Montag, 9. Juni 2014

EU-ropa hat gewählt

Die Stimmen sind gezählt. Das Ergebnis der EU-Wahlen hat das Kräfteverhältnis in Brüssel nicht wesentlich verändert, obgleich die etablierten bürgerlichen Parteien in vielen Ländern Stimmen verloren haben.

Die konservative Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU gehören, bleibt stärkste Fraktion im Europaparlament, die Sozialdemokraten bilden die zweitgrößte Fraktion. Drittstärkste Kraft wurden die Liberalen.

Gefährlich sind die Entwicklungen in einigen Ländern: In Frankreich, Großbritannien, Dänemark gewannen – wie zuvor befürchtet – der Front National, die UKIP bzw. die
Dansk Folkeparti. Das Wahlergebnis der United Kingdom Independence Party (UKIP) wird in Großbritannien als „politisches Erdbeben“ eingestuft.
Rechtspopulistische und offen faschistische Parteien gewannen auch in anderen Ländern Stimmen hinzu.

Doch es gibt auch Erfreuliches: Linke haben Stimmen dazu gewonnen und werden künftig eine größere Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/ Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL) bilden können – dank der Ergebnisse
in Portugal, Spanien, auf Zypern, in Griechenland (Syriza wurde stärkste Kraft im Land, die KKE hielt ihre zwei Mandate), in den Niederlanden usw.

Europa hat gewählt. Und hierzulande sind Seehofer sowie die Seinen geknickt, suchen seit Sonntagabend nach den Gründen für das schlechteste Abschneiden der CSU (40,5 Prozent in Bayern) bei Europawahlen. Die CSU ist in diesem Jahr für die
leichten Stimmverluste der Unionsparteien verantwortlich, während die SPD ihr schlechtes Ergebnis von 2009 deutlich verbessern konnte.
Bayerns Ministerpräsident sprach folglich am Montag von einer „bitteren Stunde“, und dass man jetzt „zusammenstehen“ müsse. Acht Abgeordnete wollte man nach Brüssel schicken, fünf sind es geworden. Zwei weniger als die AfD, die aus dem
Stand heraus mit demagogischen Forderungen, EU-Skepzis und Versprechen
bundesweit 7,1 Prozent erreichte (dabei in Sachsen 10,1 Prozent, in Brandenburg 8,5 Prozent, in Berlin 7,9 und in Thüringen 7,4 Prozent) und wieder – wie bei den Bundestagswahlen – von anderen Parteien Stimmen gewinnen konnte (von der CDU/CSU 510 000, von der SPD 180 000, von der Partei „Die Linke“ 100 000,
von der FDP 60 000 und den Grünen 30 000), aber nicht mehr Stimmen als
bei der Bundestagswahl erreichte.

Für die FDP, die bei den Bundestagswahlen 2013 an der 5-Prozent-Hürde scheiterte, stimmen nach 2,8 Millionen Wählerinnen und Wählern bei der Europawahl 2009 dieses Mal nur noch annähernd 990 000.

Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag fast fünf Prozent über dem EU-Durchschnitt und mit 48,1 Prozent um 4,8 Prozent höher als 2009.
Ein Grund dafür waren sicher die Kommunalwahlen, die am 25. Mai in zehn Bundesländern parallel zur Europawahl stattfanden. Andere führen die höhere Wahlbeteiligung auch darauf zurück, dass erstmals mit der AfD eine für Viele wählbare EU-skeptische Partei zu den EUWahlen antrat.

Es wird sich zeigen, ob Kanzlerin Merkel ihre Ankündigung vom Montag tatsächlich wahr macht und nicht mit der AfD zusammenarbeiten wird oder ob sich da bereits mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen etwas „zusammenschiebt“. Einige Abgeordnete der CDU-CSU-Fraktion im Bundestag können sich offenbar schon jetzt durchaus eine engere Zusammenarbeit vorstellen…

Ein weiterer Grund könnte auch sein, dass für diese Wahlen in der Bundesrepublik nicht nur die 5-, sondern auch die 3-Prozent-Hürde gefallen ist und auch kleinere Parteien – damit aber auch die NPD – eine Chance bekamen.

In den nächsten Tagen werden nun die Plakate von den Stellwänden verschwinden, die Großplakate abgebaut und die kleineren Plakate abgehängt.

Bis zu den nächsten Wahlen …

Und die Partei „Die Linke“? Das Ergebnis dürfte den Erwartungen – auch an die eigene Rolle in der GUE/NGL – nicht entsprochen haben. Unklar ist, ob das auch ein negatives Signal für die bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen
und Thüringen bedeutet. Insgesamt erhielt die Partei 200 000 Stimmen mehr als 2009 – viele davon in den „alten Bundesländern“. Aufgrund der gestiegenen Wahlbeteiligung reichte das am 25. Mai aber nur zu bundesweit 7,4 Prozent und sieben Abgeordneten für das neue Europaparlament, eine/r weniger als 2009.
Die Partei hatte Verluste vor allemin Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen (Landtagswahl am 31. August) und Thüringen (Landtagswahl am 14. September).

Und unsere Partei? 
Wir haben bei den EU-Wahlen ein sehr bescheidenes Ergebnis erreicht – sogar weniger Stimmen als 2009.
Aber es gibt einige interessante Ergebnisse: In Berlin konnten mit großem Engagement im Wahlkampf 1.055 Stimmen mehr als 2009 erreicht werden, in Brandenburg 888. Mehr Stimmen gab es auch in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Hamburg.

Nina Hager
aus "UZ - unsere zeit - Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP" vom 30. Mai 2014

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