Im Folgenden
dokumentieren wir einige Stimmen aus Deutschland und der Türkei zum
Militärputsch vom vergangenen Freitag / Samstag und den undemokratischen Folgen
seitens des AKP-Regimes.
„Wem
nutzt es, dass Teile des türkischen Militärs in der Nacht von Freitag zu
Samstag einen Putsch ausgerufen haben? Am Ende profitiert Erdogan. Erdogan –
der die Präsidialdiktatur vorbereitet, der demokratische Journalisten verfolgen
lässt, der kurdische Städte belagern lässt – hat nun die Gelegenheit, um den
Staatsapparat zu säubern. Er lässt sich als Verteidiger der Demokratie feiern.
In diesen
Kämpfen innerhalb der Eliten haben die demokratischen Kräfte nichts zu
gewinnen. Ob kemalistische Militärs oder islamistische Truppen die kurdische
Bevölkerung massakrieren, ob Erdogan oder der Generalstab die Anweisungen zur
Verfolgung von Demokraten gibt, ob in der Türkei eine Militär- oder eine
Präsidialdiktatur herrscht, ist nicht das Entscheidende. Erdogan zu
verteidigen, bedeutet nicht die Demokratie zu verteidigen. Ein Militärputsch
wird keine fortschrittliche Lösung bringen. Die demokratischen Kräfte der
Türkei sind keine Anhängsel irgendeiner Gruppe der Eliten. Sie haben ihre
eigenen Forderungen, Kampfmittel, Organisationen.
Die
Bundesregierung hat mit ausgewogenen Worten von Demokratie und Rechtsstaat auf
den Putschversuch reagiert. Sie hat zuvor ihren Teil dazu beigetragen, dass
Erdogan fest im Sattel sitzt, Demokraten verfolgen und Kurden bekämpfen lassen
kann – indem die EU Erdogan zu ihrem Türsteher gemacht hat, hat sie Erdogan
gestützt.“
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KP (Türkei): Es gibt keine Alternative zum Volk
Nach dem Putschversuch in der Türkei ruft die
Kommunistische Partei (Türkei) das Volk auf, sich gegen alle Feinde des Volkes
und der Menschheit zu organisieren und gegen die AKP zu vereinen: Die Befreiung
liegt in unseren Händen. Es gibt keine Alternative zum Volk
Noch
kennen wir die Details des Putschversuchs in der Türkei, das in der Nacht vom
15. zum 16. Juli stattfand nicht. Jedoch ist uns eins vollkommen klar: Ein von
außerhalb angetriebener Plan oder Versuch, die AKP in ihrer Finsternis zu
erlegen, um die Türkei dadurch in eine Friedensphase zu überführen, ist ohne
das Volk oder die Arbeiterklasse und deren Kraft zum Scheitern verurteilt. Die
Ereignisse aus dieser Nacht haben uns erneut mit der Realität konfrontiert:
Entweder wird sich das Volk der Türkei organisieren und sich selbst von der AKP
befreien oder die AKP-Türkei wird mit voller Geschwindigkeit immer mehr den
reaktionären Machenschaften, den Repressalien ausgesetzt werden und Morde und Ausplünderung
wird kein Ende kennen.
Es gibt
keine Alternative für die einzige Macht, die die AKP erlegen kann, und das ist
das Volk.
Es ist
gleich, was in dieser Nacht passiert ist, die Verantwortlichen sind die AKP.
Die notwendigen Gegebenheiten und Verhältnisse für diese Situation wurden
selbstverständlich durch die AKP-Regierung und deren inländischen und
ausländischen Unterstützer aus den Runden der Bosse geschaffen.
Jedoch
hat dies nicht zu bedeuten, dass der Putschversuch den Charakter einer Vorführung
hat, durch das Tayyip Erdoğan versucht, seine Ziele schneller zu erreichen;
beispielsweise den Weg zu einem Präsidialsystems frei macht oder die nötigen
Bedingungen für ein neues Grundgesetzt schafft.
Schon
seit geraumer Zeit herrschen Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen dem
Staat und unterschiedlichen Gruppierungen der Streitkräfte in der Türkei. Diese
wurden nun in Form eines bewaffneten Zusammenstoßes ausgetragen. Der Streit ist
echt, aber dass eine dieser Parteien auf irgendeine Weise die Interessen des
Volkes in der Türkei vertreten könnte, ist einfach nur falsch.
Daher ist
es falsch im Kampf gegen die AKP-Regierung die Lösung in einem Militärputsch zu
sehen. Es ist auch genauso falsch – unabhängig davon wie es begründet und mit
welchem Diskurs es getan wird – die AKP-Regierung in Schutz zu nehmen, um gegen
den Putsch zu sein.
Das aller
letzte was im Fall der Türkei getan werden sollte, um die Freiheit der Menschen
und die Menschenrechte zu verteidigen, ist, die AKP-Regierung in Schutz zu
nehmen. Denn genau diese Regierung hat abertausend Mal gezeigt, wie sehr sie
jegliche Werte der menschlichen Würde ins Visier nimmt.
Erdoğan
und die AKP wird versuchen –auch wenn das Ganze nicht von ihnen initiiert
wurde– aus diesem Putschversuch und der entstandenen Gegebenheiten die eigene
Legitimität zu stärken. Jeder einzelne unseres Volkes muss in den nächsten
Tagen wachsam jeden Schritt der AKP verfolgen. Nur durch den verstärkten Kampf
gegen die AKP und dessen dunkle Machenschaften kann verhindert werden, dass die
Situation durch die AKP instrumentalisiert wird, um die eigene Regierung noch
stärker zu machen und die inkonsequente AKP-Türkei in eine beständige
Stabilität zu überführen. Dass alle Moscheen der Türkei die ganze Nacht
durchgehend über die Lautsprecher, die ja eigentlich nur für das Gebet und
ähnliches vorgesehen sind, Erdoğan- und AKP-Propaganda betrieben wird, zeigt
uns, wie dringend unsere Aufgabe ist…
Die
Kommunistische Partei ruft das Volk auf, sich gegen alle Feinde des Volkes und
der Menschheit zu organisieren und gegen die AKP zu vereinen.
Die
Befreiung liegt in unseren eigenen Händen.
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Türkei: Keine der Konfliktparteien verteidigt
die Demokratie
“Egal
welche inländischen oder ausländischen Mächte in diesen Vorfall verwickelt sein
mögen, und egal aus welchen Gründen dieser Machtkampf geführt wird, es geht bei
den Ereignissen von gestern nicht darum, dass eine der beiden Seiten die
Demokratie gegen die andere Seite zu verteidigen versucht. Im Gegenteil, die
Ereignisse stellen unter Beweis, dass in der Türkei keine Demokratie herrscht.
In Ländern, in denen Machtkämpfe dieser Art geführt werden und eine der
Parteien versucht, auf diese Weise die Macht an sich bringen, sind keine
Demokratien. In Ländern wie diesen wird eine autoritäre Macht eine andere
autoritäre Macht versuchen, mit einem Putsch vom Thron zu stoßen, sobald sie
die Bedingungen hierfür als geeignet betrachtet. Was in der Türkei gestern
passiert ist, ist genau dies.
Der Putsch Erdoğans gegen den Willen der
Bevölkerung
Vor genau
einem Jahr hatte Tayyip Erdoğan und seine Palast-Gladio die MHP, alle faschistischen
Kräfte und die Ergenekon-Bande des Militärs an seiner Seite versammelt, um
gegen die Wahlergebnisse des 7. Junis [2015] zu putschen. Es fand ein Putsch
des Präsidentenpalasts gegen den Willen des Volkes statt. Bereits in der
Vergangenheit wurde in der Türkei geputscht, wenn die Demokratiekräfte ein
wenig an Kraft gewannen und die KurdInnen begannen, sich selbst zu
organisieren. Aus denselben Gründen putsche der Präsidentenpalast auch infolge
der Wahlen vom 7. Juni. Der AKP-Faschismus hat Bündnisse mit allen
faschistischen Kräften im Land und dem Generalstab geschmiedet, um die
Kurdische Freiheitsbewegung und die Demokratiekräfte im Land zu ersticken. Das
Militär wurde in die kurdischen Städten und Bezirke entsandt, um diese
niederzubrennen und hunderte Zivilisten zu ermorden. Um die Verbrechen des
Militärs zu decken, wurden neue Gesetze erlassen. Aufgrund dieser Situation
werteten Intellektuelle und die Demokratiekräften im Land die AKP als eine
Regierung, welche die Vormundschaft des Militärs im Staat legalisiert und
legitimiert.
So hatte
das Militär auch vor dem gestrigen Putschversuch ihre Machtposition im Staate
gefestigt. Die Vorfälle des gestrigen Abends sind von daher als ein
Putschversuche einer militärischen Clique im Staat gegen eine andere militärische
Clique zu werten. Das ist letztlich auch der Grund dafür, dass Kräfte im Staat,
die zuvor einen Putsch des Militärs gegen die AKP sich gewünscht hatten, die
neuerliche Vormundschaft des Militärs durch die Regierungspartei akzeptiert und
sich an die Seite der AKP stellten. Der beste Beweis dafür, dass es sich um
keinen Machtkampf zwischen Demokraten und Putschisten handelt, ist die
Tatsache, dass die MHP und ihnen angebundene chauvinistisch-nationalistische
Kreise sich an die Seite der Palast-Gladio gestellt haben.
Erdoğan wird versuchen sich als Hüter der
Demokratie zu präsentieren
Nach dem
gestrigen Putschversuch nun Tayyip Erdoğan, die Palast-Gladio und die
faschistische AKP-Regierung als eine demokratisch legitimierte Regierung
darzustellen, wäre deshalb nicht nur falsch, sondern auch äußerst gefährlich.
Einen Machtkampf zwischen autoritären, despotischen und demokratiefeindlichen
Kräften so zu bewerten, als handele es hierbei um den Kampf einer
anti-demokratischen und einer demokratischen Konfliktpartei, käme der
Legitimierung der vorherrschenden faschistischen und despotischen Regierung
gleich.
In der
Türkei gibt es weder eine zivile Regierung, noch herrscht ein Machtkampf
zwischen “Demokraten” und Putschisten. Es wird lediglich ein Kampf darum
geführt, wer dem herrschenden demokratie- und kurdenfeindlichen System
vorstehen soll. Aus diesem Grund kann nicht die Rede davon sein, dass die
Demokratiekräfte sich an die Seite einer dieser beiden Konfliktparteien stellt.
Der eigentliche Putsch gegen die Demokratie
Wenn die
Rede von einem Putsch gegen die Demokratie ist, dann ist es zu allererst die
faschistische AKP-Regierung, die diesen Putsch vollzogen hat. Den größten
Putsch gegen die Demokratie stellen die Kontrollübernahme der Regierung über die
Justiz, die Durchsetzung faschistischer Gesetze auf Grundlage der Mehrheit im
Parlament, die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten, die Festnahmen und
Absetzungen von demokratisch gewählten BürgermeisterInnen, sowie die
Inhaftierungen tausender PolitikerInnen der HDP und DBP dar. Hinzu kommt, dass
in Kurdistan gegen die Bevölkerung derzeit eine Vernichtungskampagne geführt
wird, wie sie bei keinem der Militärputsche in der Türkei stattgefunden hat.
Es ist
die Kriegsregierung der AKP, welche die Türkei in dieses Chaos der
Auseinandersetzungen geführt hat. Mit seinem monistischen, hegemonialen und
anti-demokratischen Charakter sorgt die Regierung dafür, dass das Chaos im Land
fortbesteht. Mit seinem ständigen Kampf gegen alle, die nicht dem eigenen Kurs
folgen, und das sind zuallererst die KurdInnen und die DemokratInnen, hat die
AKP dafür gesorgt, dass der Krieg zu einem Dauerzustand im Land geworden ist.
Der
jüngste Putschversuch hat unter Beweis gestellt, dass die Türkei von der
faschistischen AKP-Regierung befreit und zu einer demokratischen Regierung
geführt werden muss. Die Befreiung der Türkei von einer monistischen,
hegemonialen und faschistischen Regierung und die Demokratisierung des Landes
drängt mehr denn je.
Foto-Quelle: junge Welt |
Das Gesicht der AKP enttarnen
Die
wichtigste Aufgabe der Demokratiekräfte nach den gestrigen Ereignissen ist es,
die Versuche der faschistischen AKP-Regierung ihr Gesicht unter dem Deckmantel
der Demokratie zu verschleiern und sich so Legitimität zu verschaffen, zu
enttarnen und auf diesem Wege ein wirkliches Demokratiebündnis auf die Beine zu
stellen. Infolge dieses Putschversuches darf es nicht dazu kommen, dass der
Kampf gegen den AKP-Faschismus vernachlässigt wird. Im Gegenteil, dieser Kampf
muss gestärkt werden, um die Türkei aus diesem Chaos herauszuführen und eine
demokratische Türkei zu erschaffen.
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Demokratische Politik ist der einzige Ausweg
In diesen
für die Türkei kritischen und herausfordernden Tagen darf sich niemand – aus
welchem Grund auch immer – an die Stelle des Willens des Volkes setzen. Die HDP
steht unter allen Umständen und aus Prinzip gegen jede Art von Staatsstreich.
Was die
Türkei dringend braucht ist die Annahme einer pluralistischen und
freiheitlichen Demokratie, inneren und äußeren Frieden, universelle demokratische
Werte und Konventionen. Es gibt keine Alternative zu einer demokratischen
Politik.
Selahattin
Demirtas – Figen Okey Ugwu
Vorsitzende der HDP
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