Konstantin Wecker tritt beim diesjährigen UZ-Pressefest auf
Konstantin
Wecker ist Musiker, Liedermacher, Komponist, Autor und Schauspieler
UZ: Sie
treten erneut beim Pressefest dieser Zeitung auf, das Ende Juni in Dortmund
stattfindet. Was verbinden Sie mit dem Fest?
Konstantin
Wecker: Ich freue mich sehr, wieder einmal in Dortmund dabei zu sein. Das
UZ-Pressefest ist das größte Fest von Kommunisten und Linken, das es in der
Bundesrepublik gibt. Es bietet die Möglichkeit zu diskutieren, sich
auszutauschen, solidarisch zu streiten und vor allem auch gemeinsam zu feiern.
Außerdem trifft man hier viele andere Linke, Freunde, Genossinnen und Genossen,
die man meist schon viel zu lange nicht mehr gesehen hat. Auf dem Fest werde
ich am Samstag um 20 Uhr auf der Hauptbühne mit Esther Bejarano &
Microphone Mafia auftreten und lade Alle herzlich dazu ein, dabei zu sein.
Außerdem hab ich noch einen Überraschungsgast: den cantautore Fabrizio Zanotti!
UZ: Sie
haben sich in der Vergangenheit stets politisch eingemischt. Was treibt Sie
aktuell um?
Konstantin
Wecker: In den letzten Wochen haben mich selbstverständlich der sogenannte
Ukraine-Konflikt, die EU-Wahl, die Kriegslüsternheit unser Politiker und die
Diskussionen um die Friedensbewegung beschäftigt.
Was wir
aktuell in der Ukraine erleben müssen, hätte ich tatsächlich so nicht für
möglich gehalten. Eine Regierung, an der Faschisten beteiligt sind und Linke,
die aus Angst von Rechten ermordet und verfolgt zu werden, das Land verlassen
müssen.
Ich
möchte in diesem Zusammenhang etwa an den Sturm der Nazis auf das
Gewerkschaftshaus in Odessa, bei dem Anfang Mai mindestens 42 Menschen durch
Mitglieder des faschistischen „Rechten Sektors“ ermordet worden sind, erinnern.
Dass hier kein Sturm der Entrüstung und des Protestes durch unser Land geht,
ist für mich vollkommen unverständlich. Auch bei uns stürmten die Faschisten
einst die Gewerkschaftshäuser. Wo das endete, ist bekannt. Ich hätte mir
gewünscht, dass die hiesigen Gewerkschaftsführungen ihre Solidarität mit den
Betroffenen in der Ukraine erklärt hätten. Das wurde jedoch versäumt, ein
fataler Fehler.
Konstantin
Wecker: Dass die Rechten derartige Gewinne verbuchen würden, hatte ich
befürchtet. Wenngleich ich nicht davon ausging, dass etwa der „Front National“
in Frankreich gleich stärkste Kraft werden würde. Wir haben es seit Jahren mit
einem Erstarken neofaschistischer Parteien und Organisationen, etwa in Ungarn,
zu tun, gegen die wir alle gemeinsam mobil machen müssen. Ich möchte jedenfalls
in keinem Europa leben, in dem Rassismus, Antisemitismus, Schwulenfeindlichkeit
und der Hass auf Sinti und Roma sich zunehmend ihren Weg bahnen. Um einen
weiteren Vormarsch der Nazis und Rechten zu verhindern, muss Europa gänzlich
anders gedacht und gelebt werden. Ich jedenfalls möchte in einem Europa leben,
dass sich der Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit und dem Frieden
verpflichtet fühlt. Davon sind wir jedoch mehr denn je entfernt.
UZ:
Inwiefern?
Konstantin
Wecker: Die sozialen Verhältnisse beispielsweise in Griechenland, aber auch in
Spanien und Portugal, sind unerträglich. Die Bevölkerung zahlt den Preis für
die Zockereien der Banken und das Nichteinschreiten der politisch
Verantwortlichen. Die Menschen können ihre Miete nicht mehr zahlen und fliegen
aus ihren Wohnungen, die Suizidrate steigt an, die medizinische Versorgung wird
auf ein absolutes Minimum zusammengestrichen. Da ist es wenig verwunderlich,
dass manche Menschen auf die plumpen Parolen und Demagogie der Rechten
hereinfallen. Was wir brauchen, um diese Entwicklung aufzuhalten, ist eine
starke Linke, die Politik für und mit den Menschen macht und nicht wie die
Herrschenden es tun, über die Köpfe der Menschen hinweg und gegen die
Interessen der durchschnittlichen Bevölkerung agiert.
Ein
weiterer Punkt, der mir stets wichtig war, ist der Kampf gegen Rüstung und
Krieg. Dass Deutschland drittgrößter Waffenexporteur ist und dieses
schreckliche Mordwerkzeug in alle Länder exportiert, macht mich schon lange
mehr als wütend!
UZ:
Jedoch scheinen Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Lust am Krieg ja stetig
zuzunehmen …
Konstantin
Wecker: Ja, das beste Beispiel für diese Entwicklung ist Bundespräsident
Joachim Gauck, dessen Politik durch eine unverhohlene Kriegslüsternheit geprägt
ist und von dem Sätze wie dieser stammen: „(…) Und in diesem Kampf für
Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal
erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen“. Ihm gehe es, so der Spiegel, um
ein „Ja zu einer aktiven Teilnahme an Konfliktlösungen im größeren Rahmen“ mit
den Partnern der Europäischen Union und der NATO. Der Pastor, der Christ Gauck,
der als „Widerstandskämpfer“ seinerzeit sicher auch alle Schwerter zu
Pflugscharen machen wollte. Aber anscheinend nur kommunistische. Mit
kapitalistischen Schwertern lässt es sich trefflich kämpfen, besser als mit
Pflugscharen allemal.
Was wir
brauchen, um dieser Politik etwas entgegenzusetzen, ist eine starke
Friedensbewegung, die in der Lage ist, Menschen zu mobilisieren, um diesen
Wahnsinn zu stoppen. Dass die Bewegung nicht stark genug aufgestellt ist, um
dies leisten zu können, stellt leider nicht wirklich ein Geheimnis dar. Jedoch
sollte uns das nicht abhalten, immer unsere Stimme zu erheben, wenn die
etablierte Politik mit ihrer Kriegslüsternheit und Kalte-Kriegs-Rhetorik
versucht, die Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Selbst wenn wir nur zu zweit
wären, wäre es immer richtig Rüstung und Krieg als großes Verbrechen zu
verdammen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen