Dienstag, 31. Oktober 2023

Armuts- und Sozialbericht

SPD-Wahlkampagne: Bloß nicht über Armut reden!

«Viel erreicht. Noch mehr vor.» So lautete das Motto der Wahlkampagne von Jan Lindenau bei der Wahl zum Bürgermeister. Damit die schöne heile Welt der SPD auch ja nicht gestört wird, wurde der neue Armuts- und Sozialbericht der Stadt, der schon vor längerer Zeit erschien, von den Verantwortlichen der Stadt bisher nicht kommentiert.
 

Interessant ist der Ablauf des Ganzen. Der letzte Armuts -und Sozialbericht erschien im Oktober 2017 als kurzer Zwischenbericht. Angekündigt wurde ein ausführlicher Bericht für 2018/2019. Dann vergingen sechs Jahre, bis im Januar 2023 ein solcher Bericht erschien, allerdings bisher nur der Datenteil.

Nachdem die politisch Verantwortlichen sich bis dahin also schon vor Eifer geradezu überschlagen hatten, folgte eine Presseerklärung: «Auf Grundlage der zusammengestellten Fakten sollen in den kommenden Monaten Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der kommunalen Daseinsvorsorge erarbeitet werden.» Dass war Anfang April 2023, also vor über einem halben Jahr.

Lag zwischen den Handlungsempfehlungen der letzten beiden Berichte - und diese Schlussfolgerungen sind ja politisch entscheidend - noch drei Jahre, so warten wir auf die neuen bereits über sechs.



Bloß keine schlechten Zahlen!
Wenn man sich die Zahlen anschaut, wird deutlich, warum kein Interesse daran besteht, die neuen Zahlen vor den Bürgermeisterwahlen zu kommentieren:

  • 112.541 Menschen waren in Lübeck insgesamt berufstätig, davon 11.479, oder 10,2%, also einer von Zehn, ausschließlich geringfügig entlohnt. Mit der Folge von Minirenten im Alter.
  • Von den 101.062 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten müssen 7.755 zusätzlich einen Nebenjob ausüben, um über die Runden zu kommen, das sind 7.7% oder einer von Dreizehn.
  • Nimmt man beide Gruppen zusammen, also die, die zwei Jobs brauchen, um halbwegs über die Runden zu kommen und diejenigen, die nur Minijobs haben, so sind dies 19.234 aller Beschäftigten, mit 17%, also mehr als jeder Sechste.


Die Aussage im Bericht, die Corona-Pandemie habe den «sozialen Ungleichheiten … eine neue Sichtbarkeit verschafft» kann man so interpretieren, dass Armut doch besser unsichtbar bleiben soll. Wenn man den ausführlichen Teil zum Ukraine-Krieg und seinen Auswirkungen hinzunimmt, fragt man sich, warum der Bericht nicht gleich die Überschrift bekommt: «Die Armut bei uns wird verursacht von Russland und China!» Als ob es die vorher in Lübeck nicht gegeben hätte.

Hinzu kommt die Mietensituation: Das Immobilienportal Immowelt schrieb Anfang 2023 zu Mietsteigerungen in Deutschland: «Am größten fällt das Plus in Lübeck aus, wo der Quadratmeter nach einem Anstieg von 13 Prozent im Durchschnitt 9,80 Euro kostet.»

Bei diesen Fakten klingt das eingangs genannte Motto des bisherigen Bürgermeisters von der SPD eher wie eine Drohung. Wen wundert da die niedrige Wahlbeteiligung?


Die DKP forderte in ihrem Kommunalwahlprogramm für Lübeck unter anderem:

  • Einführung einer kostenlosen warmen Mahlzeit für alle Kinder in den Schulen und Betreuungseinrichtungen der Stadt
  • Die Abschaffung von Strom- und Gassperren durch kommunale Versorgungsbetriebe
  • Unterstützung der Arbeit derSchuldnerberatung



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