Sonntag, 6. April 2014

Mietpreisexplosion: Was ist die Wurzel des Übels?

Solange Wohnungen zum Zwecke des Profits gebaut werden, wird es keine sozialen und für die Mehrheit der Bevölkerung erträglichen Mieten geben. Die Rendite, die von Wohnungseigentümern, von Investoren und Banken beansprucht wird, verhindert das.

Bereits eine Rendite (Verzinsung) von fünf Prozent auf das in eine Neubauwohnung investierte Kapital (bei Baukosten von 1 500 Euro und Grundstückskosten von 700 Euro pro qm Wohnfläche) führt zu einer Mietbelastung von 9,20 Euro pro qm monatlich.

Tatsächlich sind die Nettokaltmieten (die Miete ohne Betriebskosten) beim Erstbezug in fast allen Großstädten der Bundesrepublik noch wesentlich höher.

Die geltenden Mieterhöhungsgesetze garantieren diesen Renditeanspruch, für Neubauwohnungen ebenso wie für alle Wohnungen älterer Baujahrgänge.

Die Rendite ist also der preistreibende Faktor bei den Mieten. Ohne diesen Profitanteil könnten alle Mieten auf etwa die Hälfte oder ein Drittel der heutigen Mietpreise gesenkt werden.

Dreh- und Angelpunkt einer sozialen Wohnungspolitik ist deshalb eine drastische Begrenzung der Mieten und als erster Schritt ein gesetzlicher Mietpreisstopp Damit allein ist es aber nicht getan, vor allem deshalb, weil sich bei sinkenden Profiten das private Kapital aus dem Wohnungsbau zurückziehen wird. Wenn also die Mieter nicht auf Gedeih und Verderb den Profitinteressen privater Investoren ausgeliefert sein sollen, dann müssen wir für eine Alternative zum kapitalistischen Wohnungsbau kämpfen, für einen Sozialen Wohnungsbau, der diesen Namen wirklich verdient.

Die Forderung nach Aufstockung der Mittel für die „Soziale” Wohnraumförderung macht dabei keinerlei Sinn, denn dieses Modell hat seine Untauglichkeit hinreichend bewiesen. Die bis heute praktizierten Förderungsmethoden haben weder zu dauerhaft preiswerten Sozialmieten geführt, noch dazu, dass die mit hohen staatlichen Subventionen entstandenen Sozialwohnungen als Mietpreis-gebundener Bestand erhalten geblieben sind. Von den ehemals mehr als sechs Millionen Sozialwohnungen sind nach dem Wegfall der Mietpreisbindungen und dem massenhaften Verkauf kommunaler Wohnungsbestände nur noch rund 1,6 Millionen übrig geblieben.

Gleichzeitig ist die Baurate der – auf begrenzte Zeit – geförderten Sozial- Mietwohnungen in der BRD auf nur noch 12 000 Wohneinheiten im Jahr 2011 zusammengeschrumpft.

Die Alternative dazu ist ein Sozialer Wohnungsbau, der dauerhaft preiswerte Mieten garantiert. Den kann es aber nur unter völliger Ausschaltung von Kapital- und Bankprofiten geben.

Das heißt: Sozialer Wohnungsbau muss vollständig aus staatlichen Mitteln finanziert und ausschließlich mit gemeinnützigen Trägern verwirklicht werden.

Eine der entscheidenden Wurzeln des Übels ist der private Besitz und die private Verfügungsgewalt an Grund und Boden.

Dabei ist die Versorgung mit bezahlbaren Wohnungen nur eines von vielen Problemen, die eine grundlegende Änderung des Bodenrechts erforderlich machen.

Der entscheidende Punkt ist, dass unter Beibehaltung des kapitalistischen Bodeneigentums und seiner Verwertungslogik eine an den Bedürfnissen der Allgemeinheit, an ökologischen Erfordernissen und Zukunftsperspektiven ausgerichtete Stadtplanung und Stadtentwicklung verhindert wird.

Häufig werden in der politischen Auseinandersetzung die hohen Grundstückspreise für die Mietpreisexplosion verantwortlich gemacht. Tatsächlich verhält es sich genau umgekehrt. Der Bodenwert ergibt sich erst aus seiner Nutzung, aus den Möglichkeiten seiner Verwertung und aus seiner Monopolstellung in den Ballungsgebieten, wo Baugrundstücke besonders knapp sind. Die Rendite, die auf einem bestimmten Teil der Erdoberfläche erzielt werden kann, entscheidet schließlich über den Wert des Grundstücks. Je höher die Rendite ist, desto höher ist auch der Bodenpreis.

Der Kaufpreis, der für ein Grundstück bezahlt werden muss, ist deshalb nicht der Preis für den Boden, sondern der Kauf der Rendite, die auf dem betreffenden Grundstück erzielt werden kann, oder wie Karl Marx feststellte: Der „Kaufpreis oder Wert des Bodens … ist in der Tat der Kaufpreis nicht des Bodens, sondern der Grundrente, die er abwirft.” Die Mieten steigen erwiesenermaßen unabhängig vom Bodenpreis.

Altbaumieten sind heute beinahe genauso hoch, wie die Mieten im Neubau, obwohl die Grundstückspreise vor 50 oder 100 Jahren um ein Vielfaches niedriger waren als heute. Richtig ist jedoch: Auf Grundstücken, die zu Spekulationspreisen verkauft werden, kann kein Sozialer Wohnungsbau mit preiswerten Mieten entstehen.

Und ohne gravierende Eingriffe in die Rechte der Bodeneigentümer ist deshalb auch keine soziale Wohnungspolitik möglich.

Grund und Boden muss deshalb der – ausschließlich an hoher Rendite orientierten – privaten Verfügungsgewalt entzogen und in demokratisch kontrolliertes gesellschaftliches Eigentum überführt werden, um so auch der Grundstücks-Spekulation ein Ende zu bereiten.

von Claus Schreer

Übernommen aus „Unsere Zeit – Zeitung der DKP“, Nr 11/2014

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