Samstag, 13. Dezember 2014

Der rote Kanal - Die andere Sicht

Auszüge aus dem Referat Patrik Köbeles, Vorsitzender der DKP, zur 10. Tagung des DKP Parteivorstandes

(…) 25 Jahre Mauerfall, das war den Herrschenden eine ideologische Offensive wert, die aus allen Medien und auf allen Kanälen auf die Menschen einhämmerte. Und wieder die BILD-Zeitung in alle Briefkästen, Widerstand kaum möglich. So widerlich das alles war, irgendwie war es auch ein Zeichen der Schwäche. Offensichtlich sind die Herrschenden mit dem Massenbewusstsein zur DDR alles andere als zufrieden. Es geht ihnen keineswegs um den Blick zurück, sondern um den Blick nach vorne.

Es wäre deshalb zu kurz gegriffen, die Debatte um den Begriff „Unrechtsstaat“ als Geschichtsklitterung abzutun. Es geht auch nicht um eine lediglich auf die Geschichte zielende Protokollnotiz, zu der man in Thüringen die Linkspartei überredet, genötigt oder verlockt hätte. Es geht um nicht weniger als die Delegitimierung des Sozialismus als Gesellschaftssystem. Es geht um die Anerkennung des Kapitalismus als einzig legitimes Gesellschaftssystem.

Der Koalitionsvertrag steht. Was wir bislang erfahren haben, hat aber mit Politikwechsel nicht sehr viel zu tun. Dass der designierte Ministerpräsident, Bodo Ramelow (Die Linke), nun auch noch erste Schritte der Gleichsetzung des Ministeriums der Staatssicherheit der DDR mit der Geheimen Staatspolizei der deutschen Faschisten geht, ist, bei aller verbalen Abschwächung, nicht nur ein Skandal an sich, sondern relativiert natürlich die Verbrechen des deutschen Faschismus. Da hilft auch eine Relativierung der gemachten Aussagen nichts.

Diese Verschiebung ideologischer Parameter wirkt. Das kann man ablesen an den Antworten, die die UZ zur Regierungsbeteiligung in Thüringen von einem Genossen der Linkspartei erhielt. Der gewünschte Politikwechsel wird kaum beschrieben. Ein Grundproblem für einen realen Politikwechsel, die Schuldenbremse, aber staatstragend anerkannt: „Wir haben ja die Schuldenbremse nicht beschlossen, die ist von anderen beschlossen worden und dennoch gilt sie jetzt. Das ist halt ein Gesetz, das ist wie mit dem Rot an der Ampel, da warte ich auch und kann nicht einfach über die Straße gehen.“ Und zum Begriff Unrechtsstaat, den der Genosse selbst als nicht „zutreffend und umfassend“ beschreibend bewertet, sagt er: „Wenn wir mit dem Kompromiss tatsächlich den Politikwechsel schaffen können, dann ist das sicherlich zu akzeptieren.“ Ich fürchte, anders herum wird ein Schuh draus. Die Unterschrift unter dieses Dokument ist die Dokumentation einer Verschiebung der ideologischen Fundamente. Diese Verschiebung beinhaltet auch die Anerkennung der „Sachzwänge“, die sich aus der Umverteilungspolitik der Herrschenden ergeben. Diese Verschiebung ist das Aufgehen im bürgerlichen Parlamentarismus.

Kann dieser Trend der Linkspartei gestoppt werden? Ich halte das schon lange für eine Illusion, und jede weitere Entschuldigung bei den Herrschenden macht die Unumkehrbarkeit dieses Prozesses deutlicher. Damit will ich keineswegs an der Linkspartei herumnörgeln, sie will keine kommunistische Partei sein. Aber mit jedem Schritt wird klarer: Sie kann die kommunistische Partei auch keinesfalls ersetzen. Kommunisten, Revolutionäre sollten sich sicher einen Kopf darum machen, wie man Bündnispolitik mit der Linkspartei betreibt. Sie sollten sich aber auch einen Kopf darum machen, wie wir in diesem Land zu einer starken kommunistischen Partei kommen. Wir sagen dazu: Stärkt die DKP und die mit ihr verbundene revolutionäre Jugendorganisation, die SDAJ.

Dass die Massivität der Geschichtsklitterung nicht nur etwas mit Stärke zu tun hat, zeigen auch eigene Erfahrungen bzw. Erfahrungen der SDAJ. Der SDAJ gratulieren wir an dieser Stelle zu ihrer Broschüre zur DDR. Aus meiner Sicht ein hervorragendes Beispiel einer differenzierten und gleichzeitig prinzipiellen Herangehensweise an die DDR. Erste Erfahrungen der SDAJ und in der Zusammenarbeit zwischen SDAJ und DKP zeigen, dass dies ein Thema ist, das interessiert. Wir sollten darum ringen, dass es an vielen Orten zu gemeinsamen Veranstaltungen kommt und wir sollten die SDAJ bei der Verbreitung der Broschüre unterstützen.

Im Zusammenhang mit diesem ideologischen Dauerbeschuss durch die Herrschenden sollten wir nicht vergessen, dass nebenbei das Gedenken an die Novemberpogrome nahezu entsorgt wurde und das Unrecht der BRD – wie FDJ- und KPD-Verbot, wie Blitzgesetz, Mord an Benno Ohnesorg und Philipp Müller, Berufsverbote, NSU-Kumpanei – völlig in die Vergessenheit gedrängt wird.

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Einheitsgewerkschaft ist eine Errungenschaft der Arbeiterbewegung, es gilt sie zu verteidigen. Im Entwurf des Leitantrags formulieren wir: „Die organisatorische und politische Stärkung der Gewerkschaften als Schule des Klassenkampfes ist entscheidend. Wir verteidigen die Einheitsgewerkschaft gegen Spaltungsversuche und die Tendenz der Einbindung in „Standortlogik“, Konzepte des Co-Managements und parteipolitische Instrumentalisierung. Wir verteidigen das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit, wir fordern das politische Streikrecht.“

Das ist auch unsere Herangehensweise an den Streik der GDL. Wir halten es für der Sache der Arbeiterbewegung alles andere als dienlich, dass es im Bereich der Bahn, wie in einigen anderen Bereichen, neben den DGB-Gewerkschaften auch Ständegewerkschaften gibt. Wir kämpfen immer für das Prinzip ein Betrieb, eine Gewerkschaft. Wir kämpfen für das Prinzip der Interessensvertretung der ganzen Klasse in einem Betrieb und gegen die Aufspaltung in Berufsgruppen oder Standorte. Dies sind grundsätzliche Positionen. In der Phase der Auseinandersetzung, wie jetzt während des Streiks der GDL, kann es aber auch nur einen Platz für uns geben, nämlich auf der Seite der kämpfenden Arbeiter und Angestellten.

Die mediale Stimmungsmache, das Einmischen der Politik zu Gunsten des Bahnvorstands war massiv und ein Skandal. Umgedreht konnte man gut studieren, welche Streiks die Herrschenden für gerade noch zulässig halten. Das sind Streiks, die niemand spürt und die bestenfalls zur Einsparung der Gehaltszahlungen an die Streikenden führen. Skandalös, wie mit dem Vorsitzender der GDL umgegangen wurde bzw. wie ganz offen versucht wurde, die Spaltung in die Organisation zu tragen. Gerichtlich wurde versucht, das Streikrecht auszuhebeln; das klappte nicht, dafür hat man ja nun das sogenannte Tarifeinheitsgesetz in petto. Wieder mal ist es im Rahmen der Großen Koalition die Sozialdemokratie, die sich in Form von Arbeitsministerin Nahles zu einem massiven Angriff auf die Rechte der Arbeiterbewegung hergibt. Dieses Gesetz ist nichts anderes als die Aushöhlung des Streikrechts. Die Reaktionen, vor allem vieler DGB-Gewerkschaften, entsprechen keineswegs der Dramatik des Angriffs. Die Erklärung des DGB-Vorsitzenden, der aussagt, dass lediglich eine Minderheit der DGB-Gewerkschaften damit größere Probleme habe, ist nicht hinnehmbar. Das ist pures Gift.

Wenn hier den Anfängen nicht gewehrt wird, dann werden Interpretationen des Streikrechts und weitere gesetzliche Eingriffe folgen, die die Entwaffnung der Arbeiterbewegung fortsetzen. Hier kann es auch keine Haltung sein, auf das Bundesverfassungsgericht zu hoffen, solche Auseinandersetzungen werden in den Betrieben und auf der Straße entschieden und dies setzt voraus, innerhalb der Arbeiterbewegung die Klarheit darüber zu verbreiten, dass es hier um die Aushöhlung des Streikrechts geht.

Unsere Genossen Isa Paape und Werner Lutz haben einen Aufruf gestartet, mit dem sich hier gut arbeiten lässt. … Wir schlagen euch vor, diesen Aufruf zu unterstützen und um die Gewinnung möglichst vieler Unterstützerinnen und Unterstützer zu kämpfen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Bewegung gegen TTIP und CENA nimmt Fahrt auf. Im Entwurf des Leitantrags charakterisieren wir diesen Versuch des Kapitals wie folgt: „Es ist ein Versuch der führenden Länder des Kapitalismus, ihre ökonomische Vormachtstellung gegenüber den aufstrebenden Schwellenländern zu zementieren. Unter dem Vorwand des ,Investitionsschutzes‘ wollen sich multinationale Konzerne selbst den Ansätzen einer gesetzlichen Einflussnahme entziehen und die Deregulierung der Arbeitsbedingungen vorantreiben.“

Die Unterschriftensammlung unter die Bürgerinitiative in Eigenregie ist eine Aktionsform, die dazu dienen kann, Menschen zu informieren und zu mobilisieren. Deswegen hatten wir ja bereits beschlossen, diese zu unterstützen. Nachdem die Unterschriftenformulare erschienen waren, hatten wir die Geschäftsstelle der Kampagne darüber informiert und angefragt, ob etwas dagegen spreche, dass wir Formulare mit dem Logo der SDAJ und der DKP herausbringen. Nachdem man uns warten ließ, teilte man uns mit, dass dies nur für offizielle Unterstützer geplant sei. Wir informierten über unsere Beschlusslage und darüber, dass man uns deshalb bitte in den Kreis der Unterstützer aufnehme. Nach wiederum einer Wartezeit wurde dies abschlägig beschieden, unsere Nachfrage nach einer Begründung ist mittlerweile seit mehreren Wochen ohne Antwort. Wir haben nun Listen mit den Logos von SDAJ und DKP veröffentlicht.

Die Ereignisse in Syrien, dort z.B. um die Stadt Kobane, der Vormarsch und die Brutalität der IS, aber auch die Situation im Irak ist erschreckend und dramatisch. Unsere Solidarität, wir haben das auch in einer Erklärung der Vorsitzenden ausgedrückt, gilt den Menschen und den Kämpfern, die sich der IS entgegenstellen. Unsere Hauptsolidarität heißt Druck auf den deutschen Imperialismus, heißt „Weg mit dem Verbot der PKK“, die als Kraft eine zentrale Rolle im Kampf gegen die IS spielt. Es ist unsere Aufgabe, auf die Ursachen der jetzigen Situation und auf die Ziehväter der IS hinzuweisen. Diese Kräfte sind Ziehkinder des Imperialismus, auch wenn möglicherweise manche der Herrschenden jetzt auch die Angst des Zauberlehrlings erleben. Gleichzeitig ist aber vorherrschend Heuchelei. Wenn der Imperialismus bewusst die territoriale Integrität Syriens und des Iraks zerstört und damit ein Vakuum schafft, dann entstehen Situationen wie diese.

Es gibt einige Hinweise darauf, dass führende Kräfte des US-Imperialismus direkt auf ein Chaos in dieser Region setzen. Dazu hatte man in Syrien die sogenannte Freie Syrische Armee (FSA) hochgepäppelt. Aus dieser Analyse ergibt sich aber auch, dass wir Positionen, die Waffenlieferungen fordern oder Geld für die Bewaffnung sammeln, nicht unterstützen, solange die Empfänger mit Kräften paktieren oder Kräfte sind, die den Kurs der FSA bzw. die Zerstörung der territorialen Integrität Syriens bzw. des Irak unterstützen. Und wir unterstützen nichts, was, wie im Falle direkter Waffenlieferungen, nur die Positionen der imperialistischen Lieferanten vorwärts bringt.

Die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine sind ein Pulverfass. Die Gefahr eines Krieges und damit die Gefahr eines Flächenbrands ist real. Die Menschen im Osten der Ukraine leiden. Die ukrainische Armee und ihre Freischärler setzen Brandbomben ein, zerstören die Infrastruktur in Großstädten wie Donezk. Die Sanktionen gegen Russland, die durch die EU auf Betreiben Deutschlands und der USA verhängt werden, eskalieren das Ganze. Wir sagen im Entwurf des Leitantrags: „Die Länder der BRICS-Gruppe leisten trotz Widersprüchen einen Beitrag zur Eindämmung der Herrschaftsansprüche der USA, der NATO und der EU. Dies gilt auch für das Bestreben Russlands, den weiteren Vormarsch der NATO nach Osten zu begrenzen.“ Und in diesem Zusammenhang an anderer Stelle: „Die Länder der BRICS-Gruppe sind keineswegs durchweg antiimperialistisch, sie haben keineswegs durchweg antiimperialistische Ziele, aber ihre Formierung und große Teile ihres Handels sind es objektiv.“ Deshalb sagen wir auch weiterhin, dass es erstens eindeutig ist, dass die Aggression in der Ukraine von der EU und den USA ausging und ausgeht, dass diese zweitens bereit waren, für ihre geostrategischen Ziele Faschisten hoffähig und zum Teil des Machtapparats in der Ukraine zu machen und das drittens die Begrenzung des Vormarschs der NATO nach Osten eine wichtige Frage der Friedenserhaltung ist. Deshalb ist eine Äquidistanz in dieser Frage falsch und nicht unsere Position.

Dramatisch ist, dass viele Medien eine hetzerische Rolle in diesem Konflikt übernommen haben. Hier geht es leider keineswegs nur um Medien wie die BILD, von denen man nichts anderes erwartet, sondern man kann, mit wirklich wenigen Ausnahmen, wie natürlich unserer UZ, der jungen Welt und Periodika wie den Marxistischen Blättern, der Position und dem Rotfuchs, geradezu von einer Gleichschaltung sprechen. Teilweise ist die Berichterstattung schon lächerlich, die Existenz von Faschisten in der Ukraine wird nahezu geleugnet, die derzeitige Regierung in der Ukraine ist natürlich demokratisch legitimiert, über die Angriffe auf Kommunisten und Linke wird nicht berichtet, das Massaker in Odessa war ein Unglück. NATO-Beteiligung an Manövern gibt es nicht.

Ganz offensichtlich wurde dies im Zusammenhang mit den Wahlen. Waren die Wahlen im Einflussgebiet der ukrainischen Regierung demokratisch, waren sie im Einflussgebiet der Volksrepubliken natürlich undemokratische Showveranstaltungen. Beim Letzteren: Beweise Fehlanzeige. Beim Ersteren kein Wort zur Hetze gegen Linke, zum Druck der Bewaffneten Rechtskräfte.

Aktuell scheint es zumindest innerhalb der SPD auch Kräfte zu geben, die mit der gefährlichen Politik der Regierung der Großen Koalition nicht völlig übereinstimmen.

Trotzdem wird die Kriegsgefahr durch das Verhalten der Bundesregierung angeheizt. Dazu gehören die hetzerischen Äußerungen von Merkel, die offizielle Hilfe einer EU-Polizeimission für die seit neuestem unter dem Kommando eines offenen Faschisten stehenden Sicherheitskräfte in Kiew, aber auch das Russland- und Putin-Bashing in den Medien. Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Von einer Isolation Russlands beim G20-Gipfel wird geredet, obwohl genügend Bilder belegen, dass dies lediglich für die Teilnehmer aus den führenden, westlichen imperialistischen Länder gilt; beim kurz zuvor stattgefundenen APEC-Gipfel hatte man eher den Eindruck, dass Obama eine recht isolierte Rolle spielte und das war dort auch an Beschlüssen festzumachen. (…)

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