Das Karstadtkonzept: „Einmaliger“ als ein Dixie Klo?
(Teil 3 - Schluss) von Wilfried Link
Jedoch die konzeptionelle Verwirrung der Verantwortlichen geht noch weiter, denn sie hängten sich, auf der Suche nach einem Karstadt-Konzept, an einen vorbeiziehenden Zug. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Filk, Medienpädagoge und interdisziplinärer Medienforscher an der Universität Flensburg, wurde ein Konzept entwickelt, 39 Millionen €, von der EU kofinanziert, unter dem Stichwort „Künstliche Intelligenz (KI)“ einzusetzen.
Im Rahmen des Landesprogramms Wirtschaft (LPW) entstand das Konzept eines "Digital Learning Campus“, das auch in Lübeck genutzt werden soll, laut einfacher Erklärung des Projekt-Handouts „eine digitale Lern-und Kollaborationsplattform, (…) sowie „eine Reihe von über die Plattform vernetzten, physischen Lern-und Kollaborationsorten. (…) Konkret sollen innovative und noch nicht am Markt existierende Kollaborations- und Bildungsformate geschaffen werden, die einerseits innovative Inhalte vermitteln sowie andererseits auch Austausch, Wissenstransfer und Kollaboration zu den innovativen Technologien ermöglichen. Dabei wird ein Fokus auf Anwendungen und Technologien gelegt, die mit Künstlicher Intelligenz und ihrer praktischen Anwendung verbunden sind.“
Sehen wir einmal davon ab, dass digital gestützte Kooperation an einem Ort zu stationieren, zumindest für junge Menschen in etwa so attraktiv ist, wie ein Verkehrsübungsplatz, dessen Zugangsstraßen man zur Fußgängerzone erklärt. Tun wir so, als hätten wir vergessen, dass für gelegentliche persönliche Zusammentreffen im Untergeschoss der Königspassage kaum genutzte Räume der Fachhochschule zur Verfügung stehen.
So bleibt immer noch eine konzeptionelle Frage, die auch die Ansiedelung der Leitung des Projektes bei den stellvertretenden Rektoren von Uni und FH in Lübeck, nicht beantwortet: Was, bitte schön, ist digitales Lernen?
Der Mensch lernt über seine Synapsen, je mehr dort schon an Informationen zum Thema abgelegt ist desto besser und, vor allem, je intensiver der Impuls, auch. Dies beinhaltet den Einsatz aller menschlichen Sinne, neben dem Sehen das Hören, Fühlen, Riechen, und Anfassen. Auch Emotionen fördern die Aufnahmebereitschaft unseres Gehirns.
Dabei sind digitale Medien ein Einsatzmittel unter anderen, so ergeben sie Sinn. Doch zahlreiche Studien belegen, dass eine Reduzierung auf den Bildschirm vor uns die Aufnahmeintensität reduziert, statt erhöht. Der Mythos vom digitalen Lernen hat soviel mit der Komplexität des Lernprozesses zu tun, wie ein Porno mit Erotik.
Es ist eine Erfindung der Hersteller digitaler Medien, nach dem Motto: "Die Wissenschaft hat festgestellt, das Marmelade Schnaps enthält. So essen wir auf jeder Reise Marmelade eimerweise.“ Man könnte auch sagen, die Imagination vom digitalen Lernen ist so real wie die Behauptung, Frieden zu schaffen mit immer mehr Waffen.
Im Rahmen ihres Kommunalwahlkampfes veranstaltete die SPD Lübeck eine Bootsfahrt auf der Trave. Es geht das Gerücht, einzelne Genossinnen und Genossen hätten heimlich Kerben an der Schiffsreling angebracht, damit diese Schildbürgerinnen und Schildbürger uns in einigen Jahren erklären können, wo sie mit ihrem Technikfetischismus wieder einmal Steuergelder versenkt haben.
Dabei sind die Verantwortlichen der stolzen Hansestadt sind nicht einmal in der Lage, Probleme zu lösen, die zum Himmel stinken. Die Mengen an billigem Bier, konsumiert am Klingenberg, werden oben an der Marlesgrube, und dann hinab die ganze Wand des Zentralbades bis zur Kleinen Kiesau entleert. Spätestens im Sommer stinkt das wieder zum Himmel, die Angestellten der Volksbank, die ihren Arbeitsplatz durch den dortigen Nebenausgang verlassen, dürfen dann wieder mit schlankem Fuß über die Rinnsale steigen.
Doch die Fantasie der Verantwortlichen reicht hier nicht einmal für ein Dixie Klo, in der Innenstadt liegen Elektroroller auf den Gehwegen und in den Einkaufsstraßen, nahe beim historischen Rathaus, betteln und kampieren Menschen, die offensichtlich obdachlos sind. Doch solche Probleme zu lösen, ist eben nicht hipp.
Und wenn sie nicht gestorben sind, jagen sie die nächste Sau durchs Dorf. Wollen wir nur hoffen, dass die Orden, die für diesen konzeptionellen Unfug verteilt werden, virtuelle sind. Die stechen dann wenigstens keine Löcher ins feinbetuchte Ego, wenn es wieder mal daneben ging.