Sonntag, 1. Oktober 2023


Aufruf:

„Offensive für Frieden und soziale Gerechtigkeit – jetzt!“

Nord-deutsche Friedensbewegung

Der 3. Oktober – (k)ein Tag zum Feiern? Frieden ist das Gebot der Stunde!

Der „Tag der deutschen Einheit“ soll dieses Jahr in Hamburg begangen werden, mit viel Brimborium und einem „Bürgerfest“ der Vielfalt und der Internationalität. Doch der schöne Schein der Weltoffenheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Außenpolitik auch heute kapital-konform, militaristisch und gefährlich ist. Während die Bevölkerungen weltweit Frieden einfordern und eine Mehrheit der Staaten um eine diplomatische Lösung im Russland-Ukraine-Krieg bemüht ist, steht Deutschland mit der Kriegstreiberei wieder auf der falschen Seite der Geschichte und trägt damit Verantwortung für die weitere Eskalation. Mit der gigantischen Aufrüstung werden zudem auf unserer aller Kosten die Rüstungs-unternehmen noch weiter gefüttert, während z.B. für Bildung und Kindergrundsicherung kein Geld da sein soll.
Es ist unsere historische und hoch aktuelle Aufgabe, die Bundesregierung von ihrem Kriegskurs abzubringen und Abrüstung und soziale Verbesserungen durchzusetzen.

Mit der „Wende“ 1989 wurde von neoliberaler Seite das „Ende der Geschichte“ propagiert – Nie wieder Sozialismus! Es lebe der Kapitalismus! Doch es trat keine, wie behauptet, allseitige Glückseligkeit ein, viel- mehr wurde in den Folgejahren die Militarisierung voran getrieben sowie eine hemmungslose Umverteilung von unten nach oben forciert. Mit fatalen Folgen für Mensch und Umwelt in allen Teilen der Welt.
Für die Bevölkerung der DDR bedeutete die historische Zäsur eine völlige Umkehrung ihrer Lebensverhält- nisse. Ganze Industrien wurden abgewickelt, viele Menschen wurden arbeitslos und haben das Land verlassen, so dass ganze Landstriche verödeten. Kultur, soziale Infrastruktur und Zukunftsperspektiven wurden zerstört, politische Verfolgung und Prozesse folgten. Bis heute ist das Lohn- und Rentenniveau im Osten Deutschlands niedriger als im Westen und die soziale Ungleichheit besteht weiterhin.

 

Voraussetzung für die Wiedervereinigung war der „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ – kurz „2+4-Vertrag“ – vom 13. September 1990 zwischen der BRD und der DDR und den Siegermächten des 2. Weltkriegs: Frankreich, der Sowjetunion, Groß-Britannien und den USA. Trotz des ungleichen Kräfteverhältnisses, denn die Sowjetunion war ökonomisch am Boden und die DDR praktisch in Auflösung, konnten weitreichende Vereinbarungen getroffen werden. Dabei spielte die historische Erfahrung der Befreiung vom Faschismus, der Entspannungspolitik, kluge Diplomatie und die Stärke der damaligen internationalen Friedenskräfte eine Rolle. U.a. verpflichteten sich die beiden (formal noch eigenständigen) deutschen Staaten in diesem Vertrag, „dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“ und weiter, „dass das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen“. Mit diesem Vertrag sollte eine neue Etappe der zivilen Konfliktregulierung und friedlichen Koexistenz eingeleitet werden.
Es folgte am 21. November desselben Jahres die „Charta von Paris“, in der 32 europäische Staaten sowie die USA und Kanada nach dem Ende der Teilung Europas erklärten, „entschlossen die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen“ und „die Zusammenarbeit in Europa fortzuentwickeln“.

In der Friedensbewegung haben sich damals viele gefragt: Wird die neue Bundesrepublik die neu gewonnene Souveränität nutzen und sich für den Frieden in der Welt einsetzen?
Es folgten tatsächlich einige Jahre der Entspannung. Die Konfrontation des Kalten Krieges war vorbei. Die Menschen erlebten erstmals seit vielen Jahren was es bedeutet, ohne ständige (auch atomare) Bedrohung zu leben. Rüstungskontrolle, Abrüstung und Vertrauensbildung waren die Stichworte für eine Sicherheitsarchitektur in Europa.

Mit der NATO-Russland-Grundakte (1994-1997) wurde bekräftigt, dass beide Seiten sich zum Verzicht auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt und zu gegenseitigen Konsultationen und friedlicher Beilegung von Konflikten bekennen. Als der russische Präsident Putin 2001 im Bundestag für eine Erneuerung deutsch-russischer Zusammenarbeit warb, erntete er dafür stehende Ovationen der Abgeordneten. Der Beifall galt natürlich auch seiner Ablehnung des sozialistischen Systems.

Wenn wir heute Bilanz ziehen, müssen wir feststellen, dass das Potential der Entspannungspolitik – Ende der Konfrontation, Abrüstung und der Einsatz der freiwerdenden Ressourcen für gesellschaftlich sinnvolle Aufgaben – besonders von westlicher Seite verhindert wurde. Die NATO wurde nicht wie der Warschauer Vertrag aufgelöst, sondern ständig weiter ausgedehnt. Es folgten zahlreiche völkerrechtswidrige Kriege: Jugoslawien (1999), Afghanistan (2001), der Irak (2003) sowie Libyen und Syrien (2011), um nur einige zu nennen. Statt diplomatische Beziehungen und Interessenausgleich wurden neue Rivalitäten geschaffen und die Fronten verhärtet. Der erbitterte Kampf um geostrategischen Einfluss und schließlich um die Aufrechterhaltung der unipolaren, US-dominierten Weltordnung hat mit zum Krieg in der Ukraine geführt, gefährliche Konflikte wie zwischen China und Taiwan heraufbeschworen und die Menschheit mit Klimawandel und atomarer Bedrohung an den Rand der Existenz geführt.

Doch die Geschichte ist nicht zu Ende – Für eine Wende der Wende!

Wenn wir unser Wirken als Teil der globalen Friedensbewegung vertiefen, kann es gelingen, diese perspek- tivlose und unrealistische Machtpolitik abzulösen und zu Verständigung zwischen allen Staaten unter Anerkennung der jeweiligen Sicherheitsinteressen zu kommen. Weltweit entstehen Friedens- und Sozialbewegungen, die auch Ausdruck in neuen Staatenbündnissen finden, die die bestehenden Machtverhältnisse in Frage stellen. Weg mit einer unipolaren Weltordnung, her mit einer Weltordnung der Völker und aller Staaten auf Augenhöhe.

Es ist Zeit für eine wirkliche Entspannungspolitik mit sozialen Verbesserungen!

Dafür kämpfen wir:

• Eine souveräne deutsche Außenpolitik für ein gemeinsames Europa einschließlich Russland heißt heute diplomatische Beziehungen ausbauen und dafür die OSZE stärken und die NATO-Mitgliedschaft beenden. Für eine internationale Friedensordnung und gerechte Weltwirtschaft unter Ausbau der Vereinten Nationen!

• In Erweiterung des im 2+4-Vertrag festgehaltenen Verzichts Deutschlands auf Atomwaffen muss die nukleare Teilhabe beendet werden. Dies kann mit einem Beitritt zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag Ausgangspunkt für die Zerstörung aller Atomwaffen sein. Für eine Welt ohne Atomwaffen.

• Die im 2+4 Vertrag festgeschriebene Verringerung der Personalstärke der Bundeswehr sollte heute als Auftrag für die Abrüstung aller Länder fortgeführt werden.

• Statt Aufrüstung für das NATO-2%-Ziel sollten Gelder in Bildung, Kultur und Soziales fließen. Abrüstung für Entwicklung!


Von Deutschland soll nur Frieden ausgehen!

Unterzeichner: AG FIP der LINKEN Hamburg, Bremerhavener Gruppe „Mut zum Frieden“, DKP Schleswig- Holstein, Friedensaktion Lüneburger Heide, Friedenswerkstatt Wedel, Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg, Kieler Friedensforum, Volksinitiative gegen Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen, VVN- BDA Lübeck/Krs.Hzgt. Lauenburg, Zusammenarbeitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig-Holstein.
Volker Bethge (Pastor, Lübeck), Heidi Beutin (Literaturwissenschaftlerin, Köthel/Stormarn), Kerstin Cademartori (DIE LINKE/AKL Hannover), Irmgard und Wolfram Jaskers (Wedel), Andreas Thomas Kuhn, Niki Müller (DKP Kiel), Inga Schmalz, Hiltraud Stenzel (Mitglied im Friedensbüro Hannover).


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