Der 1. Mai ist tief in der kämpferischen
Tradition der internationalen Arbeiterbewegung verwurzelt.
"Es ist der Geist der Maifeier, es ist der
Gedanke des Massendrucks durch verschränkte Arme, aus dem die Maifeier geboren
ist."
Rosa Luxemburg
Durch die
sich im 19. Jahrhundert rasant vollziehende weltweite industrielle Revolution
wuchs das Heer der Lohnarbeiter in Europa und Nordamerika stetig an, allerdings
regional differenziert. Lag der Anteil der Fabrikarbeiter 1848 in Preußen erst
bei 4,2 Prozent der männlichen Bevölkerung, so 50 Jahre später im gesamten
Deutschen Reich bereits bei 44 Prozent, gemessen an der Gesamtzahl der
Erwerbstätigen. Die Lohnarbeiter mussten für Hungerlöhne mehr als 12 Stunden
ohne jeglichen Arbeitsschutz täglich hart arbeiten. Oft mussten Frauen und
Kinder zu noch schlechteren Bedingungen mit arbeiten, um die Familie ernähren
zu können. Ein vergleichbares frühkapitalistisches Elend soll heute wieder den
abhängig Beschäftigten aufgebürdet werden. Der zwölfstündige Arbeitstag,
verbunden mit enormer Arbeitshetze, ist schon wieder keine Ausnahme mehr.
Der
tagtägliche Klassenkampf enthüllte den Gegensatz von Lohnarbeit und Kapital. Er
verdeutlichte, dass sich materielle Interessen unversöhnlich gegenüber stehen.
Dieser Kampf mag seine Formen ändern, nicht aber sein Wesen. Georg Herweghs
Ausspruch „Mann der Arbeit aufgewacht und erkenne deine Macht alle Räder stehen
still, wenn dein starker Arm es will" hat bis heute seine Bedeutung nicht
verloren. Er ging als „geflügeltes Wort" aus den Anfängen der
organisierten deutschen Arbeiterbewegung in das öffentliche Bewusstsein ein.
Zur
Entwicklung des für die Arbeiter lebensnotwendigen Klassenbewusstseins trugen
entscheidend, nur drei Jahre später und damit bereits am Vorabend der
bürgerlichen Revolution von 1848/1849, Karl Marx und Friedrich Engels mit der
Abfassung des „Manifest(es) der Kommunistischen Partei" bei. Es entstand
1847 im Auftrag des Bundes der Kommunisten. In ihm wurden mit sezierender
Schärfe Fortschritt, aber vor allem die Ausweglosigkeit der kapitalistischen
Produktionsweise gekennzeichnet.
Im
Ergebnis dieser Analyse wurde im Manifest das Erfordernis der Ergreifung der
politischen Macht durch die Arbeiterklasse im Weltmaßstab, mit dem Ziel der
Aufhebung des Privateigentums, der Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft
herausgearbeitet. Eine der grundlegenden Schlussfolgerungen des
"Kommunistischen Manifestes" ist das internationalistische
Zusammenwirken der Arbeiterklasse aller Länder. Sie wurde treffend in der
Losung „Proletarier aller Länder vereinigt Euch" erfasste. Wer will
angesichts der heute sich vollziehenden Globalisierung des Kapitals, die ihren
Ursprung in der kapitalistischen Gesellschaft selbst hat, bestreiten, dass
diese Losung für die internationale Arbeiterklasse aktueller denn je ist.
Als sich
die Arbeiterklasse mit einem eigenen Klassenbewusstsein entwickelt hatte, bekam
auch der 1. Mai über den Charakter einer volkstümlichen Maifeier hinaus, eine
eindeutig politische Bedeutung. Das geschah durch den Beschluss des
Gründungskongresses der II. Internationale in Paris 1889, gleichzeitig in allen
Ländern und Städten "eine große internationale Manifestation" für die
Erkämpfung des Achtstundentages und für internationale proletarische
Solidarität durchzuführen.
In
Erinnerung an die Kämpfe vom 1. Mai 1886 der amerikanischen Arbeiter für den
Achtstundenarbeitstag wurde dafür der 1. Mai 1890 vorgesehen. Trotz des
Sozialistengesetzes legten an diesem Tag in Deutschland rd. 200.000 Arbeiter
die Arbeit nieder. Auch in einigen anderen Ländern wurden Demonstrationen
veranstaltet. Der Brüsseler Kongress der II. Internationale 1891 beschloss
daraufhin, alljährlich den 1. Mai als gemeinsamen "Festtag der Arbeiter
aller Länder, an dem die Arbeiter die Gemeinsamkeit ihrer Forderungen und
Solidarität bekunden sollen", zu feiern. Damit wurde der Charakter des 1.
Mai als alljährlicher Kampftag der Arbeiterklasse bekräftig und endgültig
beschlossen.
Von der
herrschenden Klasse und ihrem Staat wurde die Durchführung von Veranstaltungen
am 1. Mai mit Aussperrungen, sofortigen Entlassungen, Verboten und Waffengewalt
bekämpft. Der Blutmai 1929 in Berlin steht unauslöschbar im kollektiven
Gedächtnis der deutschen Arbeiterbewegung; er wurde in den
"Arbeiter-Taschenkalender" von 1930 aufgenommen. Die sozialen
Konflikte, die Wirtschaftsprobleme hatten sich 1929 erheblich verstärkt. Es gab
fast drei Millionen Arbeitslose. Die Unternehmerverbände betrieben einen
radikalen Lohn- und Sozialabbau und setzten sich für eine Einschränkung der
Rechte der Parlamente im Interesse des Großkapitals ein, mit der provokativen
Losung "Der Feind steht links". Der sozialdemokratische
Polizeipräsident von Berlin, Karl Zörgiebel, verbot die 1.-Mai-Demonstration in
Berlin. Bei der verbotenen Maidemonstration wurden von der Berliner Polizei 32 Menschen
erschossen und über achtzig Personen von der Polizei teilweise lebensgefährlich
verletzt. Diese Kampfansage richtete sich sowohl gegen die KPD als auch gegen
die SPD und unterstützte die Faschisierung der Gesellschaft.
Blutmai 1929 |
Gemeinsam
mit den reformistischen Führern der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften war
die Bourgeoisie bestrebt, den 1. Mai in ein bürgerliches "Volksfest"
zu verwandeln - in der Weimarer Republik wurde der 1. Mai formal zum
gesetzlichen Feiertag erklärt. Dieser Tradition fühlt sich die heutige
neoliberale SPD – als Partei zur Etablierung des bürgerlichen Bewusstseins in
der Arbeiterklasse – verpflichtet. Wer
glaubte nach der „Agenda 2010“ mit der „Rente mit 67“ und „Hartz IV“ ernsthaft
einem Franz Müntefering seinen "Vorstoß" gegen das Kapital, wenn er
doch mit seinem täglichen Wirken auf den Staat des Monopolkapitals, den
staatsmonopolistischen Kapitalismus, setzte.
Höhepunkt
des Missbrauchs der Veranstaltungen zum 1. Mai durch die Bourgeoisie war seine
Schändung durch die deutschen Faschisten, indem die Nazis die
Maifeierlichkeiten vereinnahmten und den 1. Mai als gesetzlich festgelegten
„Festtag der nationalen Arbeit" begingen. In einem Staat, der die
Organisationen der Arbeiterbewegung gewaltsam zerschlug und Tausende ihrer
Mitglieder ermorden ließ, wurde damit der politische Zynismus der Behandlung
des Proletariats als reines Ausbeutungsobjekt auf die Spitze getrieben – nie
war der 1. Mai besudelter.
Der Staat
der BRD, der im Rahmen der Nachkriegsentwicklung den Antikommunismus des
faschistischen Terrors in den Antikommunismus des Machtbereichs der USA fast
nahtlos überleiten konnte, ignorierte die Beschlüsse des alliierten
Kontrollrates und hat die nazifaschistische Demagogie vom 1. Mai als "Tag
der nationalen Arbeit" mit dem heutigen „Tag der Arbeit“ faktisch
beibehalten. In Wirklichkeit ist dieser Tag aber ein internationaler Protesttag
gegen die Ausbeutung der Lohnarbeit; er gehört dem werktätigen Volk!
Inwieweit
die Maidemonstrationen und Kundgebungen zum Bestandteil des politischen Kampfes
der Arbeiterklasse werden, hängt maßgeblich vom Klassenbewusstsein der abhängig
Beschäftigten und der Haltung der Gewerkschaften ab. Entscheidend dafür ist die
Bereitschaft der Gewerkschaften zur Übernahme der Forderungen der
revolutionären Arbeiterbewegung.
Auch in
der BRD haben die abhängig Arbeitenden keinen anderen Ausweg, als ihre
Klassenkämpfe mit dem klarem Bewusstsein ihres geschichtlichen Auftrags zu
führen. Dieses Bewusstsein des geschichtlichen Auftrages beinhaltet einerseits
die Verinnerlichung der wichtigsten Lehre des Faschismus, dass die
Arbeiterbewegung nur als einheitlich handelnde Kraft eine Chance hat die
kapitalistischen Machtverhältnisse, in denen der Profit die Leitmaxime allen
gesellschaftlichen Handelns ist, zu überwinden.
Es beinhaltet aber
andererseits auch die Verantwortung die wirklichen Interessen der Beschäftigten
zu vertreten. Das Festhalten deutscher Gewerkschaftsführer am opportunistischen
Prinzip der "Sozialpartnerschaft", d. h. der Arbeitsgemeinschaftspolitik
zwischen Kapital und Arbeit sowie das Leugnen der Klassengesellschaft in diesem
Land sind Grundfehler in der aktuellen Situation, in der immer weniger Reiche
immer mehr besitzen und immer größere Teile der Bevölkerung in Armut abrutschen.
Dies ist umso verheerender, weil damit in Zeiten massiven Abbaus aller
Sozialsysteme, welche dem Kapital in harten Klassenkämpfen abgerungen wurden,
die Gewerkschaften die Massen nicht zum kompromisslosen organisierten Kampf
gegen die Herrschaft des Kapitals mobilisieren.
Wir
fordern daher:
Stoppt
den Sozialabbau, wehrt euch gegen die Kapitaloffensive, verteidigt eure schwer
erkämpften Rechte!
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