existenz in der Illegalität verbringen musste und fürchterlichen
Verleumdungen der bürgerlichen Presse ausgesetzt war, die den neokolonialen
Status Kubas verteidigte, half sie dabei, die Ideen des wissenschaftlichen
Sozialismus zu verbreiten, ermutigte zur Schaffung klassischer Gewerkschaften
und ermöglichte es, das Volk für den Kampf zur nationalen Befreiung zu
organisieren“, sagte Jorge Risquet, hochdekorierter kubanischer
Internationalist, bei der Gedenkveranstaltung am 90. Gründungstag der KP Kubas,
wenige Wochen vor seinem Tod.
Die KP,
die geehrt wurde, änderte 1944 ihren Namen in Sozialistische Volkspartei (PSP)
um; angesichts der Nähe zur KP der USA wenig verwunderlich, dass sie den
Ereignissen, die die jungen Revolutionäre um Fidel Castro 1953 lostraten,
mindestens zurückhaltend gegenüberstand. Im Oktober 1965 wurde dann die jetzige
KP Kubas als Zusammenschluss dreier Organisationen, darunter die PSP, über den
Umweg der „Vereinten Partei der sozialistischen Revolution“ (PURS) neu
gegründet. Fidel Castro wurde ihr Erster Sekretär, ab 1976 auch Präsident der
Republik. Die KP Kubas initiierte in den letzten Jahren manche Neuerungen in
der Gesellschaft, immer mit dem Mut zur Selbstkritik und dem Geist der
Offenheit, den auch ihr historischer Vorsitzender besitzt.
Nun wird
er neunzig Jahre alt, trotz unzähliger Attentate auf sein Leben und das auch
von ihm vollbrachte Werk: Die Verteidigung der Revolution gegen alle Versuche
das Land wieder in die Abhängigkeit vom Imperialismus zu treiben. Nicht viele
Menschen können von sich sagen, dass ihrem Tod so viel Aufmerksamkeit
entgegengebracht wurde – von den Feinden aktiv, von den Freunden in Sorge. Die
bange Frage „Was passiert, wenn Fidel stirbt?“ durchzog nach dem Zerfall der
UdSSR fünfzehn Jahre lang die Solidaritätsveranstaltungen, als sei die
Revolution das Werk eines einzelnen Mannes – bis zum Übergang vor zehn Jahren.
Da aber Fidel Castro eine kommunistische Persönlichkeit ist, baut er nicht nur
auf seine eigene Person sondern auf die, die am selben Werk arbeiten: die
ehrlichen Mitglieder der PCC und Zehntausende andere Revolutionäre. Darunter
auch auf die in der Welt, die mit seiner Säkularisierung leben können.
Günter
Pohl
Die Solidarität und der Internationalismus
Fidel Castros werden sein Leben überdauern
Am 13.
August vollendet Fidel Castro sein neunzigstes Lebensjahr. Nur wenige Menschen
auf dem Planeten können auf ein annähernd bewegtes Leben zurückblicken und
haben dabei gleichzeitig so viele Attentate auf ihr Leben überstehen müssen.
Die
Kubanische Revolution und Fidel Castro sind untrennbar miteinander verbunden,
auch wenn es zu ihrer Errichtung und Festigung eines ganzen Volkes und nicht
nur einer einzigen Persönlichkeit bedurfte – so ungewöhnlich stark diese auch
sein mag.
Fidel
Castro hat die Kubanische Revolution immer als Produkt des Kampfes mehrerer
Generationen von Kubanerinnen und Kubanern gesehen. Dazu zählen die
Widerstandsaktionen gegen die spanische Kolonisation im 19. Jahrhundert, die,
angeführt von Manuel de Céspedes, zum ersten Unabhängigkeitskrieg führten. Der
zweite Unabhängigkeitskrieg, inspiriert besonders von den Ideen von José Martí,
brachte die Ablösung der Herrschaft der Spanischen Krone, führte aber zur
Übernahme der faktischen Macht durch die Vereinigten Staaten.
Wirkliche
Souveränität erlangte Kuba erst mit dem Triumph der Revolution 1959, die
gleichermaßen internationales Agieren auf Augenmaß mit den führenden
Industriestaaten brachte, wie auch eine gesellschaftliche Gleichheit der
Kubanerinnen und Kubaner wie es sie bis heute in Lateinamerika nicht gibt. Die
Revolution war mit dem Sturm auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953
eingeläutet worden – unter Führung des jungen Fidel Castro.
Immer hat
Fidel Castro mit seinem eigenen Internationalismus den Internationalismus
seines Volkes inspiriert. Kuba hat unter großen Opfern wesentlich dazu
beigetragen, dass das südliche Afrika frei von Kolonie und Apartheid wurde. Bis
heute wird Fidel Castro, stellvertretend für das kubanische Volk, dafür in ganz
Afrika verehrt.
Nach dem
Zusammenbruch der Sowjetunion hat Fidel als Staatspräsident Kuba durch schwere
Jahre geführt. Die damals ausgerufene Sonderperiode ist heute weitgehend
überwunden, und Kuba ist immer noch ein sozialistisches Land. Veränderungen und
Korrekturen am sozialistischen Gesellschaftssystem sind immer dann durchgeführt
worden, wenn sie nötig und wenn sie möglich waren. Heute ist Kuba Beispiel
dafür, dass jenseits des ausbeuterischen und parasitären Kapitalismus, der
immer auch auf die Ausgrenzung von Minderheiten setzt und dem das Führen von
Kriegen immanent ist, eine andere Art von gesellschaftlichem Zusammenleben
möglich ist. Die Menschheit hat eine andere Wirtschafts- und Gesellschaftsform
auch nötig, wenn sie ihr Überleben organisieren will!
Dieses
Beispiel hat Fidel Castro den Hass der imperialistischen Mächte eingetragen –
und dieses Beispiel hat 1974 zur Gründung der Freundschaftsgesellschaft
BRD-Kuba und zur Solidarität mit Kuba auch in den deutschen Staaten geführt.
Wir
wissen, dass die Solidarität stärker ist als der Irrationalismus, mit dem Kubas
Revolution bekämpft wird. Diese Solidarität geht über den Menschen Fidel
Castro, dem wir noch viele Jahre an der Seite seines Volkes wünschen, hinaus.
Sie wird eines Tages auch sein Leben überdauern.
Bundesvorstand
der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba
Begegnungen mit Fidel Castro
Von Heinz Langer, mehrere Jahre Botschafter der
DDR in Kuba
Zu den
Mitarbeitern des kubanischen Außenministeriums und der Internationalen
Abteilung der Partei hatte ich ausgezeichnete, freundschaftliche Beziehungen,
und auch zu Fidel. Ich war schließlich Mitglied der ersten Partei- und
Regierungsdelegation der DDR in Kuba und hatte in meiner Eigenschaft als
Sektorleiter Lateinamerika im Zentralkomitee der SED vor allem im Zusammenhang
mit den Ereignissen in Chile sehr intensive Arbeitskontakte mit Kuba. Also
nutzte ich meine Position, um den Protokollchef Kubas, Roberto Melendes, zu
konsultieren, wie ich meinen Auftrag an Fidel überbringen könnte. Roberto, der
seinen Präsidenten schon aus den Zeiten der Rebellenarmee kannte, sagte mir,
dass Fidel keinen großen Wert auf Glückwunschzeremonien lege. Er gab mir den
Rat, ihn einfach zu mir einzuladen, denn es zeigte sich, dass es schwer war,
einen offiziellen Termin über das Protokoll zu bekommen. Ich wählte die
Vermittlung durch die enge Vertraute Fidels, seine Privatsekretärin und
Kampfgefährtin aus der Sierra Maestra, Celia Sanchez. Meistens kam dann Fidel
zu mir in die Residenz. Ich vermute, dass er solchen Dingen einen privaten
Charakter geben wollte. Er bedankte sich für die Grüße und begann, vollkommen
entspannt über die Bedeutung des 13. August für die DDR zu sprechen. Dazu hatte
er einen klaren Standpunkt. Fidel hatte überzeugende Informationen, welcher
Schaden der DDR früher durch die offene Grenze und die Politik der BRD
entstanden war. Er verglich die US-Blockadepolitik gegen Kuba mit den Methoden
der BRD-Regierung gegen die DDR. Die Maßnahmen gegen Kuba verstand er als eine
weitere Methode, um die Verbreitung der sozialistischen Idee in Misskredit zu
bringen.
Die
Unterhaltung verlief in lockerer Atmosphäre. Solche Gespräche waren für mich
als DDR-Vertreter sehr wertvoll und trugen sichtbar zu Festigung der
persönlichen Beziehung bei. Der Geburtstag Fidels war übrigens nicht der
einzige Anlass, dass er mich in meiner Wohnung besuchte.
Einmal
besichtigte er die ganze Residenz – wohl wissend, dass das Haus, wie er sagte,
für die einst mächtigste Figur im vorrevolutionären Kuba, den
USA-Militärattaché, gebaut worden war. Fidel entdeckte in den beiden
Arbeitszimmern jeweils einen verschlossenen Safe. Als ich ihm sagte, dass ich
bisher diese Tresore noch nicht öffnen konnte, spürte ich sein wachsendes
Interesse und er versprach mir, einen seiner Spezialisten zu schicken. Aber wie
vermutet, hatte der US-Vertreter noch genügend Zeit gehabt, die Geheimnisse in
Sicherheit zu bringen.
Der Internationalist
Es ist
bekannt, dass Kuba ein großes Verdienst bei der Befreiung von Ländern Afrikas
von kolonialer oder halbkolonialer Abhängigkeit hat. So zum Beispiel im Falle
Angolas. Dieses reiche Land wurde ebenfalls mit der Nelkenrevolution in
Portugal frei. Auch in diesem Falle war es dringend erforderlich, die Freiheit
gegen die Gelüste anderer imperialer Mächte zu verteidigen. Im Oktober 1975
drohten die Streitkräfte Südafrikas und des Kongo unter Mobutu die Hauptstadt
Angolas zu erobern. Der Führer der Befreiungsbewegung MPLA, Agostinho Neto, bat
die revolutionäre Regierung Kubas um Hilfe. Die kubanische Regierung reagierte
unverzüglich, indem sie umfangreiche militärische Hilfe schickte. Die DDR hatte
selbst traditionelle Beziehungen zu den afrikanischen Befreiungsbewegungen. Die
Führung der DDR unterstützte, ihren Möglichkeiten entsprechend, auch die
kubanischen Hilfsmaßnahmen. Natürlich benötigte das sozialistische Kuba mit
seinen begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten diese Unterstützung.
Zur
Koordinierung der Sicherstellung für die umfangreichen Militäraktionen besuchte
mich Fidel öfter in meiner Residenz, wodurch die vertrauensvollen,
freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Staaten weiterhin gefestigt
wurden. Die Besuche erfolgten spontan. Fidel meldete sich aber immer
kurzfristig mit seinem Autotelefon an. Oft kam er in Begleitung einiger
Minister, in Abhängigkeit von den Objekten, die er gerade besuchte. Auch hier
herrschte eine komplett informelle Atmosphäre. Ihm machte es auch nichts aus,
wenn er mich beim Rasieren oder beim Umkleiden für eine nächste Veranstaltung
überraschte. Fidel breitete gewöhnlich die Karte von Angola aus und erläuterte
mir im Detail die unmittelbar bevorstehenden Kampfhandlungen. Es war
beeindruckend, wie er über die große Entfernung Einfluss auf die taktische
Situation ausübte, wie er persönlich und effektiv die Führung der kubanischen
Truppen in Angola organisierte. Natürlich setzte er voraus, dass ich jeweils
die Partner in der DDR aktuell informierte.
Rum und Bier
Während
der feierlichen Eröffnungszeremonien anlässlich der Übergabe von uns erbauter
Objekte musste ich stets auf der Hut sein. Denn Fidel hatte sich angewöhnt,
während seiner Rede überraschend Fragen an mich zu stellen.
So zum
Beispiel im Falle der Brauerei ‚Minima“ in Paraguay. Die Fragen betrafen u. a.
die Trinkgewohnheiten der DDR-Bürger oder technische Probleme des Bierbrauens.
Am Abend, beim Empfang, erzählte er mir über die Probleme in der Provinz
Holguin, in der sich die Industrie am schnellsten und mit ihr die Anzahl der
Arbeiter entwickelt habe. Die Trinkgewohnheiten seien noch immer auf den Konsum
von kubanischem Rum gerichtet. Daher plane er, die Brauerei zu erweitern, damit
die Arbeiter mehr Bier an Stelle von Rum konsumierten. Wie nebenbei erkundigte
er sich, ob von unserem Kredit für die Brauerei in Camaguey „noch etwas übrig
sei, um die Brauerei in Holguin zu erweitern“. Heute ist diese Brauerei
übrigens noch immer die modernste Kubas.
Übergabe der modernsten Druckerei Kubas
Es war
geplant, dass in dieser Druckerei – mit einer projektierten Jahreskapazität von
20 Millionen Büchern – der Schulbuchbedarf des kubanischen Bildungswesens, eine
der wichtigsten Errungenschaften der kubanischen Revolution, gedeckt werden
sollte. Der Bedeutung entsprechend konnten wir aus diesem Anlass ein
künstlerisch anspruchsvolles Eröffnungskonzert erwarten. Die beiden damals
bekanntesten Sänger, Silvio Rodriguez und Pablo Milanes, gaben sich die Ehre.
Vor dem Konzert besichtigte Fidel die riesige Druckerei. Es war beeindruckend,
ihn bei seinem Rundgang zu beobachten. In der klimatisierten Produktionshalle
mit modernsten Maschinen und anderen Geräten unserer auf Weltniveau
produzierenden polygraphischen Industrie ausgestattet, herrschte feierliche Stimmung.
Die Arbeiter und das Servicepersonal waren überwiegend junge Leute, die ihre
Ausbildung meist in der DDR, in Leipzig oder Dresden erhalten hatten. Auch hier
bemerkten wir in den Gesprächen den großen Sachverstand Fidels. Natürlich
interessierte er sich auch für die Qualifizierungsmaßnahmen in der DDR. Die
längste Zeit verbrachte er jedoch damit, sich mit den kubanischen Jugendlichen
über ihr privates und soziales Umfeld in sehr lockerer und völlig ungezwungener
Art und Weise zu unterhalten. So etwas habe ich in dieser Form bisher nur in
Kuba erlebt, dass der oberste Repräsentant sich mit Arbeitern und Jugendlichen
unterhält, als wären sie Mitglieder eines gleichen Arbeitskollektivs.
Gegen
Ende des Konzerts fragte mich Fidel, ob ich danach noch Zeit hätte, um mit ihm
und seiner Begleitung (es waren die Bezirkssekretäre der Ostprovinzen, der
Landwirtschaftsminister, weitere Minister, wie für das Bauwesen und für die
Staatsreserven) in die Berge zu fahren. Er müsse dort in einem Tal „Valle de
Caugery“ im östlichen Bergmassiv eine wichtige Entscheidung treffen. In diesem
sehr fruchtbaren Tal, das aber zu wenig Wasser hat, müsse ein Fluss gestaut
werden, um es für die anliegenden Bauern und die Landwirtschaft besser nutzen
zu können. Das Projekt wolle er vor Ort mit den Bauern und Spezialisten
diskutieren, um zu einer Entscheidung zu kommen.
Wir
hatten uns schon gewundert, dass eine Kolonne mit zahlreichen Jeeps vorgefahren
war. Mich traf die Einladung völlig unvorbereitet. Ich nahm die Ehre an und
willigte in dieses Abenteuer ein. Ich schickte meinen Fahrer mit Wagen und
entsprechenden Instruktionen für meine Frau und die Botschaft nach Havanna
zurück und reihte mich mit dem mir zur Verfügung gestellten Jeep in die Kolonne
ein. Etwa zwei Stunden fuhren wir in völliger Dunkelheit durch die Berge bis zu
einem improvisierten Feldlager der Armee. Dort, es war gegen 2 Uhr in der
Nacht, wurden wir von Soldaten bewirtet. Während des Essens plauderte Fidel
über Erlebnisse in den Bergen aus der Zeit der Kämpfe.
Nach
einiger Zeit, die wie im Flug verging, teilte er mir mit, dass die Bauern zu
einer Versammlung eingeladen hätten, um die Probleme zu diskutieren. Auch
hierzu lud er mich ein. Es fing schon an zu tagen, als wir das Tal erreichten.
Fidel stellte uns den Bauern vor und bat mich, neben ihm Platz zu nehmen. Er
begann sogleich über die Landwirtschaft der DDR und über den Einfluss der
Genossenschaften auf Kuba zu sprechen und brachte mich zur Belustigung der
Versammelten wiederholt ins Spiel, indem er mir Fragen stellte über Dinge, die
die kubanischen Bauern noch nicht kannten – wie Magermilch, Margarine usw. Über
das Stausee-Projekt entwickelte sich eine heftige Diskussion. Erschöpft, aber
zufrieden, fuhren wir zu unseren Zelten und freuten uns auf den verdienten
Schlaf. Wir nahmen an, dass der Chef sich ebenfalls zur Ruhe begab; aber weit
gefehlt, er zog sich mit den Spezialisten für das Bauvorhaben in sein Zelt
zurück, um an dem Projekt zu arbeiten. Ich war froh, dass Fidel mir einen Platz
in seinem Flugzeug anbot für die Rücktour.
Resümierend
kann ich sagen, dass diese Begegnung zum wiederholten Male meine Meinung
bestätigt hat, dass Fidel Castro ein außergewöhnlicher Mensch ist: menschlich
und – was viele nicht glauben wollen – zugleich ein Staatsmann, der sich bei
seinen Entscheidungen mit seinen Mitarbeitern und den kompetenten Gremien
berät, der trotz seines Temperaments geduldig und ausdauernd zuhören kann.
(Nachdruck
aus „Cuba Libre“,
Zeitschrift
der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e. V.
Red.
bearb. und gekürzt)
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