Sonntag, 9. Juli 2023

Das Karstadtkonzept: „Einmaliger“ als ein Dixie Klo?

(Teil 1) von Wilfried Link

Die Hansestadt Lübeck hat das ehemalige Karstadt-Gebäude Am Schrangen gekauft. „Neben zusätzlichen Schulräumen für die Innenstadt-Gymnasien“, so hieß es auf HLlive, „sollen sowohl PopUp-Geschäfte, StartUps als auch die Hochschulen in das Gebäude einziehen und insbesondere die unteren Geschosse öffentlich zugänglich bleiben.“

Vor lauter Begeisterung konnte Bürgermeister Lindenau kaum an sich halten: „Die Innenstadt wird in bisher einmaliger Form neu belebt“, stapelte er tief und sprach von der „einmaligen Chance, einen neuen attraktiven Innenstadt-Magnet zu entwickeln“.

Soviel Einmaligkeit auf einem Haufen! Ob er mit dem neuen „Innenstadt-Magneten“ Bezug nahm auf erfolglose Vorbilder, wie die Leerstände im Haerder Center oder die Trostlosigkeit der unvermieteten Ladenflächen im Lichthof, der ehemaligen Königspassage? Die immerhin versucht die Stadt zu kaschieren, indem sie dort ein Ladenlokal nach dem anderen anmietet.

Und vielleicht sollte die Verwaltung den Bürgermeister mal aufklären, was er der Bevölkerung als „attraktiven Innenstadt- Magneten“ andient: Wikipedia definiert PopUp-Geschäfte als „kurzfristige und provisorische Einzelhandelsgeschäfte, die vorübergehend in leerstehenden Geschäftsräumen betrieben werden“. Ein Ramschkonzept, um die Wertigkeit der Hansestadt als Einkaufsstadt zu erhöhen?

Der Spaziergang vom Klingenberg über die Breite Straße bis zum Koberg zeigt, dass in der Einkaufszone zwar ab und zu neue Geschäfte entstehen. Doch schon seit Wochen haben wir dort einen stabilen Leerstand von ca. 15 Ladenlokalen.

Und der Bürgermeister kann noch besser: „Zusammen mit den Projektbeteiligten starten wir jetzt mit der Entwicklung des Projektes. Dazu gehört zunächst die Erarbeitung der konkreten Nutzungsbedarfe.“

Bauherren aufgepasst: Man besorgt sich erst mal eine Immobilie. Dann spricht man wegen der Finanzierung eines Umbaus bei seiner Bank vor und erwähnt, das Nutzungskonzept käme irgendwann später. Wer so vorgeht, kommt nicht einmal dazu, seinen Kaffee auszutrinken.

Zum Vergleich: Aktuell berichten die Medien über den Auftrag des Bundes an eine Werft, „drei „Spionageschiffe“ zu bauen. Dieser Auftrag wurde „noch recht pauschal vergeben und dabei weitgehend darauf verzichtet, spezifische Vorgaben zu machen“. Auf die veranlagten zwei Mrd. € sollen jetzt noch einmal mindestens 800 Millionen oben draufkommen.

So etwas kommt dabei heraus, wenn man erst kauft und dann plant. Schließlich sind Verkaufsräume keine Klassenräume, falls unser Bürgermeister sich noch an seine Schulzeit erinnert. Erklären könnten das dem Mitglied der ehemaligen Arbeiterpartei SPD auch die gekündigten Karstadt Verkäuferinnen und Verkäufer, doch die setzen sich wohl meist immer noch mit der Agentur für Arbeit, bzw. dem Jobcenter auseinander.

So ist damit zu rechnen, dass bei dem geplanten Prestigeprojekt die Umbaukosten wieder einmal aus dem Ruder laufen werden, so als hätte die SPD aus dem finanziellen Debakel der Elbphilharmonie nichts gelernt. Dort betrugen die Baukosten am Ende mehr als das 11-fache der ursprünglich geplanten Summe. 

wird fortgesetzt

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