Anmerkungen zur Hartz-IV-Erhöhung
Etwa 6,1
Millionen Menschen leben in Deutschland von der staatlichen Grundsicherung.
Mehr als eine Million Erwachsene beziehen schon länger als neun Jahre dieses
Hartz IV, und jedes siebte Kind unter fünfzehn Jahren ist von den
Hartz-IV-Bezügen seiner Eltern abhängig. Aber sie dürfen – so ist im
Bundespressewald zu hören und zu lesen – auf baldige Besserung hoffen. Der
Kölner Stadt-Anzeiger jubelt: „Deutlich mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger“ und
die Badische Zeitung springt bei und frohlockt: „Hartz IV-Sätze für Kinder
steigen 2017 deutlich.“ Die anderen Qaulitätsmedien tun es ihnen gleich.
Tatsächlich
geht es bei den Jubelschreien um fast nichts. Die Hartz-IV-Anpassung fällt im
kommenden Jahr nicht höher aus als in diesem. 2016 stieg der Regelsatz für
Einzelpersonen um fünf Euro. 2017 erhöht sich der Hartz-IV-Regelsatz für
Erwachsene um fünf auf 409 Euro, für Schulkinder zwischen sechs und 13 Jahren
um 21 Euro auf 291 Euro und für Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren um 5 Euro
auf 311 Euro. Für kleine Kinder gibt es eine Nullrunde, und es bleibt bei 237
Euro im Monat.

Während
die Regelsätze von 2005 bis 2015 um 15,7 Prozent stiegen seien, stiegen die
Preise für Nahrungsmittel aber um 24,4 Prozent. „Die Stromkosten eines
Haushalts haben sich seit 2005 um etwa 54 % erhöht“, was deutlich zum hohen
Kaufkraftverlust der Hartz-IV-Bezieher beitrug und zu schätzungsweise 140 000
Stromabschaltungen in Hartz-IV-Haushalten im vorigen Jahr führte.
Annelie
Buntenbach, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes, forderte daher die
Bundesregierung auf, 2017 die Regelsätze nicht weiter kleinzurechnen, „die
Sicherung des Existenzminimums ist ein Verfassungsauftrag und keine Frage
fiskalpolitischer Opportunität.“ 2010 hat die damalige Bundessozialministerin
Ursula von der Leyen (CDU) die Hartz-IV-Regelsätze neu berechnen lassen. Damals
kritisierte die heutige Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) von der Leyen
heftig. Sie habe die Hartz-IV-Sätze „künstlich heruntergerechnet“.
Aber was Nahles jetzt den Hartz-IV-Beziehern zumutet, orientiert sich genau an den von ihr damals monierten Vorgaben ihrer Amtsvorgängerin. Wieder wird der Regelsatz von Hartz IV von den statistisch ermittelten Konsumausgaben der ärmsten 15 Prozent der Einzelhaushalte abgeleitet.
Die
Hartz-IV-Sätze sind systemisch, und daher sind von ihrer Höhe indirekt auch
Erwerbsunfähige, Behinderte und Rentner im Grundsicherungsbezug sowie
Asylbewerber betroffen.
Höhere
Hartz-IV-Leistungen würden auch die Anhebung der Sozialhilfe und Grundsicherung
nach sich ziehen und auch die Leistungen für Geflüchtete müssten neu berechnet
werden. In der Saarbrücker Zeitung vom 30. 8. erinnert uns eine Edelfeder
namens Hagen Strauß daran was Sache ist: „Die Hartz-IV-Regelsätze sind nicht
dafür gedacht, üppig leben zu können, das ist nicht Sinn und Zweck der Stütze.
Auch wenn man es den Empfängern und ihren Kindern vielleicht gönnen würde.
Sondern es geht darum, die Bereitschaft der erwachsenen Betroffenen zu erhalten
oder gegebenenfalls zu erhöhen, sich zu qualifizieren und einen Job zu suchen.“
In der
Zeit bis zur Lesung im Bundestag sind jetzt die Wohlfahrts- und Sozialverbände
und die Gewerkschaften gefordert. Mit kernigen Pressemitteilungen allein ist es
nicht mehr getan. Diese Erhöhung des Satzes bestärkt uns in der Überzeugung,
dass das System Hartz-IV weg muss.
Von Manfred Dietenberger
Aus„UZ – Unsere Zeit“, Ausgabe vom 9. September 2016
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