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Nach den Anschlägen: Ursachen verschleiern –
Krieg anheizen
Eine
Woche der schrecklichen Attentate – die monströsen Terrorakte von Beirut und
Bagdad. Dann das Gemetzel von Paris. Ihm folgte ein Ausbruch von Horror,
berechtigter Empörung und Trauer. Anders als bei den beiden vorhergegangenen
Anschlägen, die eher als Fußnoten behandelt wurden, schrieen die Medien auf und
hüllten ihre Welt in Blau-Weiß-Rot. Das Massensterben im Nahen Osten gilt ihnen
als tagtägliche Routine.
Leben
wird mit zweierlei Maß gemessen. Unsere Trauer dagegen gilt allen Opfern der
Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Und
trotzdem ist die Angst spürbar. Die heizt nicht nur Präsident Hollande an, der
von einem „Krieg von Außen“ sprach und damit Raum für Spekulationen über einen
möglichen NATO-Bündnisfall gab, und der für das ganze Land den Ausnahmezustand
ausrief. Den will er jetzt auf drei Monate verlängern. Das Parlament muss noch
zustimmen. Jean-Luc Mélenchon, Vorsitzender des linken Parti de Gauche, schrieb
auf Twitter, bei drei Monaten handle es sich nicht mehr um einen Ausnahme-,
sondern um einen Dauerzustand.
Ausnahmezustand,
das bedeutet Hausdurchsuchungen bei Nacht, Ausgangssperren, Einrichtung von
Sicherheits- bzw. Schutzzonen, leichtere Abschiebungen. Der Ausnahmezustand
bedeutet, dass die Präfekten in den Departements und der Innenminister für das
gesamte Staatsgebiet weitreichende Befugnisse haben, bürgerlich-demokratischen
Rechte einzuschränken. Sie können auch Versammlungen und Demonstrationen
verbieten oder Kinos, Theater, Gaststätten und andere Versammlungsstätten
schließen lassen. Möglich wäre auch – bisher noch nicht vorgesehen –, dass der
Staat die Kontrolle über alle Medien übernehmen könnte. Zuletzt gab es den
Ausnahmezustand in Frankreich während der Vorstadtunruhen im Jahr 2005 –
allerdings beschränkt auf die betroffenen Departements.
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Das Chaos
ist der Nährboden des Terrors, gleichgültig ob herbeigebombt oder unter Einsatz
ökonomischer Mittel hergestellt. Um zu den Quellen dessen zu gelangen, was
heute „Terrorismus“ genannt wird, muss man noch weiter zurückgehen als bis zur
westlichen Unterstützung der Mudschahedin, damals „Freiheitskämpfer“ genannt,
in Afghanistan. Und ohne den verbrecherischen US-Krieg gegen den Irak mit über
einer Million Opfern, ohne die Förderung sunnitischer Extremistengruppen im
Nahen Osten als Hilfstruppen gegen den Iran und dessen Verbündete gäbe es
keinen „Islamischen Staat“ und keinen „Krieg gegen den Terror – und am
Wochenende keine Anschläge in Paris. Der Terrorismus in Gestalt des IS ist
Fleisch vom Fleisch des Imperialismus und das Machogehabe der französischen und
anderer Regierungen, die jetzt noch einmal am Rad der Gewalt drehen, ist
geeignet, immer weitere Pforten der Hölle zu öffnen.
Es gilt
wachsam zu sein. Nach den Terroranschlägen von Paris wittern die Feinde der
Demokratie in EU-Europa und den USA eine weitere Chance nicht nur
Sicherheitsgesetze zu verschärfen und im Inneren Grundrechte auf Dauer
einzuschränken. Am Dienstag forderte Frankreichs Verteidigungsminister den
EU-Bündnisfall ein. Einige missbrauchen die Anschläge auch, um mehr Grenzkontrollen
und schnellere Abschiebungen zu fordern. Das „Europa der offenen Grenzen“ ist
in Gefahr, auf seinen ökonomischen Kern zurückgeführt zu werden – mit offenen
Grenzen nicht für die Menschen, sondern ausschließlich für das Kapital. Der
bayerische Finanzminister Söder stellte – wie andere auch – die nach
Deutschland kommenden Flüchtlinge unter Generalverdacht. 12 Stunden nach den
Attentaten äußerte er auf Twitter: „ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine
illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen.“ Noch hielt sich da selbst
die AfD zurück …
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